Tarifeinheit

Marburger Bund rüstet sich für Plan B

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird der Bundestag bald das Tarifeinheitsgesetz verabschieden. Für diesen Fall bereitet der Juraprofessor Frank Schorkopf für den Marburger Bund bereits die Verfassungsbeschwerde vor.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. Der Marburger Bund und andere Spartengewerkschaften hoffen noch, das Gesetz zur Tarifeinheit auf politischem Wege aufhalten zu können. Sollte es aber doch verabschiedet werden, ist der Verband bereits für den nächsten Schritt gerüstet.

Er hat den Göttinger Juraprofessor Frank Schorkopf bevollmächtigt, Verfassungsbeschwerde einzureichen, wenn der Ernstfall eintritt. Und das könnte bereits am Tag des Inkrafttretens geschehen, sagte Schorkopf den Delegierten in der Hauptversammlung des Marburger Bundes am Samstag in Frankfurt/Main.

Ob das Bundesverfassungsgericht die Klage überhaupt annehmen wird, das könne man nicht sagen, so Schorkopf, aber die Chancen stünden gut. "Wer eine Verfassungsbeschwerde erhebt, muss nachweisen können, dass er unmittelbar betroffen ist", so Schorkopf. Davon könne man in dem Fall ausgehen.

Der Jurist nannte mehrere Gründe, warum er das geplante Tarifeinheitsgesetz für rechtswidrig hält. So müsse ein Tarifvertrag nicht angewendet werden, wenn er nicht mit der Gewerkschaft abgeschlossen wurde, die im Betrieb die meisten Mitglieder vertritt. Das sei eine starke Einschränkung des bisher geltenden Rechts.

Auch wisse bislang niemand, wie mächtig eine Gewerkschaft in einem Betrieb ist, das sei "Teil des Spiels", so Schorkopf. Nach dem Gesetzentwurf müsste aber im Streitfall notariell festgestellt werden, wer die meisten Mitarbeiter gewerkschaftlich vertritt.

Wie das datenschutzrechtlich zu regeln ist, ist ein weiterer Knackpunkt des Gesetzes. Ordnung zu schaffen sei Motiv für ein Gesetz, aber es rechtfertige keinen Eingriff in verfassungsmäßig garantierte Rechte.

"Frevel am Grundgesetz"

Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Rudolf Henke, hat die Hoffnung nicht aufgegeben, das Gesetz noch zu stoppen. Auch in der CDU-Bundestagsfraktion, der er selbst angehört, mehrten sich die kritischen Stimmen.

"Wer dieses Gesetz verabschiedet, betreibt Frevel am Grundgesetz und verstößt gegen den Koalitionsvertrag", sagte der MB-Chef.

Denn das Gesetz lenke nicht die "Tarifpluralität in geordnete Bahnen", wie es im Koalitionsvertrag heiße, sondern es beende sie.

Beim Kampf gegen die Tarifeinheit weiß der MB-Chef seinen Verband geschlossen hinter sich. Die Delegierten forderten in einem einstimmig verabschiedeten Beschluss die Abgeordneten des Bundestages auf, das Gesetz nicht zu verabschieden.

"Der Gesetzesentwurf zielt eindeutig darauf ab, die bestehende, von den Arbeitgebern ausdrücklich akzeptierte Tarifpluralität durch den Zwang zur Tarifeinheit aufzulösen. Damit droht auch das Erfolgsmodell der arztspezifischen Tarifverträge abgewickelt zu werden, das seit 2006 einen Beitrag zu besseren Arbeitsbedingungen und einer fairen Vergütung der angestellten Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern geleistet hat", so die Delegierten.

Nach bisherigen Planungen soll das Tarifeinheitsgesetz im Juli in Kraft treten.

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