Antibiotika

Verordnung variiert regional

Der Versorgungsatlas hat Antibiotikaverordnungen in der ambulanten Versorgung untersucht. Die regionalen Unterschiede sind groß.

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BERLIN. Licht und Schatten sehen Wissenschaftler des Versorgungsatlas‘ beim Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Versorgung.

Der Versorgungsatlas ist eine Einrichtung des Zentralinstituts der kassenärztlichen Versorgung in Deutschland (ZI). Die Forscher haben pseudonymisierte Verordnungsdaten der Jahre 2008 bis 2014 ausgewertet.

Im europäischen Vergleich steht Deutschland nicht schlecht da: Im Jahr 2012 lag der personenbezogene Antibiotikaverbrauch rund 30 Prozent unter dem Durchschnitt von 30 europäischen Ländern, heißt es im Versorgungsatlas (14,9 definierte Tagesdosen (DDD) pro 1000 Einwohner und Tag versus 21,5 DDD in der EU).

Im Saarland am höchsten

Seit 2008 haben sich die Antibiotikaverordnungen je nach Patientengruppe unterschiedlich entwickelt: Bei Kindern und Jugendlichen sanken die Verordnungsraten signifikant, bei Patienten über 70 Jahren nahmen sie leicht ab, vor allem gilt das für Thüringen und Sachsen-Anhalt. In der Gruppe der 15- bis 69-Jährigen hat es kaum Veränderungen gegeben.

Allerdings variiert die Verordnung gemessen in DDD regional drastisch. Mit Abstand am höchsten ist sie im Saarland (5814 DDD pro 1000 GKV-Versicherte im Jahr 2014), am niedrigsten in Brandenburg mit 3079 DDD.

Als kritisch wird der seit 2008 gestiegene Einsatz bestimmter Reserveantibiotika wie der Cephalosporine von den Wissenschaftlern hervorgehoben. Zwischen 2008 und 2014 nahm die Verordnungsdichte hier jährlich um 7,6 Prozent zu, Ausnahme waren Verordnungen bei unter 15-Jährigen.

Seit 2009 liegt Deutschland damit bei der Cephalosporin-Verordnung - abweichend vom Gesamttrend - über dem EU-Durchschnitt. Diese Entwicklung müsse mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt werden, weil Resistenzentwicklungen und Superinfektionen mit Clostridium diffizile zunehmen könnten, heißt es.

Rückläufiger Einsatz von Fluorchinolonen

Positiv bewertet wird im Versorgungsatlas hingegen der rückläufige Einsatz von Fluorchinolonen bei älteren Patienten in 13 Bundesländern. Höher als im Durchschnitt lag hier der Verbrauch insbesondere in Baden-Württemberg.

Das heterogene Bild bei Verordnungen spiegelt sich auch im Antibiotika-Einsatz bei Patienten mit Infektionen der oberen Atemwege. Im Bundesschnitt wurden 30,6 Prozent der Patienten mit dieser Diagnose antibiotisch behandelt. Doch auch hier schwankt der Anteil der Patienten beträchtlich zwischen 37,8 Prozent (Saarland) und 21,5 Prozent (Berlin).

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) nutzte 2015 die G-7-Präsidentschaft Deutschland, um einen Zehn-Punkte-Plan gegen Antibiotika-Resistenzen zu lancieren.

Darin wird gefordert, die versorgungsnahe Forschung zu intensivieren, um bekannte und noch unbekannte Erreger nosokomialer Infektionen wirksam bekämpfen zu können. (fst)

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