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Nationale Diabetes-Strategie auf der Agenda – aber wie wirksam?

Endlich: Die nationale Diabetes-Strategie steht im Koalitionsvertrag. Besonders wichtig sind nun effektive Präventionsanstrengungen.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Experten erwarten eine deutlich bessere Evidenz zu den Langzeiteffekten innovativer Antidiabetika.

Experten erwarten eine deutlich bessere Evidenz zu den Langzeiteffekten innovativer Antidiabetika.

© Steve Debenport / Getty Images / iStock

BERLIN. "Alle Daten sagen: Diabetes ist der Morbiditäts- und Mortalitätstreiber Nummer 1 weltweit. Das Schlimmste ist die Bagatellisierung dieser Krankheit", so Professor Dirk Müller-Wieland, Präsident der Deutschen Diabetes-Gesellschaft beim von Novo Nordisk organisierten Symposion "Diabetes 2030" in Berlin.

Bestätigt wurde Müller-Wieland vom Essener Gesundheitsökonomen Professor Jürgen Wasem. Zwei Effekte treiben die Prävalenz kumulativ in die Höhe: eine wachsende Inzidenz aufgrund von Übergewicht und Bewegungsmangel und die Alterung der Gesellschaft. Wasem rechnet damit, dass allein die Behandlung von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen den Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung um bis zu zwei Prozentpunkte erhöhen könnten.

Angesichts dessen wertet es Müller-Wieland als "grandios", dass nun eine nationale Diabetes-Strategie Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden hat. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft sei nun in der Verantwortung, mit ihren Regionalgesellschaften Inhalte insbesondere auch für Präventionsinstrumente bereitzustellen.

Nun muss der Koalitionsvertrag auch effektiv abgearbeitet werden.

Nikolaus Scheper, Niedergelassener Diabetologe zur Nationalen Diabetes-Strategie

Entscheidend sei, dass der Koalitionsvertrag auch effektiv abgearbeitet werde, so der niedergelassene Diabetologie Dr. Nikolaus Scheper. Das Wohl der Patienten dürfe allerdings nicht allein von Ärzten und Professoren festgelegt werden, notwendig sei dabei auch die Einbeziehung der Betroffenen selbst. Das allerdings ist bei dem extrem niedrigen Organisationsgrad von Diabetikern beispielsweise in Selbsthilfegruppen eine ernste Herausforderung.

Das Vorstandsmitglied der Barmer Ersatzkasse, Dr. Mani Rafii, forderte präzisere Messmethoden zur Krankheitslast, zur Funktionalität von Interventionen, zur Lebensqualität der Patienten und zur Wirksamkeit einer Diabetes-Strategie. Dabei müssten verschiedene Perspektiven der Versorgung koordiniert werden.

Dem stimmte Müller-Wieland zu: Es müssten Lösungen gefunden werden, mit anerkannten Methoden die patientenbezogene Krankheitslast von Diabetes zu erfassen. Dies erfordere den Dialog der medizinischen Fachgesellschaften unter Einbeziehung der Methodiker des IQWiG.

Ein Lichtblick kommt auch aus dem Bundesausschuss: Dessen Leiter der Abteilung Arzneimittel, Thomas Müller erwartet schon bald eine deutlich bessere Evidenz insbesondere zu den Langzeiteffekten innovativer Antidiabetika. In keinem anderen Therapiegebiet sei die Nutzenbewertung von neuen Wirkstoffen in der Vergangenheit so konfliktiv verlaufen wie in der Diabetologie, auch aufgrund von Widersprüchen innerhalb der medizinischen Fachgesellschaften. Inzwischen deuteten mehr als ein Dutzend Outcome-Studien mit hohen Teilnehmerzahlen auf neue, gute belegte Langzeiteffekte hin. Ferner stehe mit Empagliflozin erstmals eine neue, nicht generische, zweckmäßige Vergleichstherapie zur Verfügung.

Als Herausforderung sieht Müller die steigende Inzidenz und Prävalenz von Diabetes. Notwendig seien eine effektive Prävention und eine frühe Behandlung. Eine Hilfestellung könnten Apps sein, die die Patienten in ihrer Lebensführung unterstützen können. Dieses Angebot werde der GBA strukturieren.

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