Honorarstreit

Köhler zeichnet neue Kompromisslinie

Noch laufen die heutigen Verhandlungen zwischen den Ärzten und Kassen im Erweiterten Bewertungsausschuss. Fest steht jetzt schon: Am Punktwert wird sich nichts mehr ändern. Doch dafür kann sich die KBV inzwischen Deals bei den Verhandlungen über die Mengen vorstellen.

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Unter der Lupe: Ärzte und Kassen suchen in den Tiefen des Vergütungssystems nach dem Kompromiss.

Unter der Lupe: Ärzte und Kassen suchen in den Tiefen des Vergütungssystems nach dem Kompromiss.

© Doris Heinrichs / Fotolia

BERLIN (sun/af). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband verhandeln in diesen Minuten im Erweiterten Bewertungsausschuss über das künftige Honorar für die Vertragsärzte und -psychotherapeuten. Den Vorsitz hat der unparteiische Schlichter Professor Jürgen Wasem .

Das Ergebnis ist noch nicht bekannt. Es ist aber unwahrscheinlich, dass eine Entscheidung fällt. KBV-Chef Dr. Andreas Köhler deutete bereits im Vorfeld der Gespräche an, dass es am 22. Oktober mit einem neuen Treffen weitergehen könnte.

Die aktuellen Honorarverhandlungen zwischen Ärzten und Kassen sind vorläufig die letzten ihrer Art. Schon 2014 sollen sie von einem Routineverfahren abgelöst werden, dessen genaue Inhalte der Bewertungsausschuss bis Ende dieses Jahres festlegen will.

Welche Daten den künftigen Honoraranpassungen zugrunde liegen sollen, stehe noch nicht fest, sagte Köhler am Montagabend. Doch für das Jahr 2013 müssen die KBV und der GKV-Spitzenverband die Höhe der Honorare  noch Auge in Auge ausfechten.

Psychotherapeutische Leistungen aus dem Facharztbudget?

Die KBV hat die Zustimmung der Vertragsärzte zu einem Ergebnis an die Ausdeckelung der psychotherapeutischen Leistungen aus dem Facharztbudget geknüpft. Äußerungen der KBV-Spitze von Montagabend zufolge zeichnet sich darüber ein Handel mit den Kassen ab.

So sollen demnach die Positionen der Parteien zusammen kommen: Die Kassen nehmen die psychotherapeutischen Leistungen aus dem Facharztbudget heraus.

Im Gegenzug würde die KBV den Kassen das finanzielle Risiko minimieren, in dem sie in der neuen Bedarfsplanung die Anzahl der zusätzlichen Sitze für Psychotherapeuten geringer ansetzt.

Experten betonten, dass im Zuge der Reform der Bedarfsplanung ursprünglich 1500 neue Sitze für Psychotherapeuten bundesweit vorgesehen waren. Köhler betonte, dass dadurch 73 Millionen Euro zusätzliche Kosten pro Jahr entstehen könnten.

Noch vor Beginn der Verhandlungen am Dienstag kam ein Dementi aus dem GKV-Spitzenverband. Derzeit sei eine solche Lösung keine Option, sagte eine Sprecherin des Verbandes der "Ärzte Zeitung".

Hecken weiß Bescheid

Im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) dagegen sind Köhlers Gedankenspiele bereits angekommen.

"Ja, diese Überlegungen sind mir in meinen Funktionen als unparteiischer Vorsitzender des GBA und Vorsitzender des Unterausschusses Bedarfsplanung selbstverständlich bekannt", sagte Josef Hecken im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Noch habe der zuständige Ausschuss über die von Köhler skizzierte Idee nicht beraten, sagte Hecken. Schließlich seien die Verhandlungen im Bewertungsausschuss noch nicht abgeschlossen.

Über neue Verhältniszahlen hat der Unterausschuss Bedarfsplanung noch nicht vertieft diskutiert. Dies gelte aber nicht nur für die Psychotherapeuten, sondern für alle Arztgruppen, sagte Hecken.

Die Verhältniszahlen würden auf Basis der ermittelten Bedarfe festgelegt. Dies gelte auch für die Psychotherapie, die durch Unterversorgung in ländlichen Bereichen und in den neuen Bundesländern sowie durch Überversorgung in den Ballungsräumen gekennzeichnet sei.

"Bei der Psychotherapie besteht zudem eine besondere Herausforderung bei der Bedarfsermittlung in einem hohen Anteil von nur in Teilzeit betriebenen Praxen und in einer zwingend zu überarbeitenden Psychotherapierichtlinie", zeigte Hecken auf, was bei der Bedarfsplanung für die Psychotherapeuten berücksichtigt werden dürfte.

Nach Berechnungen der Bundespsychotherapeutenkammer fehlen in Deutschland etwa 4000 psychotherapeutische Praxen.

Die Psychotherapierichtlinie legt unter anderem fest, unter welchen Voraussetzungen die Kassen die Kosten für psychotherapeutische Leistungen zur Behandlung einer seelischen Krankheit übernehmen.

KBV hält an Klage fest

Selbst wenn es bei den zusätzlichen Sitzen für Psychotherapeuten zu einer Einigung käme, blieben weitere Punkte strittig. Schwierig könne es insbesondere bei der Messung der Morbiditätsstruktur werden, die sich je nach Verfahren unterschiedlich auf die Höhe der Arzthonorare auswirke, sagte Köhler.

Konkret verhandelt wird dieser Punkt auf Empfehlung des Erweiterten Bewertungsausschusses in den Ländern. GKV-Spitzenverband und Kassen konnten sich bislang aber nicht einigen, welche Rolle die demografische und welche die diagnosebezogene Veränderungsrate spielen soll.

Die KBV dränge darauf, die Veränderungsrate zu 100 Prozent diagnosebezogen festzustellen, so Köhler. Das lehnten die Kassen bislang mit Verweis auf die ihrer Ansicht nach schlechte Kodierqualität ab.

Die KBV halte an der Klage gegen den Schlichterspruch zum Orientierungspunktwert fest, sagte Köhler. Auch auf die Gefahr hin, dass die Erhöhung von 0,9 Prozent dann vorläufig nicht komme und die Ärzte Honorareinbußen hinnehmen müssten.

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