Praxisumsatz

Warum viele Kollegen Bares liegen lassen

Zehntausende Euro im Wartezimmer liegen gelassen: Viele Kollegen schöpfen das Umsatzpotenzial ihrer Praxis nicht aus. Oft liegt es daran, dass sie die ganzen Möglichkeiten im GKV-System nicht kennen. Aber es gibt Abhilfe.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Erst die Analyse der GKV-Umsatzzahlen erlaubt es dem Praxis-Team, sinnvoll an Stellschrauben zu drehen.

Erst die Analyse der GKV-Umsatzzahlen erlaubt es dem Praxis-Team, sinnvoll an Stellschrauben zu drehen.

© PeJo/fotolia.com

HAMBURG. 70.000 Euro Umsatz lassen sich Hausärzte im Durchschnitt pro Jahr entgehen. Das geht aus einer von der Hamburger Praxisberatung conclusys vorgenommenen Auswertung der Umsatzpotenziale in 100 beratenen Hausarztpraxen hervor.

Ein Beispiel: 243 Mal nahm eine Gemeinschaftspraxis im untersuchten Quartal eine Krebsfrüherkennung bei männlichen Patienten vor. Dies führte zu einem abgerechneten Honorar in Höhe von 3420 Euro.

Möglich gewesen wären aber 743 Krebsfrüherkennungsuntersuchungen - und ein Umsatz von 10.543 Euro. Die Praxis verzichtete damit auf 7123 Euro. Die Früherkennung Hautkrebs leistete die gleiche Praxis bei 206 Patienten und rechnete dafür 4367 Euro ab.

Möglich gewesen wäre die Untersuchung aber bei 1011 Patienten - nicht ausgeschöpftes Honorar: 17.066 Euro. Nur zwei Beispiele für viele Leistungen, die den Patienten dieser Praxis nicht angeboten wurden.

In beiden Fällen ist die genannte Obergrenze nicht etwa ein Budget, sondern die der tatsächlich in der Praxis behandelten Patienten, die für die genannte Untersuchung infrage gekommen und für die so eine Abrechnung möglich gewesen wäre.

Viele Praxisinhaber kennen solche Zahlen über ihre Praxis nicht. Markus Knöfler von conclusys hat die Erfahrung gemacht, dass viele Ärzte zwar "gefühlte Werte" über das Umsatzpotenzial im Kopf haben, diese aber bei einer konkreten Bestandsaufnahme von den tatsächlichen Werten abweichen.

"In fast jeder Hausarztpraxis liegen hohe Erlöspotenziale, die vollständig und ohne Abschläge vergütet werden könnten", sagte Knöfler der "Ärzte Zeitung". Dies liegt nach seinen Erfahrungen häufig an den Praxisabläufen.

Keine Angst vor "Verkaufsatmosphäre"

Oft wird nach seiner Beobachtung darauf vertraut, dass irgendjemand aus dem Praxisteam abfragt, ob ein Patient eine Leistung wünscht - systematisch im Ablauf integriert ist dies aber selten. Bei einer Optimierung des Praxismanagements sollte deshalb dieses Thema nach seiner Auffassung unbedingt angesprochen werden.

Oft genügt dafür schon der Anstoß von außen und die Kenntnis des tatsächlichen Umsatzpotenzials. "Die Umsetzung schaffen viele Praxisteams von allein. Wichtig ist, dafür klare Verantwortlichkeiten zuzuordnen", sagt Knöfler.

Er erlebt immer wieder, dass viele Ärzte über gefühlte Potenziale reden, ohne diese wirklich zu kennen. Erst die Analyse der Zahlen erlaubt es aber, an den Stellschrauben zu drehen.

Dass erhebliche Umsatzsteigerungen keine Utopie sind, zeigen die aus Praxen erhobenen Zahlen, von denen manche ihr Potenzial zu 90 Prozent in Teilbereichen ausschöpfen. Für die oben angesprochene Gemeinschaftspraxis galt dies nicht: Leistungen für 73.241 Euro wurden nicht abgerechnet.

Bei einer Gegenüberstellung der umsatzstärksten Ziffern konnte zudem gezeigt werden, bei welchen Leistungen es Zunahmen oder Abnahmen gab. Bei einer Übersicht über die gesicherten Diagnosen der Praxis lässt sich außerdem zeigen, wie hoch der Anteil etwa von Diabetikern oder Hypertonikern ist - so lassen sich gezielt indikationsbezogene Leistungen und Angebote entwickeln.

"Bezogen auf einen größeren Verbund oder ein Ärztenetz sind diese statistischen Aussagen wichtige Grundlagen zur Vorbereitung von IV-Verträgen", sagte Knöfler.

Die Befürchtung, dass ein systematisches Abfragen gewünschter Leistungen schnell zu einer von Arzt und Patient unerwünschten Verkaufsatmosphäre in der Praxis führen könnte, teilt er nicht - schließlich handelt es sich ausschließlich um Leistungen, die über die GKV abgerechnet werden.

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