Uni stellt Lernangebot ins Netz

Für Medizinstudenten der Frankfurter Universität steht jetzt ein Internetangebot bereit, das die Grundlage von Anamnese und Untersuchung anhand von Bild- und Tonmaterial vermittelt. Von Studenten wird das Projekt gut angenommen.

Von Sabine Schiner Veröffentlicht:
Studenten an der Uni Frankfurt können beim Lernen auf die "Toolbox Innere Medizin" zugreifen.

Studenten an der Uni Frankfurt können beim Lernen auf die "Toolbox Innere Medizin" zugreifen.

© Kablonk Micro / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Wie sieht ein Kropf aus? Wie hört es sich an, wenn ein Patient einen Klappenfehler hatoder Herzrhythmus-Störungen? Im besten Fall lernen dies angehende Ärzte während des Studiums unter der Anleitung von erfahrenen Kollegen direkt am Krankenbett.

Doch was tun, wenn auf dem Lehrplan eine bestimmte Erkrankung steht und sich auf den Stationen der Uniklinik keine entsprechenden Patienten finden? Studenten und Dozenten des Fachbereichs Medizin der GoetheUniversität in Frankfurt am Main können jetzt auf ein Internetangebot zurückgreifen, das Bild- und Tonmaterial, Videos, Fallbeispiele und Befunde für den Unterricht bereitstellt.

 "Toolbox Innere Medizin"

Die "Toolbox Innere Medizin" richtet sich an alle Studenten ab dem ersten klinischen Semester nach dem Grundstudium, die sich etwa auf eine OSCE-Prüfung (Objective Structured Clinical Examination) in der Inneren Medizin vorbereiten oder ihre praktischen und diagnostischen Fähigkeiten verbessern wollen.

Die OSCE ist eine praktische Prüfung, bei der die Studenten standardisierte Aufgaben - etwa eine Untersuchung nach einem vorgegebenen Leitsymptom - unter Aufsicht ihrer Dozenten lösen müssen. Jedes Jahr durchlaufen in Frankfurt im Schnitt etwa 800 Studenten diesen Ausbildungsschritt.

Vermittelung der Grundlagen von Anamnese und Untersuchung

Eine erste Bilanz zeigt: Das Angebot wird gut angenommen. In den Tagen vor der letzten Prüfung im April, wo das System erstmals zur Verfügung gestellt wurde, waren es mehr als 300 Klicks am Tag.

Das Projekt wird von der Adolf-Messer-Stiftung gefördert, die 200.000 Euro in die Lehre in der Inneren Medizin an der Frankfurter medizinischen Fakultät investiert hat. Die Toolbox ist ein Lern-Management-System, das den Studierenden die Grundlagen von Anamnese und Untersuchung vermittelt.

Da die Vorgehensweise oft auch von Dozent zu Dozent unterschiedlich ist, wurden zuvor mit Vertretern aller Schwerpunkte des Zentrums der Inneren Medizin bestimmte Standards festgelegt. Um ein möglichst lebendiges und anschauliches Bild von Diagnose und Therapie zu vermitteln, wurden die Standards verfilmt.

Filme und Fotos

Auch Befunde von diagnostischen Verfahren wie dem EKG oder der Lungenfunktion sind eingebunden. Eine Foto-Datenbank rundet das Angebot ab. Einloggen können sich nicht nur Studenten, sondern auch ihre Dozenten. Sie können Vorlesungsfolien ins Netz stellen oder Filme und Fotos in ihren Unterricht einbauen.

Die Lehrfilme wurden professionell erstellt. Die Rolle der Patienten übernahmen Schauspieler. "Wir haben versucht, ein realistisches Abbild einer Untersuchung wiederzugeben", erklärt Dr. Sandy Kujumdshiev, Lehrkoordinatorin des Zentrums der Inneren Medizin.

Sie ist, zusammen mit dem ärztlichen Projektkoordinator Dr. Daniel Ekhart und Professor Thomas O. F. Wagner, Leiter des Schwerpunktes Pneumologie, für die Konzeption des neuen Tools zuständig.

 Toolbox soll zeigen, wie man das Wissen anwendet

Grundlage des didaktischenKonzepts der Videos ist die 4-Step-Methode von Rodney Peyton: In einem ersten Schritt wird die Untersuchung in kurzen Sequenzen kommentarlos gezeigt, im zweiten Schritt erklärt der jeweilige Dozent, der später auch der Prüfer sein könnte, was gerade gemacht wird. Im dritten Schritt müssen die Studierenden das zuvor gezeigte im Kurs oder in den Lerngruppen umsetzen. Dabei müssen sie auch selbst Anweisungen geben. Im vierten Schritt führen sie die Untersuchung selbst durch.

Im Unterschied zum Lernen mit Lehrbüchern hat die Toolbox den Vorteil, dass sie nicht nur einen Grundstock an Wissen vermittelt, sondern zeigen kann, wie man Wissen anwendet. "Die Medizin ist ein praktisches Fach", sagt Kujumdshiev.

Zentraler Anlaufspunkt

Untersuchungstechniken und auch die Kommunikation mit Patienten könne man nur schwer aus einem Lehrbuch lernen. Am Ende des didaktischen Konzepts des Untersuchungskurses und der ersten Verwendung der Toolbox im Studium stehe deshalb auch eine praktische Prüfung.

"Das Schöne ist, dass die Toolbox einen zentralen Anlaufspunkt bietet", sagt Clemens Wurz. Er ist als einer der hilfswissenschaftlichen Mitarbeiter für den Aufbau der Datenbank zuständig. Die Gliederung des Internetauftritts ist nach dem Lernzielkatalog und dem Curriculum der Inneren Medizin sortiert. Zu jedem Foto gibt es eine präzise Beschreibung.

Mehr als 3000 Fotos hat die Datenbank bereits - und es werden immer mehr. Froh ist Wurz, wenn Mediziner ihm ihre Dia- und Fotosammlungen, die sie im Laufe ihres Berufslebens zu bestimmten Krankheitsbildern erstellt haben, für die Datenbank zur Verfügung stellen.

Auch alte VHS-Videos aus den Bibliotheken wurden bereits digitalisiert und eingespeist. Wurz dazu: "Krankheitsbilder veralten ja nicht".

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