Nach Behandlungsfehler

Blindengeld nicht Sache des Arztes

Ärzte müssen nach einem Behandlungsfehler nicht unbedingt für Zahlungen der Sozialhilfeträger einspringen.

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KÖLN. Auch wenn ein Augenarzt einem Patienten wegen einer fehlerhaften Behandlung Schadenersatz schuldet, muss er dem Sozialhilfeträger das von diesem gezahlte Blindengeld nicht erstatten. Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in einem nicht rechtskräftigen Urteil entschieden.

Ein Augenarzt hatte einen Patienten wegen Augenschmerzen und Dunkelsehen behandelt. Der Ophthalmologe diagnostizierte eine Bindehautentzündung und ließ sie mit Augentropfen behandeln. Trotz fortbestehender Beschwerden unterließ er eine diagnostische Abklärung auf ein Glaukom. In einer anderen Augenarztpraxis wurde schließlich ein grüner Star diagnostiziert. Trotz Operationen ist der Mann heute so gut wie blind und bezieht Blindengeld.

Der Haftpflichtversicherer des Arztes zahlte dem Patienten eine Abfindung von 475.000 Euro. Der Landschaftsverband als Sozialhilfeträger verlangte von dem Arzt die Erstattung von 30.000 Euro an gezahltem Blindengeld und den Anspruch auf Erstattung künftiger Zahlungen.

Das lehnte das Oberlandesgericht Hamm ab. Für einen Anspruch des Landschaftsverbands an den Augenarzt sahen die Richter keine Grundlage. Er bestehe nur dann, wenn das Blindengeld und der Schadenersatz dem Ausgleich derselben Einbuße des Patienten dienen würden. Das sei hier aber nicht der Fall, urteilten die Richter.

Das Blindengeld werde unabhängig von Einkommens- und Vermögensverhältnissen pauschal gezahlt. Es werde abstrakt berechnet und nehme für sich nicht in Anspruch, jeglichen Mehraufwand abzudecken, so das Gericht. Das sei beim Schadenersatz anders. Außerdem wollte das OLG eine Schlechterstellung des Patienten vermeiden.

Das Verfahren liegt jetzt beim Bundesgerichtshof. (iss)

Oberlandesgericht Hamm

Az.: 26 U 14/16

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