Kommentar zu Hessens Ausbildungs-Modellprojekt
Späte Charmeoffensive
Stipendien, Praxisförderung, Kompetenzzentren und Mentorenprogramme: Medizinstudenten können die Charmeoffensive der Allgemeinmediziner kaum noch übersehen.
Die wenigen allgemeinmedizinischen Lehrstühle an deutschen Unis legen sich für den Nachwuchs mehr und mehr ins Zeug: Sie berichten in blumigen Worten über die Freude bei der Versorgung ganzer Familien-Clans, über die schöne Landschaft, die man als Landarzt gratis dazu bekomme und den naturnahen Hobbys, die man nun endlich ausüben könne. Gegenüber Ärztinnen wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betont.
Doch die heiße Liebe zum Fach Allgemeinmedizin oder die große Flucht aus der Stadt ins Landleben ist nicht zu spüren. Im Gegenteil: 2012 schlossen nur 949 Mediziner eine Facharztausbildung Allgemeinmedizin ab.
Im Versorgungsstrukturgesetz wurde die Residenzpflicht gelockert, Vertretungsdienste erleichtert, viele KVen reformieren ihren Bereitschaftsdienst.
Wer auf kurzfristige Effekte bei Strukturreformen gesetzt hat, der wurde zwangsläufig enttäuscht. Die Reformen entfalten nur langsam ihre Wirkung. Einen langen Atem braucht man, um junge Mediziner vom Hauarztberuf zu überzeugen. Die Werbeoffensive kommt spät - das ist aber besser als nie.
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