116. Ärztetag

Heftiger Eklat um die Weiterbildung

Es ist der Disput schlechthin auf dem Ärztetag: Kommt die ambulante Pflichtweiterbildung? Die Meinungen gehen auseinander - am Donnerstagmittag kam es schließlich zum Eklat. Am Abend wurde offenbar ein Kompromiss gefunden.

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Delegierte im Arbeitsrausch: Das Thema Weiterbildung sorgt für Zunder beim Ärtzetag.

Delegierte im Arbeitsrausch: Das Thema Weiterbildung sorgt für Zunder beim Ärtzetag.

© Preuss

HANNOVER. Der Ärztetag ringt um einen Beschluss zur ambulanten Pflichtweiterbildung für patientennahe Fächer. Die Beratungen, die eigentlich bereits am Mittwochabend hätten abgeschlossen werden sollen, wurden am Donnerstagmittag nach emotionalen Debatten nochmals vertagt.

Eine Arbeitsgruppe aus 13 Mitgliedern - jeweils drei von der Bundesärztekammer, der KBV und dem Marburger Bund (MB), sowie jeweils ein Vertreter des NAV-Virchow-Bundes, Hausärzteverbands, Hartmannbundes und Berufsverbandes Deutscher Internisten (BDI) - sollen nun eine Kompromisslinie finden.

"Wir sollten jetzt nicht den innerärztlichen Kosmos vergiften", mahnte BÄK-Präsident Professor Frank-Ulrich Montgomery am Donnerstagmittag. Das Ergebnis dieser Verhandlungsrunde stand bis zum frühen Nachmittag noch nicht fest.

(Update 18:41 Uhr) Am Abend hieß es dann, man habe sich auf einen Kompromiss verständigt. Das Wort Pflichtweiterbildung soll dort offenbar aber nicht mehr vorkommen. Details und der neue Antrag sollen am Freitag vorgelegt werden.

Stein des Anstoßes ist ein Beschluss der KBV-Vertreterversammlung vom Montag, die ambulante Pflichtweiterbildung in die Muster-Weiterbildungsordnung zu schreiben.

Nach Vorstellungen der KBV sollen die ambulanten Weiterbildungsassistenten ähnlich wie ihre Kollegen in Krankenhäusern auf Station vergütet werden. Finanziert werden soll das aus Mitteln des Gesundheitsfonds.

Streit zwischen KBV und Marburger Bund

Auch der Vorstand der Bundesärztekammer fordert eine angemessene Bezahlung der Weiterbildungsassistenten in der ambulanten Versorgung. Eine Pflichtweiterbildung in der ambulanten Medizin schlägt die BÄK nicht vor. Der MB hat sich bereits am vergangenen Wochenende skeptisch zur Pflichtweiterbildung geäußert.

Allerdings gab es bereits im Vorfeld der Verhandlungen in der Kommission einen Eklat: So wurde der BDI zunächst nicht in die Runde einbezogen. Dabei hatte BDI-Vorsitzender Dr. Wolfgang Wesiack bereits einen Kompromissvorschlag in der Debatte am Mittwoch vorgelegt.

Nach Informationen der "Ärzte Zeitung" wurde der BDI nach einem kurzen Schlagabtausch wieder in die Runde integriert. Über die Gründe des Ausschlusses wurde auf den Gängen des Kongresszentrums in Hannover heftig spekuliert.

Am Mittwochnachmittag hatte es bereits einen heftigen Streit zwischen KBV-Chef Dr. Andreas Köhler und MB-Vize Dr. Andreas Botzlar gegeben. Botzlar drohte mit "Krieg an allen Fronten", würde der KBV-Vorschlag vom Ärztetag beschlossen werden.

Der MB fürchtet, seine Tarifhoheit für die Verträge der Weiterbildungsassistenten zu verlieren. Mehrfach forderten die Delegierten das Ende der Debatte, nach über 50 Wortbeiträgen einigten sich die Ärztetagsteilnehmer gestern Mittag auf eine Unterbrechung der Beratungen.

Vier Kompetenzebenen in der MWBO

Am Vormittag hatten die Delegierten bereits einen weiteren Schritt für die Novellierung der Muster-Weiterbildungsordnung (MWBO) beschlossen. Die auf den vergangenen Ärztetagen beschlossene Neuausrichtung hin zu einer kompetenzbasierten Weiterbildung wurde in Hannover nun ausdifferenziert.

So soll nach den Vorstellungen der Bundesärztekammer künftig die MWBO in Kompetenzblöcke aufgeteilt werden und löst damit die bisherigen "Spiegelstrich-Aufzählungen" ab. "Damit wird die Weiterbildung strukturiert und praxisbezogener", erklärte Dr. Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der BÄK, vor den Delegierten.

Die vier von ihm vorgestellten Kompetenzebenen beziehen das Studium (Ebene 1), sowie drei weitere Ebenen ein, die er mit "kennen", "können" und "beherrschen" bezeichnete.

In der längeren Debatte am Donnerstag Vormittag mahnten die Delegierten allerdings weitere Überarbeitungen und Kommunikation mit den Fachgesellschaften und Berufsverbänden an.

Dabei müsse vor allem überprüft werden, ob die vorgeschlagenen Kompetenzebenen auch auf alle Fachgebiete übertragbar seien, heißt es in einem Antrag von Delegierten aus Hamburg und Nordrhein.

Unter dem Eindruck der Debatte um die ambulante Pflichtweiterbildung stellten die Delegierten klar, dass "die MWBO kein Instrument ist, um den Sicherstellungsauftrag der KVen zu regeln".

Sie forderten die Kammern auf, auch nach Modellen für eine strukturierte Weiterbildung auch für Teilzeittätigkeiten und nach Schwangerschaftszeiten zu suchen. Ebenso beschloss das Plenum, dass die Facharztweiterbildungszeit in der Psychiatrie und Psychotherapie weiter fünf Jahre betragen soll.

In die Vorbereitung der Novelle der MWBO gingen auch die Ergebnisse der Befragung von Weiterbildungsassistenten aus den Jahren 2009 und 2011 ein. Laut Beschluss soll die nächste Befragung 2015 stattfinden.

Läuft alles nach dem von der BÄK vorgesehenen Zeitplan, soll eine beschlussreife Novelle der MWBO beim Ärztetag 2014 in Düsseldorf vorliegen.

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