MFT kritisiert KBV

"Das Modell Landarzt-Einzelpraxis hat ausgedient"

Landärztmangel ante portas: Die KBV sieht die Ursachen bei Aus- und Weiterbildung. Die Hochschulen halten dagegen - und ziehen einen Vergleich zu Nordamerika.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Medizinstudenten bei der Ausbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover. Den Arztnachwuchs zieht es nach der Uni nur selten aufs Land.

Medizinstudenten bei der Ausbildung an der Medizinischen Hochschule Hannover. Den Arztnachwuchs zieht es nach der Uni nur selten aufs Land.

© Lübke/dpa

BERLIN. Als "unerfreulich und wenig zielführend" bezeichnete der Präsident des Medizinischen Fakultätentages (MFT) Professor Heyo Kroemer die Kritik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an der Medizinerausbildung.

Beim Innovationskongress der Deutschen Hochschulmedizin signalisierte er jedoch am Donnerstag in Berlin Gesprächsbereitschaft. Das tat auch KBV-Chef Dr. Andreas Köhler.

"Wir möchten auch die Diskussion über den Zugang zum Medizinstudium gemeinsam mit den Unikliniken führen. Aber wir wollen Aus- und Weiterbildung auf die Bedürfnisse der Bevölkerung ausrichten", sagte er.

Dass es immer weniger Ärzte gibt, die sich in ländlichen Regionen niederlassen, ist aus Kroemers Sicht "kein quantitatives Problem, sondern ein Allokationsproblem".

Er verwies darauf, dass die deutschen Medizinfakultäten jedes Jahr knapp 10.000 Ärzte ausbilden würden - das seien pro Kopf gerechnet fast doppelt so viele wie in Nordamerika.

Tatsächlich haben im Jahr 2011 bundesweit laut OECD pro 100.000 Einwohner 11,76 Medizinstudenten ihr Studium abgeschlossen. In den USA waren es nur 6,57 Graduierte. Allerdings: Hierzulande leben 80 Millionen Menschen, in den USA sind es 300. In absoluten Zahlen graduierten 9572 Medizinstudenten in Deutschland und 20.469 in den USA.

Kroemer: "Nach den Hinweisen, die wir haben, geht der überwiegende Teil in die kurative Tätigkeit", sagte er.

Das Problem des wachsenden Landarztmangels führt Kroemer darauf zurück, "dass wir es mit einer Generation zu tun haben, die sehr genau weiß, was sie will und was nicht".

Wirtschaftliche Lage verschlechtert sich

Dabei habe das Modell des Landarztes in Einzelpraxis ausgedient. Auch für die Weiterbildung sind aus Sicht des Verbandes der Universitätsklinika (VUD) und des MFT vernetzte, interdisziplinäre Strukturen gefordert.

Die wirtschaftliche Lage der Unikliniken hat sich indes in den letzten drei Jahren dramatisch verschlechtert. Der Vorsitzende des VUD, Professor Michael Albrecht, geht davon aus, dass im laufenden Jahr nur noch zehn Prozent der Unikliniken ein positives oder ausgeglichenes Jahresergebnis erreichen werden.

2012 waren es laut VUD 15 Prozent und 2011 noch 39 Prozent. Albrecht wies darauf hin, dass die Aufgaben der Unikliniken gewachsen seien.

Rund eine Milliarde Euro Mehrbedarf veranschlagt er allein für die Sonderaufgaben, darunter die Behandlung von Patienten mit seltenen Erkrankungen und Extremkostenfälle. "Die Vergütungsproblematik hat bei uns in höherem Ausmaß zugenommen als bei anderen Krankenhäusern", sagte Albrecht.

Der designierte VUD-Generalsekretär Ralf Heyder erkannte an, dass das Hilfspaket der Bundesregierung helfe. "Aber es löst die Probleme nicht, schon gar nicht auf Dauer", sagte er.

Die wirtschaftliche Talfahrt der Unikliniken geht nach seiner Darstellung darauf zurück, dass die Unimedizin erstmals in allen Finanzierungsbereichen gleichzeitig Probleme habe.

"Das ist in der Kumulation einfach nicht mehr zu verkraften", sagte Heyder. Sowohl bei den Zuschüssen für Forschung und Lehre und den Investitionskostenzuschüssen der Länder als auch bei der Finanzierung der stationären Krankenversorgung und der Ambulanzen stagnieren laut Heyder die Mittelflüsse oder sind rückläufig.

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