Keine Chance gegen Schmähungen im Web?
Können sich Ärzte gegen schlechte Bewertungen in Internet-Portalen wehren? Schmähkritik und falsche Tatsachenbehauptungen brauchen sie zumindest nicht hinzunehmen, sagt ein Rechtsexperte.
Veröffentlicht:Bei reinen Werturteilen werde es aber schwierig, erklärt Dr. Thomas Meschede, Rechtsanwalt in der Kanzlei mzs in Düsseldorf. Bewertungen wie "überheblich" oder "unfreundlich" sind prinzipiell durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt. Das Recht auf freie Meinungsäußerung müsse jedoch im Einzelfall gegen das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Ärzte abgewogen werden, so Meschede. Er findet es anstößig, dass sämtliche Benotungen der einschlägigen Arztportale im Internet per Suchmaschine leicht auffindbar und frei zugänglich sind.
Bewertungen tauchen auch in Suchmaschinen auf
Beim Lehrerbewertungsportal spickmich.de, das bereits Gegenstand von Gerichtsverfahren war, ist das anders: Dort gelangen Nutzer nur über das Anklicken der jeweiligen Schule zur Bewertung eines bestimmten Lehrers. Einen solchen Filter weisen Arztportale nicht auf. Wenn aber Bewertungsplattformen keine Maßnahmen gegen die uneingeschränkte Verbreitung im Internet treffen, könnten Ärzte "unter dem Gesichtspunkt der Anprangerung" gegen die Veröffentlichung negativer Kommentare vorgehen, sagt Meschede. Auch das Datenschutzrecht fordere, dass persönliche Angaben, "zu denen Bewertungen der beruflichen Leistung zweifelsohne gehören", nur für solche Personen frei zugänglich sind, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können.
Bisher haben Ärzte gute Chancen, sich mit den Portalbetreibern zu einigen, so dass als herabwürdigend empfundene Bewertungen gelöscht werden. Meschede hat in der jüngeren Vergangenheit einige Ärzte dabei beraten und berichtet, eine Löschung sei ziemlich einfach durchzusetzen. Offenbar ist es vielen Ärzten aber egal, wenn sie in diesen Portalen schlechte Noten bekommen haben. Denn besonders populär sind die Arztbewertungsplattformen bisher nicht. Oft basiert die Note nur auf den Angaben eines einzigen Nutzers.
Aus seiner Sicht müssten außerdem die Datenschutzbeauftragten der Länder tätig werden. Das Bundesdatenschutzgesetz besagt, dass Betroffene über die erstmalige Speicherung ihrer personenbezogenen Daten informiert werden müssen.
Die Datenschützer müssten stärker eingreifen
Das gilt zwar nicht, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen stammen, etwa aus den Ärztelisten. Weil aber in den Portalen auch Beurteilungen aufgeführt werden, sind die Betreiber nach Meschedes Einschätzung verpflichtet, alle bewerteten Ärzte zu informieren. Bisher ist allerdings nur der Berliner Datenschutzbeauftragte in einem ähnlich gelagerten Fall wegen unterlassener Information der Bewerteten gegen ein Portal vorgegangen: Er hat gegen meinprof.de ein Bußgeld verhängt.
In den USA bietet inzwischen ein Neurochirurg den Ärzten an, für sie das Netz nach Bewertungen abzusuchen. Zudem können sie von ihm zur Vorbeugung negativer Online-Noten einen Vordruck beziehen. Mit ihrer Unterschrift sollen sich die Patienten verpflichten, über den Arzt, seine Kompetenz und seine Behandlung keine Online-Kommentare zu veröffentlichen. Amerikanische Juristen glauben jedoch nicht, dass Ärzte erfolgreich gegen diese Patienten klagen könnten, verpassen sie Ärzten trotzdem schlechte Noten im Internet. In Deutschland würde eine derartige Verpflichtung der Patienten der gerichtlichen Prüfung ebenfalls nicht standhalten, sagt Meschede, weil damit ein Ungleichgewicht zwischen Ärzten und Hilfe suchenden Patienten ausgenutzt werde.