KBV-Chef

Digitalisierung bringt nicht mehr Arztzeit

Digitale Angebote in den Praxen sind hilfreich, aber mehr Zeit für den Arzt schaffen sie kaum, betont KBV-Chef Gassen. Für die E-Karte und E-Patientenakten hat er eine neue Idee.

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KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sieht Fernbehandlungen per Telemedizin skeptisch.

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sieht Fernbehandlungen per Telemedizin skeptisch.

© Alex Kraus

BERLIN. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erwartet Erleichterungen für Patienten durch neue digitale Angebote in den Arztpraxen – aber kaum zusätzliche Behandlungszeit. "Die Digitalisierung hat natürlich Möglichkeiten", sagte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen der Deutschen Presse-Agentur.

Sie könne etwa Zugriffe auf Daten und Werte beschleunigen, wenn Patienten mit kontinuierlicher Blutzuckermessung ihre Angaben einmal die Woche zum Arzt senden, so Gassen. "Aber Digitalisierung backt keine Arztzeit. Man wird nur in sehr begrenztem Umfang mehr Luft für andere Aufgaben schaffen können."

Ein digitales Röntgenbild könne man per E-Mail verschicken, sagte Gassen. "Aber angucken muss es sich der Arzt ja trotzdem noch."

Schnelles Internet überall nötig

Einsetzbar seien viele Anwendungen zudem nur, wenn die technischen Rahmenbedingungen vorhanden seien. Zum Versenden des Befunds einer Magnetresonanztomographie (MRT) sei zum Beispiel schnelles Internet erforderlich, wie es in großen Städten verfügbar sei. "Aber in ländlichen Regionen haben wir überhaupt nicht die Voraussetzungen, um Telemedizin in großem Maßstab zu machen."

Natürlich gebe es auch Fragen, in denen man Patienten für kurze Rücksprachen manch einen Praxisbesuch erübrigen könne.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte unter anderem für neue digitale Angebote geworben, um längere Wartezeiten zu vermeiden. Kleine Fragen ließen sich auch online unkompliziert klären. Wartezimmer würden leerer, und es wäre damit mehr Zeit für aufwendigere Fälle, argumentierte Spahn.

Persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt wichtig

Der KBV-Chef äußerte sich skeptisch zu generell mehr Fernbehandlungen per Telemedizin. Noch eher unkritisch wäre es, wenn ein Arzt Patienten kennt und schon direkt behandelt hat. "Da könnte man manches umfassender als bisher per Telefon machen."

Aber grundsätzlich sei ein persönlicher Kontakt wichtig. "Es wäre schwierig, wenn es Skype-Doktoren gäbe, mit denen Patienten nur über das Internet und mit hingehaltener Kamera Kontakt haben", so Gassen.

Mit Blick auf eine neue elektronische Patientenakte, die nach Plänen der Bundesregierung bis 2021 eingeführt werden soll, sagte der KBV-Chef: "Der Patient sollte seine elektronische Akte kennen und darauf Zugriff haben – auch zu Hause."

Charmant wäre gewesen, dies auf die elektronische Gesundheitskarte zu legen und per Geheimnummer abrufbar zu machen. In der jetzigen Form der Karte ginge es aber technisch nicht. "Da könnte man nicht einmal ein Röntgenbild abspeichern", führte Gassen aus. (dpa)

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