Interview

"Wir wollen Digitalisierung erlebbar machen"

Patienten wollen einen einfacheren Zugang zum Arzt, und die Digitalisierung soll ihnen dabei helfen. Was diese in Umfragen belegte Einstellung für niedergelassene Ärzte bedeutet, erläutert Daniel Zehnich von der Deutschen Apotheker- und Ärztebank im Interview.

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Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank.

Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der apoBank.

© (c) apoBank

Ärzte Zeitung: Herr Zehnich, alle Welt redet von Digitalisierung im Gesundheitswesen. Sind Ärzte auf die Änderungen eigentlich vorbereitet?

Daniel Zehnich: Es wird in Deutschland viel darüber gesprochen, auch über den Nachholbedarf, der besteht. Aber für Ärzte, die sich nicht auf den Fachkonferenzen tummeln, und das ist die Mehrheit, gibt es nur wenig Orientierung, was Digitalisierung wirklich im Praxisalltag bedeutet.

Und was bedeutet Digitalisierung tatsächlich für Ärzte?

Daniel Zehnich: Patienten sind es in anderen Lebensbereichen gewohnt, mit wenigen Klicks zum Ergebnis zu kommen. Wir haben im Frühjahr einmal 1000 Patienten befragen lassen. Herausgekommen ist, dass es ihnen hauptsächlich um den Zugang zum Arzt geht – und nicht um irgendwelche Wunder- Anwendungen.

Wieso fragt die apoBank zu einem solchen Thema so viele Patienten? Gehört das zu Ihrem Kerngeschäft?

Daniel Zehnich: Als Genossenschaftsbank sehen wir für uns den Auftrag, die Heilberufler bei der Berufsausübung zu unterstützen. Und an der Digitalisierung geht auch da kein Weg vorbei. Doch die Unsicherheit ist groß, und die Orientierung, welche digitalen Anwendungen was leisten, fehlt. Mit unserem neuen Kompetenzzentrum apoHealth wollen wir Heilberuflern helfen, sich in diesem Feld zurechtzufinden. Wir wollen Digitalisierung erlebbar und anfassbar machen, und das haben wir zum Beispiel getan, indem wir Patienten gefragt haben, wie sie sich Digitalisierung in der Arztpraxis vorstellen. Die Antworten helfen Ärzten, sich mit neuen Angeboten zu positionieren.

Und was sollen Ärzte nun in dieser Übergangszeit als erstes tun?

Daniel Zehnich: Wenn es Patienten vor allem darum geht, leichter Zugang zum Arzt zu bekommen, dann hilft es zuerst, digitale Anwendungen wie die Videosprechstunde oder Online-Terminvereinbarung anzubieten oder auch die Arzt-Website zu optimieren. Solche Maßnahmen bieten auch die Chance, die Organisationsprozesse in der Praxis zu vereinfachen. Wir haben einen Ratgeber in Form einer Broschüre entwickelt mit Hinweisen, wie derartige Angebote umgesetzt werden können.

Was könnten Politiker und Selbstverwaltung tun, um die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu fördern?

Daniel Zehnich: Die Politik muss die Rahmenbedingungen setzen, und dazu gehört es auch, Anreize zu schaffen. Die aktuelle Vergütung der Videosprechstunde bietet keinen genügenden Anreiz, im Praxisalltag über dieses Angebot nachzudenken. Wir brauchen da etwas Anschubfinanzierung. Und wir brauchen Positivbeispiele. Deshalb hat die apoBank in diesem Jahr auch den TeleArzt gefördert, der es VERAH erlaubt, auf Hausbesuch telemedizinisch Kontakt mit der Praxis aufzunehmen.

Sollten sich Ärzte angesichts der rasanten Entwicklung Sorgen machen?

Daniel Zehnich: Ich habe keine Sorge, dass die Entwicklung uns von außen quasi überschwemmt. Der persönliche Kontakt zum Arzt bleibt auch in einer digitalen Welt viel zu wichtig. Wer sich als Arzt die Frage stellt, wie kann ich mich digital besser aufstellen, und handelt, dann ist er auf der sicheren Seite. Aber jetzt die Augen verschließen, weil in zehn Jahren schon der Ruhestand winkt – davon würde ich dringend abraten. (ger)

Dieses Interview entstand mit freundlicher Unterstützung der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank)

Lesen Sie dazu auch: Patienten wollen Videosprechstunde, Ärzte warten noch

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