Kartenleser spalten die Ärzteschaft

Während die KV Nordrhein Pauschalen für Nachzügler aushandeln will, übt sich der Bayerische Fachärzteverband in Fundamentalopposition.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen und Jürgen Stoschek Veröffentlicht:
Die Pauschale für Kartenlesegeräte ist beschlossen, es hapert aber noch an der Umsetzung.

Die Pauschale für Kartenlesegeräte ist beschlossen, es hapert aber noch an der Umsetzung.

© Sagem Monétel

DÜSSELDORF/MÜNCHEN. Die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo) will mit den Krankenkassen über Pauschalen für diejenigen Praxen verhandeln, die noch kein Lesegerät für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) haben.

Die KVNo-Vertreterversammlung hat allerdings den Verhandlungsspielraum des Vorstands eingeschränkt und ihn aufgefordert, die Förderung nicht onlinefähiger Lesegeräte anzustreben.

In Nordrhein hatten die Kassen bereits 2009 an die Niedergelassenen Pauschalen gezahlt, die sich ein Lesegerät angeschafft hatten. Das waren rund 70 Prozent.

Nach Angaben des KVNo-Vorsitzenden Dr. Peter Potthoff will die KV jetzt auch eine finanzielle Unterstützung für die übrigen 30 Prozent und die seit 2009 neu zugelassenen Praxen aushandeln.

Eine möglichst breite Ausstattung der Praxen mit lesefähigen Geräten liege im Interesse der Krankenkassen. Ab 1. Oktober 2011 müssen die Kassen mindestens zehn Prozent ihrer Versicherten mit der eGK versorgen, damit ihre Verwaltungskosten nicht um zwei Prozent gekürzt werden.

"Die Kassen werden in Nordrhein überproportional viele Karten ausgeben, um die Zehn-Prozent-Hürde zu erreichen", sagte Potthoff. Er rechnet damit, dass im vierten Quartal drei bis fünf Millionen Versicherte in Nordrhein eine Karte erhalten.

Die Praxen könnten Probleme bekommen, wenn sie technisch nicht entsprechend ausgestattet sind und Patienten mit den neuen Karten kommen.

Über diese Probleme werde die KVNo die Mitglieder informieren, sagte Potthoff. Außerdem prüfe die KV die Herausgabe von Test-Sets. Mit ihnen könnten die Niedergelassenen herausfinden, ob sie die eGK lesen können. "Wir möchten Chaos in den Praxen vermeiden, nur darum geht es", sagte Vorstand Bernhard Brautmeier.

Es reiche, wenn die Praxen ein nicht onlinefähiges MKT Plus-Gerät haben, betonte der Präsident der Freien Ärzteschaft Martin Grauduszus. "Mit den MKT Plus-Geräten könnte in den nächsten Jahren viel Geld gespart werden", sagte er.

Mehr sei nicht nötig, um die Patienten zu versorgen. Grauduszus warnte davor, für andere Geräte Pauschalen zu verhandeln. "Wenn wir die onlinefähigen Geräte in den Praxen haben und sie haben fördern lassen, dann sind wir im System elektronische Gesundheitskarte gefangen."

Brautmeier warnte, dass sich die KVNo mit der Förderung nach Pauschalen für MKT Plus-Geräten lächerlich mache. Die Kassen seien gesetzlich nur zur Förderung der onlinefähigen Geräte legitimiert. "Das werden die kürzesten Verhandlungen unseres Lebens", prognostizierte er.

Der Orthopäde Dr. Andreas Gassen forderte die VV auf, die Macht des Faktischen zu akzeptieren. "Wenn 70 Prozent der Kollegen die onlinefähigen Geräte haben, ist das die Basis."

Die Mehrheit der KVNo-Delegierten folgte aber zwei Anträgen der Freien Ärzteschaft. Mit 24 Ja-Stimmen, acht Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen forderten sie den Vorstand auf, über Pauschalen für nicht onlinefähige eGK-Lesegeräte zu verhandeln.

"Eine alleinige Förderung onlinefähiger Geräte wird in Anbetracht des Fortschreitens technischer Entwicklungen und der Jahre dauernden Implementierung des Versicherten-Stammdatendienstes abgelehnt", heißt es in dem Antrag.

Mit 31 Ja-Stimmen und vier Enthaltungen verabschiedete die VV einen Antrag, der die Ausgabe der eGK als "vom Gesetzgeber zu verantwortende sinnlose Verschwendung von Versichertengeldern" bezeichnete.

Anders als die konziliantere KVNo hat sich der Bayerische Facharztverband (BFAV) entschieden gegen die Einführung der neuen elektronischen Gesundheitskarte sowie der entsprechenden Lesegeräte gewandt.

Die Kollegen sollten sich nicht von den 850 Euro blenden lassen, die die Krankenkassen pro Arzt für die Anschaffung und Anbindung eines neuen Kartenlesegerätes ausgeben.

Allein in Bayern müssten die Kassen etwa 17 Millionen Euro aufwenden, wenn sie jedem Vertragsarzt 850 Euro überwiesen. Dieses Geld werde dann beim Honorar wieder eingespart, erklärte Dr. Hartwig Kohl, Bezirksbeirat Mittelfranken des BFAV.

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