Bund der Steuerzahler

E-Card – Milliardengrab für ehrliche Steuerzahler?

Die elektronische Gesundheitskarte, der Neubau des Klinikums Bremen-Mitte sowie die geplante Verlagerung des Bayerischen Gesundheitsministeriums nach Nürnberg erzürnen den Bund der Steuerzahler. Er moniert Milliardenverschwendung im Gesundheitswesen auf Kosten von Beitrags- und Steuerzahlern.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:

BERLIN. Hart ins Gericht mit den Digitalisierungsbemühungen der Bundesregierung ging am Donnerstag der Bund der Steuerzahler (BdSt) – bei der Vorstellung seines Schwarzbuchs "Die öffentliche Verschwendung 2017/18". Einen prominenten Schwerpunkt in dem Werk bildet die elektronische Gesundheitskarte (eGK).

"Wahrscheinlich ist der teuerste Flop die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Seit 2006 gibt es sie – und die Versicherten sowie die Heilberufe sollten eigentlich davon profitieren. Doch von den anfänglichen Visionen sind lediglich Stammdaten auf der Karte übrig geblieben", wetterte BdSt-Präsident Reiner Holznagel in Berlin.

450 Millionen Euro Steuergelder

"Bis zum Jahresende sind dann 1,7 Milliarden Euro investiert worden – und wir erhalten eine veraltete Technik. Bitter dabei ist, dass in den kommenden fünf Jahren weitere 1,5 Milliarden Euro investiert werden müssen. Dabei gibt es kostengünstige Alternativen. Die elektronische Gesundheitskarte ist aus unserer Sicht gescheitert", ergänzte Holznagel.

Wie ein BdSt-Experte auf Nachfrage der "Ärzte Zeitung" sagte, seien in dem monierten Zeitraum insgesamt 450 Millionen Euro direkte Steuergelder aus dem Bundeshaushalt an die gematik – und damit an die Betreibergesellschaft der eGK – geflossen.

Auf die Anmerkung hin, dass es sich bei den restlichen Geldern nicht um Steuermittel, sondern um Beitragszahlungen der Krankenversicherten handle, begegnete der BdSt-Experte, der nicht namentlich genannt werden will, mit den Worten: "Steuern oder Beiträge – wenn das Geld verbrannt wurde, spielt das keine Rolle."

Wie der Experte weiter ausführte, teile der BdSt Zweifel zum Fortbestand des Projektes eGK in der neuen Legislaturperiode, die Anfang August in Bayern laut geworden waren . "Lieber jetzt die Reißleine ziehen und auf am Markt bereits verfügbare Alternativen zurückgreifen, als weiter Unsummen in veraltete Technik zu investieren", lautet die Prioritätensetzung aus Sicht der Steuerwächter. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hatte dem proklamierten Abgesang auf die eGK vehement widersprochen und will – sollte er in der nächsten Koalition in seinem Amt bleiben – die Telematikinfrastruktur weiter voranbringen.

In seinem Schwarzbuch gibt der BdSt der Bundesregierung unter anderem folgende Handlungsempfehlung mit auf den Weg: "Erzeugung von Wettbewerb im Bereich des elektronischen Gesundheitswesens, um Monopole mit viel zu hohen Lizenzkosten und Lock-in-Effekte wie bei der gematik bzw. der eGK zu vermeiden."

Private Investoren als bessere Option?

Massive Mehrkosten von bis dato 120 Millionen Euro beim Neubau des Klinikums Bremen-Mitte sowie die erhebliche Verzögerung bei der Fertigstellung um viele Jahre haben dem städtischen Klinikverbund Gesundheit Nord einen Eintrag in das aktuelle Schwarzbuch gesichert. Der BdSt sieht den Klinikverbund "bisher mit der Umsetzung des Mammutprojekts sichtlich überfordert, die Liste an Pannen und Fehlern ist entsprechend lang." Der Bremer Senat hätte sich nach Ansicht der Steuerexperten den Klinik-Neubau besser von einem Generalunternehmer schlüsselfertig und zum Festpreis erstellen lassen sollen "– oder er hätte Planung, Bau, Finanzierung und spätere Gebäudeunterhaltung ganz in die Hände von privaten Investoren legen sollen."

Auch die geplante Verlagerung des bayerischen Gesundheitsministeriums von München nach Nürnberg treibt dem BdSt die Zornesfalten auf die Stirn. Zwar verfolge die Staatsregierung mit der Aktion hehre Ziele wie die Schaffung gleichwertiger Lebens- und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern. Bleibe aber die Frage, ob die Kosten für die Maßnahme von über zehn Millionen Euro im Verhältnis zum erhofften Effekt stünden.

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