Drohende Rationierung

Mobile Medizin soll die Versorgung retten

Der Arztmangel gefährdet die Medizin. Im Norden wird bereits an Modellen für Fahrpraxen gearbeitet. Doch um die Versorgung zu sichern, haben Ärztevertreter und Politiker noch weitaus kreativere Ideen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Arztpraxis der Zukunft?

Arztpraxis der Zukunft?

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KIEL. Keine Denkverbote, Offenheit für Pilotprojekte: nur so lässt sich die künftige Versorgung nach Überzeugung von Experten gestalten, ohne dass rationiert werden muss.

Der Kongress "Vernetzte Gesundheit" in Kiel gab dazu am Mittwoch Denkanstöße und lieferte Beispiele. So schlossen etwa Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin Kristin Alheit und Kammerpräsident Dr. Franz Bartmann nicht mehr aus, dass in ländlichen Regionen des Nordens in absehbarer Zeit mobile Praxen zumindest erprobt werden.

Bei diesem Modell könnten angestellte Ärzte in wechselnder Besetzung von Gemeinde zu Gemeinde fahren, wenn es vor Ort an Ärzten mangelt.

Im Kieler Gesundheitsministerium wird schon seit einiger Zeit an diesem Modell gearbeitet. "Wir müssen beginnen, die Strukturen den geänderten Bedingungen anzupassen", sagte Alheit auf dem Kongress.

Diesen Weg hat das Gesundheitswesen nach Überzeugung von Dr. Markus Müschenich zu spät beschritten.

Der frühere Klinikmanager und Mitbegründer des Bundesverbandes Internetmedizin ist überzeugt, dass das Internet den Druck auf neue Versorgungsformen noch erhöhen wird und die Patienten die Entwicklung immer stärker bestimmen werden: "Treiber sind die Patienten."

Bei vielen Ärzten beobachtet er, dass diese Entwicklung fälschlicherweise als Bedrohung empfunden wird.

Telefonische Patientenvermittlung

Müschenich appellierte an die Ärzte, dies als Chance zu begreifen - so wie der Landesverband der Frauenärzte in Schleswig-Holstein.

Die Landesvorsitzende Doris Scharrel hat in Kooperation mit der Ärztegenossenschaft Nord eine App mitinitiiert, die im Frühjahr auf den Markt kommen wird. Sie richtet sich an schwangere Frauen, kann den Mutterpass ersetzen und bietet darüber hinaus zahlreiche Zusatzfunktionen.

Beiträge anderer Fachgruppen zeigten, wie gespalten die Ärzteschaft noch auf solche Angebote reagiert: sie reichten von Skepsis bis zum Wunsch, Vergleichbares für die eigene Patientenklientel vorzuhalten.

Auch Schleswig-Holsteins TK-Chef Dr. Johann Brunkhorst hält diesen Weg für richtig: "Man muss vom Patienten her denken." Potenzial hat nach Ansicht Bartmanns die Kanalisation von Patientenanfragen über Call-Center.

Die TK bietet dieses Angebot wie berichtet über einen Dienstleister, der ausschließlich Ärzte beschäftigt. Bartmann kann sich aber auch vorstellen, dass vor Kontakt eines Arztes eine geschulte Kraft ohne ärztliche Qualifikation für Entlastung sorgt.

Welche Modelle am Ende realisiert werden, hängt auch vom Gesetzgeber ab, meint der Vorsitzende des Interessenverbandes kommunaler Krankenhäuser (IVKK), Bernhard Ziegler: "Wir haben in der Vergangenheit die falschen Anreize gesetzt."

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