Innovationsfonds

IGES erwartet keine großen Impulse

Kann der Innovationsfonds die Versorgung in Deutschland wirklich maßgeblich voranbringen? Beim Berliner IGES-Institut ist man skeptisch. Vor allem aus Sicht der vom Gesetzgeber gewünschten Telemedizin gibt es viele Fragezeichen.

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BERLIN. Der Innovationsfonds stellt in den Jahren 2016 bis 2019 jährlich 225 Millionen Euro für innovative Versorgungsprojekte zur Verfügung, die zusätzlich zu den Kosten der medizinischen Versorgung bezahlt werden sollen.

Josef Hecken, seines Zeichens Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), möchte die erste Förderbekanntmachung dem deutschen Gesundheitswesen noch in diesem Jahr quasi unter den Weihnachtsbaum legen.

Beim 6. Nationalen Fachkongress Telemedizin äußerte sich Dr. Karsten Neumann vom Berliner IGES Institut skeptisch zu dem gesamten Zeitplan. Wenn 2016 schon gefördert werden solle, müsste die Projektplanung längst laufen.

Dazu sei aber noch zu wenig über die Rahmenbedingungen der Förderung bekannt. Deswegen sei davon auszugehen, dass viele alte Projekte aus der Schublade geholt und lediglich aufgehübscht würden.

Auch die Fondsbürokratie hält Neumann nicht unbedingt für innovationsförderlich. Das Vergabeverfahren, wonach Anträge nacheinander die GBA-Geschäftsstelle, einen noch zu benennenden Projektträger, einen zehnköpfigen Expertenbeirat und letztlich den mit Vertretern der Selbstverwaltung und des Bundesgesundheitsministeriums besetzten, von einem Arbeitsausschuss unterstützten Innovationsausschuss passieren müssen, sei zwar fair, aber sehr formalisiert und zudem extrem teuer: "Manche gute Idee, die von der Norm abweicht, wird da nicht durchkommen. Gefördert werden wird voraussichtlich ein gehobenes Mittelmaß der Ideen."

Ruf nach Konkretisierung

Dringend nötig sei jetzt eine Konkretisierung der Förderbedingungen, so Neumann. So sei bisher nicht klar, was genau förderungswürdige Leistungen sind. Wenn beispielsweise ein telemedizinisches Konsilprojekt dazu führt, dass mehr Patienten als vorher fachärztliche Leistungen in Anspruch nehmen, werden dann die medizinischen Mehrkosten im Rahmen des Fonds bezahlt?

Oder bleiben die Krankenkassen darauf sitzen? Was bei den Kassen den Anreiz, Telekonsilprojekte durchzuführen, vermutlich deutlich senken würde.

Auch bei den IT- und Technik-Kosten im Rahmen telemedizinischer Projekte ist letztlich noch nicht geklärt, was förderbar sein wird und was nicht. Aus dem Umfeld des GBA sei zu vernehmen, dass die Anwendungen existierender Produkte, nicht aber die Neuentwicklung von Produkten oder IT-Plattformen förderbar werden könnte, so Neumann. Das ist aber noch ein Konjunktiv.

Und selbst bei existierenden Produkten bleibt die Frage, ob beispielsweise die Investitionskosten für eine bundeslandweite IT-Plattform förderbar sind.

Fokussierung auf Kosten ratsam

Potenziellen Antragstellern gab Neumann den Rat, im Vorfeld klar zu definieren, welche Versorgungsverbesserungen angestrebt werden und vor allem wie sie gemessen werden.

Er empfahl auch, die Projekte so zu gestalten, dass die Kosten im Blick bleiben, auch wenn der Gesetzgeber vor allem auf die Versorgungsqualität zielt: Ärztebusse für Nordbrandenburg beispielsweise, eventuell sogar mit Telemedizinkomponente, würden die Versorgungsqualität zwar verbessern, wären aber nach Ende der Förderphase extrem teuer.

Neumann: "In die Situation, so etwas nach vier Jahren aus Kostengründen wieder einstellen zu müssen, möchte niemand kommen."

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