Digitalisierung

Healthcare-Start-ups mit guten Ideen für die Versorgung

Gesundheitsgründer haben immer noch hohe Hürden für den Einsatz ihrer Innovationen im Versorgungsalltag zu überwinden. Dabei bieten sie viel Potenzial, hieß es beim Europäischen Gesundheitskongress.

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MÜNCHEN. Der Zugang zur Praxis ist für Start-ups im Gesundheitswesen in Deutschland oft schwer. Das hätte Nikolaus Huss gerne anders, wie er beim Europäischen Gesundheitskongress verdeutlichte. Huss ist Sprecher der Arbeitsgruppe E-Health der deutschsprachigen Community der Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) in Berlin. Start-ups für digitale Gesundheitsanwendungen sollten schneller in die Praxis, betonte er.

Es gäbe mehr Innovation, wenn Produkte vorläufig angewendet werden dürften. Eine begleitende Evaluation könne dann über den weiteren Verlauf entscheiden. "Wissen entsteht mit der Anwendung", so Huss.

Deutsche und estnische Referenten präsentierten Erfolgsbeispiele. Silver Mikk, Produktmanager der Dermtest UG in Berlin, berichtete aus Estland. Dort helfen elektronische Patientenakte und Telemedizin, den Ärztemangel auszugleichen. "Wir haben uns gedacht: Wozu Ärzte oder Patienten bewegen, wenn wir Daten austauschen können?", so Mikk. Die Hausärzte seien Mittelpunkt der Versorgung und zögen Fachärzte oft nur telemedizinisch hinzu. Inzwischen gebe es Telekonsile für 16 Fachrichtungen. Das Once-Only-Prinzip schone Ressourcen. Anamnese, Röntgenbilder, Laborwerte – einmal erhoben, lande alles in einer elektronischen Patientenakte, auf die jeder Arzt zugreifen könne.

Dermtest habe eine telemedizinische Lösung für die Diagnostik bei Verdacht auf Hautkrebs entwickelt. Sie basiere auf einer Dermatoskopie verdächtiger Hautstellen mittels digitalem Dermatoskop und Software. Hausärzte könnten die Bilder direkt an Fachärzte senden. Die könnten sie in wenigen Minuten auswerten und die Ergebnisse zeitnah rückmelden. Die Diagnosequalität entspreche einem Hautarztbesuch. Hausärzte könnten damit vier von fünf Fällen vor Ort behandeln. Insgesamt seien bisher 6000 Fälle bearbeitet worden. 120.000 Esten hätten durch die App erstmals Zugang zur dermatologischen Fachbehandlung.

Die App Lifetime verknüpft deutsche Patienten mit Ärzten. Dr. Johannes Jacubeit, Gründer und CEO der 2014 etablierten connected-health.eu GmbH, präsentierte sie. Per Smartphone könnten Patienten ihre Gesundheitsdaten flexibel mit Ärzten in Praxen oder Kliniken teilen. Der Zugang funktioniere über Mobiltelefonnummer und Versichertennummer. Um Sicherheit zu gewährleisten, sei der Transfer asymmetrisch verschlüsselt und erfolge Ende zu Ende. Es gebe also keine Speicherung, etwa in einer Cloud. Nur Patient oder Arzt könnten Daten abrufen. Bisher verwendeten 280 Arztpraxen in Hamburg die entsprechende Software. Die App sei bereits von mehreren tausend Nutzern heruntergeladen worden. Unter anderem erhalte das Projekt eine umfangreiche Förderung aus dem Innovationsfonds.

Dr. Jörn Klinger, Co-CEO und CTO der biotx.ai GmbH in Potsdam stellte eine lernende Software vor. Sie helfe per Gendiagnostik, Medikamente effizienter zu entwickeln und anzuwenden. Das funktioniere über das Untersuchen von Biomarkern im Blut, durch die Patienten bestimmte Genvarianten zugeordnet werden könnten. Damit lasse sich vorhersagen, ob ein Medikament wirken könne oder nicht. Das erhöhe Erfolg und Qualität der Behandlung, und vermeide unnötige Kosten. Klinger beschrieb als Beispiel Morbus Crohn. Eine dreimonatige, medikamentöse Behandlung probehalber sei für Patienten sehr belastend, wenn sie nicht wirke. Zudem koste sie 30.000 Euro. (cmb)

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