Innovationsfonds-Projekt ViDiKi

Scheitert Diabetes-Telemedizin am Geld?

Wie Telemedizin Kindern mit Diabetes helfen kann, zeigt das Projekt ViDiKi. Der Weg in die Regelversorgung ist noch steinig.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:

BERLIN. Das 2017 gestartete Projekt „Virtuelle Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche“ (ViDiKi) verdeutlicht, wie sinnvoll der Einsatz von Telemedizin bei der Versorgung von Kindern mit Diabetes sein kann. Den Durchbruch wird es aber erst geben, wenn Telekonsultationen bei der Vergütung nicht mehr stiefmütterlich behandelt werden.

Im Rahmen des Innovationsfonds-geförderten ViDiKi werden am Uniklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck und am Städtischen Klinikum Kiel derzeit 240 Kinder mit Typ-1- Diabetes mit kontinuierlicher Glukosemessung versorgt.

Noch bis zum Jahr 2020 wird in dem von vielen Kassen unterstützten Projekt die Frage untersucht, ob eine virtuelle Diabetes-Ambulanz die Stoffwechseleinstellung der Kinder verbessert.

Daten landen sowieso in der Cloud

Mindestens genauso spannend wie die Stoffwechseleinstellung seien die Erfahrungen mit der telemedizinischen Versorgung an sich, sagte Dr. Simone von Sengbusch vom UKSH zu ViDiKi beim Zukunftstag Diabetologie der Deutschen Diabetes Gesellschaft in Berlin.

Von Sengbusch: „Die Patienten laden bei den CGM-Systemen ihre Daten ohnehin in die jeweilige Cloud. Warum muss der Patient dann immer erst zu mir kommen?“

Das ViDiKi-Projekt nutzt unterschiedliche Lösungen. So kommen Videosprechstunden unter anderem von Patientus zum Einsatz. Es gebe sichere SMS-Kommunikation, etwa über Threema, und verschlüsselte E-Mail-Kommunikation über Cryptshare – ein System, das im kassenzahnärztlichen Bereich weit verbreitet ist. All das funktioniere gut und werde von Patienten hervorragend angenommen, so von Sengbusch.

„Schreckmoment“ fällt weg

Bei den ViDiKi-Televisiten könne sich die Diabetologin – anders als bei Konsultationen in der Arztpraxis – bereits ein bis zwei Tage vor dem telemedizinischen Termin vorbereiten. Das ermögliche es, dem Kind und der Familie positiver gegenüber zu treten.

Warum? Bei schlechten Werten falle der „Schreckmoment“ mit entgleisenden Gesichtszügen weg, die jede Familie auch dann sofort bemerkt, wenn der Arzt bemüht ist, sich zu beherrschen: „Die Mikromimik ist immer positiv. Auch wenn die Werte ein Drama sind, haben wir eine gute Gesprächssituation“, sagte von Sengbusch.

Sie sieht viele weitere Vorteile der Telekonsultationen. Zwar würden Lebensqualität und Therapiezufriedenheit erst noch abschließend ausgewertet. Die bisherigen Rückmeldungen seien aber ausgesprochen positiv. Sie selbst spare dank fixer telemedizinischer Slots Zeit: „Ich kann viel mehr Patienten telemedizinisch sehen als in der Ambulanz.“

Wichtig für den Erfolg sei, dass der ambulante Kinderdiabetologe den Hut aufbehalte und die telemedizinische Betreuung durch die Experten ergänzend und in enger Abstimmung erfolge, so von Sengbusch. Das scheint bei ViDiKi zu klappen: „Alle Diabetologen in Schleswig-Holstein machen mit.“

Klar ist, dass die – in ViDiKi über den Innovationsfonds geregelte – Finanzierung langfristig gesichert werden muss, wenn das Projekt Teil der Regelversorgung werden soll – was alle Beteiligten anstreben.

Die Ideallösung ist für die Kieler Diabetologin kein komplizierter Zusatzvertrag, sondern eine Übertragung analoger Vergütung auf die digitale Welt: „Online-Termine müssen Vorort-Terminen gleichgestellt sein.

Kontakt- und Versorgungspauschalen dürfen nicht entfallen, wenn der Patient in einem Quartal nicht in der Praxis war. Rezepte ohne Ambulanzkontakt und Karteneinlesen müssen möglich sein. Sonst kommen wir nicht weiter.“

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