Starke Schieflage bei offenen Immobilienfonds

Zwei eingefrorene offene Immobilienfonds öffnen zwangsweise wieder zum 1. November. Anleger müssen sich dann fragen, ob sie aussteigen sollen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Offene Immobilienfonds galten jahrelang als krisensichere Anlage. Das hat sich geändert.

Offene Immobilienfonds galten jahrelang als krisensichere Anlage. Das hat sich geändert.

© Luftbildfotograf / fotolia.com

FRANKFURT/MAIN. Für die mehr als 50 000 Anleger des seit fast zwei Jahren eingefrorenen offene Immobilienfonds P2 Value von Morgan Stanley ist es schlichtweg ein Desaster: Wenn der Fonds am 1. November wieder öffnet, werden sie voraussichtlich mehr als die Hälfte ihres investierten Kapitals verloren haben.

Seit Juni vergangenen Jahres sind die Immobilien des Fonds wiederholt massiv abgewertet worden. Der Wert der Anteilsscheine fiel dadurch bislang um 46,25 Prozent. Und weitere Korrekturen stehen noch an: "Bis Ende des Monats werden weitere acht Objekte im Fonds neu bewertet", sagt Chefmanager Walter Klug. Der Preis der Anteilsscheine könne dadurch auf bis zu 26,60 Euro fallen. Für die Anleger würde dies einen Verlust von rund 52 Prozent bedeuten. Rund 850 Millionen wären damit verbrannt. Als der Abwertungsreigen begann, hatte der Fonds noch ein Vermögen von 1,67 Milliarden Euro. Für Anfang November rechnet Klug nur noch mit "820 bis 870 Millionen Euro".

Es ist der bislang größte Verlust in der mehr als 50-jährigen Geschichte der deutschen offenen Immobilienfonds. Noch vor drei Jahren hatte die Branche damit geworben, dass nie eines der Investmentvehikel, die das Geld ihrer Anleger in Bürotürme und Einkaufszentren stecken, ein Jahr im Minus abgeschlossen hat. Doch Ende Juli wiesen gleich sechs Fonds Verluste aus, weil durch die Finanz- und Wirtschaftskrise weltweit die Leerstände in den Gewerbeimmobilien gestiegen und spiegelbildlich deren Mieteinnahmen und Buchwerte gefallen sind.

Rapider Preisverfall in Asien machte Fonds zu schaffen

Den P2 Value traf dies besonders heftig, weil er kurz vor Beginn der Krise viele Immobilien in Fernost eingekauft hatte. Dort sind die Preise seither stark gefallen. "Der Fonds hatte beim Einkauf in Asien die Preisspitzen voll mitgenommen", sagt Sonja Knorr, Analystin der Ratingagentur Scope. Den zweithöchsten Verlust haben die Anleger des Degi Europa von Aberdeen Property mit einem Minus von 15,9 Prozent erlitten. Auch dieser Fonds ist seit Oktober 2008 wegen Liquiditätsproblemen eingefroren und muss spätestens am 1. November dieses Jahres wieder öffnen.

Nach dem Investmentgesetz darf ein Fonds nur für maximal 24 Monate gesperrt werden. Bei weiteren acht Fonds, die 2009 und im Laufe dieses Jahres eingefroren wurden, endet die Frist 2010 und 2011. Insgesamt sind derzeit mehr als 25 Milliarden Euro dem Zugriff ihrer Sparer entzogen - fast 30 Prozent des insgesamt in offenen Fonds investierten Kapitals. Über die Börse können Anleger zwar die Anteilsscheine verkaufen. Sie müssen dabei aber Abschläge von zum Teil mehr als zehn Prozent auf den von den Fondsgesellschaften ermittelten Wert hinnehmen.

Mit der Veräußerung von Immobilien wollen Aberdeen und Morgan Stanley nun Barreserven für die Wiedereröffnung bilden. "Der P2 Value hat seine Liquidität bereits durch Verkäufe verbessert", sagt Klug. Der Fonds verfüge über 228 Millionen Euro, um ausstiegswillige Sparer auszuzahlen. Für die Anleger lohne es sich, im Fonds zu bleiben, sagt Klug. Die Ausschüttungsrendite aus den Mieteinnahmen werde rund fünf Prozent betragen.

Verbraucherzentrale sieht die Zukunft kritisch

Nils Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bezweifelt, dass die Fonds wieder auf die Beine kommen. "Viele Anleger werden aus Angst vor einer erneuten Sperrung sofort ihr Geld abziehen." Übersteigen die Rückforderungen die liquiden Mittel, müssten die Fonds abgewickelt werden. Nauhauser: "Alle Immobilien würden dann auf den Markt geworfen." Den verbliebenen Sparern drohten dann noch höhere Verluste. Nauhauser: "Bei einer solchen Zerschlagung dürften sich die Objekte nur unter Wert abstoßen lassen."

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