Lästige Atteste für die Steuererklärung entfallen

Wer außergewöhnliche Belastungen von der Steuer absetzen will, hat es nun leichter. So müssen etwa bei Krankheitskosten dem Finanzamt keine aufwendigen Atteste mehr vorgelegt werden.

Von Dietmar Sedlaczek Veröffentlicht:
Die Nachweispflichten bei der Einkommensteuer wurden erleichtert.

Die Nachweispflichten bei der Einkommensteuer wurden erleichtert.

© E. Wodicka / Panthermedia

BERLIN. Steuerlich geltend gemacht werden können außergewöhnliche Belastungen schon länger. Nun hat der Bundesfinanzhof allerdings eine Erleichterung für Steuerzahler zugelassen: Nicht mehr für jeden Ansatz in der Steuererklärung müssen ausführliche amtsärztliche Atteste angeschleppt werden.

Dabei zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen längst nicht nur Unterhaltsleistungen sowie Aufwendungen für die Unterbringung im Alten- und Pflegeheim oder für Hausumbauten aufgrund von Behinderungen oder Krankheit. Auch Krankheitskosten und die Kosten für eine künstliche Befruchtung fallen unter die steuerliche Abziehbarkeit.

Was aber noch wichtiger ist: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in ständiger Rechtsprechung die Nachweisschwelle bei den außergewöhnlichen Belastungen gesenkt.

Die Finanzverwaltung folgt dieser Rechtsprechung des BFH und hat durch das Steuervereinfachungsgesetz rückwirkend zum 5. November 2011 Erleichterungen bei den Nachweisen zugelassen.

Viele Kosten absetzbar

Nach dem neuen Paragrafen 64 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung reicht für den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall nunmehr bei Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers aus.

Ein vor Beginn oder Weiterführung der Behandlung erstelltes amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ist laut dem neuen Paragrafen nur noch erforderlich für:

  • eine Kur,
  • eine psychotherapeutische Behandlung oder die Fortführung dieser Behandlung nach Ablauf der Bezuschussung durch die Krankenkasse,
  • eine medizinisch erforderliche Unterbringung eines an Legasthenie oder einer anderen Behinderung leidenden Kindes des Steuerpflichtigen,
  • medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens im Sinne von Paragraf 33 Abs. 1 des 5. Sozialgesetzbuch (SGB V) anzusehen sind,
  • die Notwendigkeit der Betreuung des Steuerpflichtigen durch eine Begleitperson,
  • wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, wie zum Beispiel Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie.

Außerdem können Fahrtkosten zu dem im Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind des Steuerpflichtigen nunmehr steuerlich als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden.

Sofern der behandelnde Krankenhausarzt bescheinigt, dass die Besuchsfahrten zur Heilung oder Linderungen des Angehörigen entscheidend beigetragen haben.

Und selbst Gerichtskosten können als außergewöhnliche Belastungen gelten. Nach der Rechtsprechung des BFH können nämlich Kosten für einen Zivilprozess angesetzt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wer den Prozess gewonnen hat und wer Kläger oder Beklagter ist.

Es müssen nur zumindest hinreichende Erfolgsaussichten bestanden haben, diesen Prozess zu führen. Von diesen Kosten sind eventuelle Erstattungen der Rechtsschutzversicherung abzuziehen.

Die Grundsätze dieser Rechtsprechung lassen sich auch auf andere Gerichtsprozesse übertragen. Hier sollte stets versucht werden, Gerichtskosten, zu denen auch Anwaltskosten gehören, von der Steuer abzusetzen.

Steuertipps zum Jahresende

Sonderausgaben immer kumuliert ansetzen: Für die Berücksichtigung von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ist es sinnvoll, diese in einem Kalenderjahr zu kumulieren. Also etwa Spenden oder Kirchensteuern geballt in diesem Jahr zu zahlen, oder alles ins nächste Jahr zu schieben. Bei außergewöhnlichen Belastungen gibt es nämlich eine zumutbare Eigenbelastung, die je nach Familienstand und Einkommen variiert. Erst wenn die Aufwendungen für die außergewöhnlichen Belastungen diese zumutbare Eigenbelastung überschreiten, werden sie steuerlich wirksam.

Verjährung von Steuerschulden: Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2006 verjähren mit Ablauf des Jahres 2011, wenn die Steuererklärung in 2007 abgegeben wurde. Sollte der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, ist noch einmal zu prüfen, ob zugunsten des Steuerpflichtigen ein Änderungsantrag gestellt wird, weil sich günstige Änderungen der Rechtsprechung ergeben haben. Wird die Frist 31.12.2011 versäumt, kann der Steuerbescheid, obwohl er unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, nicht mehr geändert werden.

Vorauszahlung rechtzeitig anpassen: Insbesondere bei Freiberuflern - so auch Ärzten - mit schwankenden Einnahmen in Folge von Honorarreformen und sich positiv oder negativ entwickelnden Privateinnahmen ist sinnvollerweise am Jahresende die Höhe der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2012 zu überprüfen. Steht zu erwarten, dass der Gewinn im folgenden Jahr niedriger ist, als ihn das Finanzamt bei der Festsetzung der Steuervorauszahlungen zugrunde gelegt hat, sollte kurzfristig ein Änderungsantrag gestellt werden.

Zur Person: Dietmar Sedlaczek ist Steuerberater und Fachanwalt für Medizinrecht. Er betreibt eine Kanzlei für Medizin- und Steuerrecht in Berlin und ist Partner des Steuerberaterverbunds Metax.

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Kommunikation und Datenschutz

Neue Perspektiven für IT in der Praxis

Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“