Schweizer Pharmabranche in Bewegung

Auf dem Pharmamarkt der Schweiz tut sich viel: Roche steht vor einer schwierigen Übernahme, Novartis muss enorme Summen abschreiben, und Lonza wechselt nach Einbußen den Chef.

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Schwieriges Geschäft: Die Schweizer Pharma-Konzerne investieren derzeit viel Geld in Zukäufe.

Schwieriges Geschäft: Die Schweizer Pharma-Konzerne investieren derzeit viel Geld in Zukäufe.

© Gina Sanders / fotolia.com

BASEL (dpa). Preiskämpfe auf den Weltmärkten und der starke Franken halten die Schweizer Pharma- und Biochemiebranche in Atem. Novartis - der weltweit zweitgrößte Pharmakonzern nach Pfizer (USA) - verbuchte nach eigenen Angaben hohe Abschreibungen und für 2011 einen Gewinnrückgang um sieben Prozent auf 9,25 Milliarden Dollar.

Roche - siebter unter den Top Ten der Pharmawelt - kündigte eine feindliche Übernahme des US-Genetikspezialisten Illumina für 5,7 Milliarden Dollar an. Und Lonza, der mit Abstand kleinste der drei Basler Konzerne, wechselte nach einem herben Gewinneinbruch den Chef.

Roche bekommt Gegenwind aus Amerika

Roche bekam unmittelbar nach Bekanntgabe des Angebots, Illumina für umgerechnet 4,37 Milliarden Euro zu schlucken, Gegenwind aus Amerika. Es ist bereits der dritte Versuch einer feindlichen Übernahme von Illumina durch die Schweizer seit 2007. Die Illumina-Konzernführung appellierte an die Aktionäre abzuwarten, bis die neue Offerte sorgfältig geprüft sei.

Die Schweizer bieten pro Aktie 44,50 Dollar in bar. Dies ist ein Aufschlag von rund 18 Prozent im Vergleich zum Schlusskurs vom Dienstag. Zugleich entspreche dies gegenüber dem Aktienkurs vom 21. Dezember 2011 einem Aufpreis von 64 Prozent, erklärte Roche.

Bereits einen Tag danach hätten seinerzeit Übernahmegerüchte zu einem starken Kursanstieg geführt. Laut Roche entspricht der gebotene Gesamtpreis dem Dreißigfachen des von Analysten für 2012 erwarteten Gewinns von Illumina. Finanziert werden soll die Übernahme durch vorhandene Barmittel und über Kredite.

Illumina erzielte 2010 mit weltweit mehr als 2100 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 900 Millionen Dollar.

Roche habe sich wiederholt bemüht, Verhandlungen zu einer Übernahmevereinbarung aufzunehmen, ließ der Basler Konzern verlauten. Dazu sei Illumina nicht bereit gewesen. "Unsere Präferenz bleibt, eine gemeinsame Übernahmevereinbarung zu treffen", erklärte Roche-Konzernchef Severin Schwan. Illumina könne den Bereich Diagnostics von Roche stärken. Damit lasse sich die wachsende Nachfrage nach Genetik- und Genomik-Lösungen besser befriedigen.

Der Bayer-Konkurrent Novartis macht derzeit eine schwierige Phase durch, da umsatzstarke Arzneien wie das Bluthochdruck-Mittel Diovan® (Valsartan) ihren Patentschutz verlieren und billige Generika auf die Märkte gelangen.

Novartis profitiert von Alcon-Übernahme

Hinzu kommen Rückschläge bei neuen Medikamenten, wodurch der Konzern Abschreibungen von gut einer Milliarde Franken (827 Millionen Euro) schultern muss. Der Großteil hiervon wurde zum Jahresende verbucht, sodass das Ergebnis im letzten Quartal um 47 Prozent auf 1,21 Milliarden Dollar sank.

Beim Umsatz profitierten die Schweizer allerdings von der Übernahme des Augenmittelherstellers Alcon und neueren Medikamenten. Der Nettoumsatz stieg im Gesamtjahr um 16 Prozent auf 58,57 Milliarden Dollar.

Für das Jahr 2012 rechnet Novartis bei konstanten Wechselkursen mit einem Nettoumsatz auf dem Niveau von 2011. Von den seit 2007 eingeführten Produkten erwartet der Konzern weiter starke Zuwächse, die negative Effekte wie den Preisverfall wettmachen sollen.

Beim Basler Pharma- und Biochemiekonzern Lonza sank der Reingewinn nicht zuletzt wegen des starken Frankens um 46 Prozent auf 154 Millionen Franken (127 Millionen Euro). Den Umsatz konnte Lonza trotz der Übernahme der US-Gesellschaft Arch Chemicals lediglich um 0,4 Prozent auf 2,69 Milliarden Franken steigern. Als Konsequenz musste Konzernchef Stefan Borgas den Hut nehmen. Die operative Leitung übernimmt Verwaltungsratspräsident Rolf Soiron, wie Lonza mitteilte.

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