Hellas-Schuldenschnitt trifft Privatanleger

Hohe Depot- und Transaktionsgebühren können frühere Investments in Griechenland-Papiere zum Totalverlust werden lassen. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger bereitet jetzt eine Sammelklage vor.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Schuldenschnitt: Die Hälfte der Forderungen ist verloren.

Schuldenschnitt: Die Hälfte der Forderungen ist verloren.

© opelka/fotolia.com

NEU-ISENBURG. Privatanleger, die in griechische Staatsanleihen investiert haben, sind die größten Verlierer des Schuldenschnitts auf dem Peloponnes.

Der Zwangsumtausch in neue Papiere beschert ihnen sehr hohe Verluste.

Die Ursache dafür liegt in der Art des Schuldenschnitts.

"Für Privatanleger ist die technische Umsetzung nicht tragbar", sagt Daniel Bauer, Vorstandsmitglied der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Wie Banken und Hedgefonds müssen auch Privatanleger offiziell nur auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen gegen Athen verzichten.

Allerdings treiben hohe Depot- oder Verkaufsgebühren ihre Verluste massiv in die Höhe.

Pro ursprünglicher Anleihe im Nennwert von 1000 Euro haben Anleger 24 neue Papiere der griechischen Regierung und des Europäischen Rettungsschirms EFSF mit Laufzeiten von bis zu 30 Jahren im Nennwert von nur noch 465 Euro erhalten.

Während Banken ihre neuen Anleihen einfach selbst verwahren, können sich für private Anleger durch das doppelte Dutzend an neuen Papieren die Depotgebühren immens erhöhen.

Bei Banken und Sparkassen, die keine Pauschalgebühr bieten, können je nach Gebührenordnung die jährlichen Depotkosten von zuvor weniger als sechs Euro für ein Papier auf bis zu 140 Euro steigen.

Beim Verkauf der neuen Papiere drohen Verluste

Hingegen erzielt ein Anleger, der ursprünglich für 10 000 Euro Hellas-Anleihen erworben hatte, aus den Zinszahlungen der neuen Papiere bis 2015 pro Jahr nur 93 Euro. Erst in den Folgejahren steigen die Zinszahlungen um einige Euro an.

"Anleger, deren Bank Depotgebühren verlangt, die über der Rendite der neuen Papiere liegen, sollten das Institut wechseln", rät Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).

Zwar können Anleger die neuen Papiere verkaufen. Das geht allerdings nur mit hohen Verlusten. "Die neuen griechischen Anleihen werden derzeit an der Börse nur zu knapp 30 Prozent des neuen Nennwerts gehandelt", sagt Kurz.

Pro 1000 Euro, die ursprünglich in griechische Staatsanleihen investiert wurden, erhalten Anleger derzeit an der Börse nur noch 150 Euro für die ESFS-besicherten Papiere sowie etwa 75 Euro für die neuen griechischen Anleihen.

Verlust von 399 Euro

Insgesamt also nur 225 Euro. Hinzu kommen noch die Verkaufsgebühren. Die belaufen sich pro Anleiheart im Schnitt auf 26 Euro - mithin auf insgesamt 624 Euro. Ein Anleger, der vor Jahren eine griechische Anleihe im Nennwert von 1000 Euro erworben hatte, würde bei einem Verkauf der neuen Papiere somit 225 Euro erlösen.

Nach Abzug der Transaktionskosten verbliebe ihm jedoch ein Verlust von 399 Euro.

Waren ursprünglich 4000 Euro in griechische Anleihen investiert worden, bleibt zwar ein kleines Plus übrig, weil beim Verkauf mehrerer Anleihen derselben Art die Transaktionskosten nur geringfügig steigen. In diesem Fall beliefe sich der Verkaufserlös auf 900 Euro, wovon nach Abzug der Verkaufsgebühren von rund 630 Euro immerhin 270 Euro verblieben.

Gegenüber den ursprünglich investierten 4000 Euro zuzüglich der damaligen Kaufgebühren von 26 Euro würde dies jedoch auch einem stattlichen Verlust von 93,3 Prozent entsprechen.

Verluste können bei der Steuer angegeben werden

Privatanleger können ihre Verluste aus dem Schuldenschnitt mit früheren oder künftigen Gewinnen aus Kapitalanlagen verrechnen, sagt ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. "Die Finanzämter werden den Umtausch der Anleihen steuerlich als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgang behandeln." Auch die Depot- oder Verkaufsgebühren können steuerlich geltend gemacht werden.

Die SdK bereitet nach eigenen Angaben eine Klage für Privatanleger gegen den Zwangsumtausch der Hellas-Anleihen vor. "Die nachträgliche Einführung der Zwangsumtauschklausel verstößt gegen EU-Recht", sagt Vorstandsmitglied Bauer.

Die DSW hingegen will zunächst prüfen, ob ein solcher Schritt überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hat. "Wir untersuchen, ob und welche Optionen es für betroffene Anleger gibt", sagt Sprecher Kurz. Diese Prüfungen werden voraussichtlich einige Monate dauern.

Betroffene Anleger sollten mit ihrem Bank- und Steuerberater besprechen, ob sie die neuen Hellas-Papiere behalten oder verkauf sollten, sagt Kurz. Anleger, die eine Klage gegen den Umtausch erwägen, sollten mit der Veräußerung jedoch warten.

Kurz: "Wegen des komplizierten griechischen Rechts lässt sich derzeit nicht sagen, ob Anleger nach einem Verkauf der Papiere noch ein Klagerecht haben oder nicht."

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