Gastbeitrag
Finanzamt schielt auf gemeinsame Konten
Haben Eheleute gemeinsame Konten, auf die der eine Partner größere Summen einzahlt und der andere darauf zugreifen kann, so droht Gefahr: Der Fiskus deutet das gerne als Schenkung und möchte seinen Anteil.
Veröffentlicht:UNNA. Der Fiskus lässt keine Möglichkeit ungenutzt, das bundesdeutsche Steueraufkommen zu "optimieren". Wie anders soll man das nachfolgend geschilderte Verhalten der Steuerbehörden sonst verstehen?
In einer Ehe verdient jeder Partner sein eigenes Geld. Jedem bleibt überlassen, wie er sein Verdientes verwendet. Oft unterhalten Ehegatten aus pragmatischen Gründen ein gemeinsames Konto - im Sprachgebrauch der Banken auch Oder-Konto genannt.
Über dieses Konto haben beide Kontovollmacht. Ein Ehegatte oder auch beide nehmen Einzahlungen vor, bestreiten davon ihre Ausgaben und heben Gelder in bar ab. Soweit die jeweiligen Ein- und Auszahlungen ausgewogen sind, ist alles in Ordnung.
Wird das Konto aber ausschließlich oder im Wesentlichen von einem Partner gespeist, während der Andere sich nicht nur bedient, sondern damit auch eigenes Vermögen ansammelt, winkt die Steuerpflicht. Warum?
Die Ehefrau machte kaum Gebrauch von dem Konto
Dem Urteilsfall, den der Bundesfinanzhof in dem erst jetzt veröffentlichten Urteil aus November letzten Jahres zu entscheiden hatte (Az.: II R 33/10), lag folgender Sachverhalt zugrunde. Beide Ehegatten verfügten über ein Oder-Konto und ein Oder-Depot.
Der Ehemann tätigte über das Depot größere Wertpapiergeschäfte in siebenstelliger Höhe, speiste mit den Spekulationsgewinnen das Oder-Konto und bestritt davon auch die zu zahlenden Einkommensteuern.
Die Ehefrau hatte Kontovollmacht über sowohl das gemeinsame Konto als auch das Depot, machte aber keinen nennenswerten Gebrauch davon. Unabhängig davon unterstellte das Finanzamt, dass ihr die Hälfte des Vermögens auf den Konten gehöre.
Allein die Möglichkeit, darüber zu verfügen, reiche für die Annahme einer freigebigen Zuwendung aus. Diese Zuwendung sei auch, soweit sie die Freibeträge übersteige, steuerpflichtig.
Obwohl die Ehegatten eine Vereinbarung vorlegten, wonach beide darüber einig sind, dass Spekulationsgewinne, Veräußerungserlöse und Zinsen ausschließlich dem Ehemann zustehen, eine Schenkung zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen sei, erließ das Finanzamt einen Schenkungsteuerbescheid.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Erst der Bundesfinanzhof hob die Vorentscheidungen auf, gab den Finanzbehörden Nachhilfe in der Gesetzesauslegung und weitere Hausaufgaben auf.
Hilfreich ist eine schriftliche Vereinbarung der Eheleute
Eine Schenkung sei eine freigebige Zuwendung, der Beschenkte müsse tatsächlich und rechtlich frei verfügen können. Kriterien für die Beurteilung seien die tatsächliche Handhabung beziehungsweise interne Vereinbarungen.
Greift der nicht einzahlende Ehegatte häufiger auf das Guthaben zu, um eigenes Vermögen zu schaffen, ist das ein Indiz dafür, dass er an dem Gesamtguthaben tatsächlich zur Hälfte beteiligt ist.
In diesem Fall ist der Tatbestand der freigebigen Zuwendung verwirklicht und vom Grundsatz her Schenkungssteuer fällig.
Ist jedoch, wie im Urteilsfall, einvernehmlich auch schriftlich geregelt, dass eine Bereicherung der Ehefrau zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, spricht dieser Umstand gegen eine Schenkung. Auch die tatsächliche Handhabe lässt keine anderslautende Schlussfolgerung zu.
Damit treffen Finanzamt und Finanzgericht die Feststellungslast, den Bundesfinanzhof vom Gegenteil zu überzeugen - und das dürfte im vorliegenden Fall kaum möglich sein.
Den Finanzbehörden schmeckt dieses Urteil ganz offensichtlich überhaupt nicht, denn sie haben sich immerhin fast 5 Monate Zeit gelassen, es zu veröffentlichen.
Zur Person: Dagmar Kayser-Passmann ist Diplom-Finanzwirtin und Steuerberaterin in Unna sowie Geschäftsführerin des Steuerberaterverbundes metax.