Anlagen-Kolumne

Ist der Rettungsfonds ESM eine Fehlentscheidung?

Im Kreuzfeuer der Kritik steht derzeit der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM), der die Liquidität der Euro-Staaten sichern soll. Und das nicht nur, weil für die Haftung jegliche Obergrenze fehlt.

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Der Inhalt des Vertrags zur Gründung des Rettungsfonds EMS (Europäischer Stabilitätsmechanismus), der die Zahlungsfähigkeit der Staaten in der Eurozone sichern soll, ist brisant. Professor Dr. Stefan Homburg von der Leibniz Universität Hannover, der die Klägerseite bei der aktuellen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe berät, hat den Vertrag analysiert. In dem im Juli erschienen Beitrag "Retten ohne Ende" erläuterte er Details:

Für die Haftung gibt es keine Obergrenze, auch wenn die Bundesregierung das gebetsmühlenartig wiederholt.

Der ESM braucht keine Banklizenz, um sich zu hebeln, auch wenn darüber seit Wochen diskutiert wird.

Die gemeinschaftliche Haftung der Mitgliedsstaaten für die vom ESM begebenen Anleihen hat laut Homburg den gleichen Effekt wie "Euro-Bonds". Die Bundeskanzlerin kann also weiterhin zu ihrer Aussage stehen: "Keine Euro-Bonds, solange ich lebe".

Banken könnten direkt finanziert werden, da die Instrumente des ESM ohne Vertragsänderung beschlossen werden können.

Beschlüsse des Gouverneursrats sind völkerrechtlich wirksam, auch dann, wenn das Parlament anderer Meinung sein sollte. Damit wird das Haushaltsrecht des Bundestags als Kern des Demokratieprinzips verletzt.

Änderungen dürften Verabschiedung des Vertrages verzögern

Professor Homburg verweist auch auf die Möglichkeit für Dringlichkeitsbeschlüsse, womit Entscheidungen ohne Beratung und Beschlussfassung des Bundestages gefällt werden könnten.

Mit dem ESM, der als dauerhafte internationale Finanzinstitution mit Sitz in Luxemburg eingerichtet werden soll, wird außerdem ein "rechtsfreier" Raum geschaffen, in dem gigantische Summen geheim an einzelne Banken und Staaten gezahlt werden.

Aufgrund der vertraglich festgelegten unbegrenzten Geheimhaltungspflicht und Immunität der ESM-Mitglieder sind alle Tätigkeiten einer gerichtlichen oder gesetzlichen externen Kontrolle entzogen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich das Bundesverfassungsgericht mindestens für Änderungen an dem Vertrag einsetzt, denn solange die Unterschiede der Mitgliedsstaaten so gravierend sind, sollte das Haushaltsrecht nicht leichtfertig geopfert werden.

Änderungen dürften aber die Verabschiedung des Vertrages erheblich verzögern und könnten für erneute Turbulenzen am Aktien- und Anleihemarkt sorgen. Vor allem, weil das Rückschlagspotenzial inzwischen wieder gestiegen ist.

Dies lässt sich derzeit an der Sorglosigkeit der Anleger, gemessen an Umfragen und zum Beispiel an der niedrigen Volatilität ablesen.

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