Versorgungswerke

Hohe Nachzahlungen drohen

Ein BSG-Urteil zeigt erst jetzt seine Wirkung: Ärzte müssen sich nach dem Wechsel ihrer Tätigkeit erneut von der Rentenversicherung befreien lassen. Wer das vergisst, den könnte eine üppige Nachzahlung treffen.

Von Heike Jablonsky Veröffentlicht:
Sorgenfrei im Alter: Das gelingt nur bei regelmäßiger Vorsorge. Bei der Einzahlung der Beiträge ist allerdings gerade bei angestellten Ärzten oder Apothekern einiges zu beachten, welches Geld in welchen Topf fließen darf.

Sorgenfrei im Alter: Das gelingt nur bei regelmäßiger Vorsorge. Bei der Einzahlung der Beiträge ist allerdings gerade bei angestellten Ärzten oder Apothekern einiges zu beachten, welches Geld in welchen Topf fließen darf.

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Die Bedeutung dieser Entscheidung ist vielen Arbeitgebern noch nicht ins Bewusstsein gerückt, aber sie ist kaum hoch genug einzuschätzen: Mit Grundsatzurteil vom 31. Oktober 2012 (Az.: B 12 R 3/11 R) hat das Bundessozialgericht seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben.

In strenger Auslegung am Gesetzestext haben die Richter entschieden, dass jede Entscheidung über die Befreiung eines Pflichtmitgliedes eines Versorgungswerkes von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für eine ganz konkrete Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber oder für eine tatsächlich ausgeübte selbstständige Tätigkeit gilt.

Die konkrete Beschäftigung wird durch den jeweiligen Arbeitgeber, bei dem das Pflichtmitglied angestellt war oder ist, definiert. Wird diese Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit aufgegeben, endet die Befreiung, zumindest vorläufig.

Dies hat erhebliche Auswirkungen für Ärzte, Zahnärzte, Krankenhausärzte und Apotheker. Anders als bisher muss nun bei jedem Arbeitsplatzwechsel - und unter Umständen selbst bei einer Beförderung - ein neuer Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenkasse gestellt werden.

Nachzahlung trifft Arbeitgeber

In der Vergangenheit wurde ein Tätigkeitswechsel in der Regel nicht angezeigt. Man hatte darauf vertraut, dass berufsspezifische ärztliche Tätigkeiten - und dasselbe gilt für angestellte Apotheker - weiterhin von der Befreiung umfasst sind.

Dies sah das Bundessozialgericht jedoch anders. Bei dem von ihm zu entscheidenden Sachverhalt ging es um einen Arzt im Praktikum, der aufgrund seiner Pflichtmitgliedschaft bei der Ärzteversorgung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen war.

Nach einem Wechsel in die pharmazeutische Industrie arbeitete er dort als Medical Manager, ohne sich erneut von der Versicherungspflicht befreien zu lassen.

Die gesetzliche Rentenversicherung forderte im Rahmen einer Betriebsprüfung eine Nachzahlung in Höhe von rund 40.000 Euro. Grundsätzlich zu Recht, so das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung.

Was bedeutet dies für die Praxis? Um hohe Nachforderungen durch die gesetzliche Rentenversicherung an den Arbeitgeber zu vermeiden, müssen Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke bei jedem Arbeitsplatzwechsel und bei jeder wesentlichen Änderung des Tätigkeitsfeldes einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung stellen.

Zwischendurch fließen Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung

Bis dieser Antrag beschieden worden ist, muss in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden. Bislang ist noch ungeklärt, ob eine Rückzahlung dieser Beträge oder eine Überführung in die berufsständischen Versorgungswerke erfolgt.

Wird die Anzeige bei der gesetzlichen Rentenversicherung auf Befreiung innerhalb von drei Monaten ab Beginn der neuen Tätigkeit oder ab Wechsel des Tätigkeitsfeldes vorgenommen, hat die Befreiung Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Aufnahme der neuen Tätigkeit beziehungsweise des Wechsels des Betätigungsfeldes. Wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Befreiung frühestens ab Antragstellung.

Zu berücksichtigen ist, dass Nachzahlungen sofort fällig werden und Nachforderungen sich auch auf Altfälle beziehen können.

Für niedergelassene Ärzte oder Versorgungszentren, die Ärzte anstellen, sollte eine Befreiung bei Neueinstellungen letztlich problemlos sein. Dennoch sollte der Antrag nicht auf die lange Bank geschoben werden, damit es später nicht zu einer bösen Überraschung kommt.

Zur Person: Heike Jablonsky ist Fachanwältin für Arbeits- und Medizinrecht in Celle, www.ra-jablonsky.de

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