Krim-Krise

Gazprom & Co. locken mit Ramschpreisen

Die Krim-Krise schickt auch die Aktienkurse russischer Unternehmen auf Talfahrt. Einige Börsenstrategen sehen darin eine Chancen für langfristig orientierte Anleger.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Gazprom-Headquarter in Moskau: Der russische Energieriese büßt derzeit an der Börse für Putins Politik auf der Krim.

Gazprom-Headquarter in Moskau: Der russische Energieriese büßt derzeit an der Börse für Putins Politik auf der Krim.

© gazprom

NEU-ISENBURG. Investoren an der Moskauer Börse kam die Annexion der Krim teuer zu stehen: Um 20 Prozent brach der russische Aktienindex RTS ein, nachdem Staatspräsident Wladimir Putin die Halbinsel der Ukraine entrissen hatte.

Noch heftiger traf es die Kurse der auch an deutschen, britischen und amerikanischen Börsen gehandelten Titel russischer Energiekonzerne: Die Aktien des Ölförderers Rosneft und des Erdgasgiganten Gazprom verloren in der Spitze fast ein Viertel ihres Werts.

Investoren aus Europa und den USA waren massiv aus russischen Papieren geflüchtet. Sie fürchteten, ein Boykott Westeuropas würde die Gewinne der Unternehmen massiv einbrechen lassen.

Die Ratingagentur Moody's warnte, die Bonität von Gazprom und Rosneft könnte herabgestuft werden. Beide Gesellschaften liefern erhebliche Mengen ihrer Gas- und Ölförderungen nach Deutschland, Österreich und in die Benelux-Staaten.

Börsenguru rät zum Einstieg

Doch einige Starinvestoren teilen den düsteren Ausblick keineswegs. Denn es würde Jahre dauern, bis Westeuropa seine Gas- und Ölimporte aus Russland durch andere Lieferanten ersetzen können. Der US-Börsenguru Jim Rogers, der den Börsenboom in den Emerging Markets und die Finanzkrise von 2008 richtig vorhergesehen hatte, rät jetzt zum Einstieg in russische Aktien.

"Die Moskauer Börse ist derzeit eine der unbeliebtesten der Welt, aber auch eine der preiswertesten", sagt der Hedge-Fonds-Manager. "Nun ist ein günstiger Zeitpunkt, um in russische Titel zu investieren."

Dieser Ansicht ist auch Mebane Faber, Chefstratege der US-Investmentgesellschaft Cambria. "Russische Aktien sind 74 Prozent billiger als amerikanische Papiere." Während in den USA Aktien derzeit im Schnitt zum 25fachen des Jahresgewinns gehandelt würden, betrage der Durchschnittspreis der Papiere im Putin-Reich nur das 6,5fache. Die Differenz gilt auch für die ohnehin preiswerteren Öl- und Gaswerte.

"Verunsicherung am Ablaufen"

In den USA und Westeuropa notieren Papiere von Ölkonzernen wie Chevron und Total zum Zehnfachen des Jahresgewinns. Hingegen kostet die Rosneft-Aktie derzeit nur das Fünffache, das Gazprom-Papier gar nur das 2,7-Fache des Jahresertrags.

Auch Yakov Arnopolin, Fondsmanager bei der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs, hält die Kursverluste für übertrieben. Die Krise werde zwar kurzfristig die Konjunktur in Russland dämpfen, erläutert Arnopolin. "Aber dies bei weitem nicht so stark, wie die derzeitigen Marktreaktionen nahelegen."

Dieser Meinung haben sich jetzt offenkundig auch einige Investoren angeschlossen. Vergangene Woche stiegen Hedge Fonds aus Europa und den USA wieder in russische Papiere ein und trieben deren Kurse in die Höhe. Das Gazprom-Papier gewann rund zehn Prozent, die Rosneft-Aktie notierte sieben Prozent über dem Tiefststand seit Beginn der Krim-Krise.

Der Aktienkurs des Einzelhandelskonzerns Magnit - mit 5500 Supermärkten und fast 500 Drogeriemärkten einer der größten Anbieter im Land - erreichte sogar wieder die Notierung vor Beginn der Krim-Annexion.

"Offensichtlich ist die Verunsicherung durch die Krise am Abflauen", sagt Michael Beck, Leiter Portfolio Management bei der Stuttgarter Privatbank Ellwanger & Geiger.

Erinnerung an 2008

Einige Beobachter erinnert die gegenwärtige Situation an die Kaukasus-Krise Anfang August 2008. Damals waren russische Truppen in Georgien einmarschiert, nachdem die georgische Armee die autonome Region Südossetien besetzen wollte.

Die Angst vor einem Boykott durch Westeuropa ließ auch damals die Kurse an der Moskauer Börse massiv einbrechen - doch schon einen Monat später waren die Verluste wettgemacht.

Die eigentliche Krise kam erst danach: Mitte September des gleichen Jahres ging die US-Investmentbank Lehman Brothers insolvent. Die darauf folgende globale Finanzkrise schickte weltweit die Börsen auf Talfahrt.

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