Umsatzsteuer-Telefonaktion

Alle Fragen - alle Antworten

Ernährungsberatung und Primärprävention, klinische Studien, Akupunktur u.v.m: Bei der Telefonaktion von "Ärzte Zeitung" und der Steuerberatungsgesellschaft ETL Advision wurde deutlich, wie weit das Thema Umsatzsteuer auf ärztliche Leistungen reicht. Hier alle Fragen - und die Antworten der Steuerexperten.

Veröffentlicht:
Viel gefragt bei der Telefonaktion der "Ärzte Zeitung" zusammen mit der Steuerberatergruppe ETL-Advision zum Thema Umsatzsteuer: Steuerberater Marco Kranz und Ralf Niewald sowie Allgemeinarzt Dr. Dr. Peter Schlüter (vorne von links). Hinten die Steuerberater Frank Gäckler und Nils Strauß (v.l.n.r.).

Viel gefragt bei der Telefonaktion der "Ärzte Zeitung" zusammen mit der Steuerberatergruppe ETL-Advision zum Thema Umsatzsteuer: Steuerberater Marco Kranz und Ralf Niewald sowie Allgemeinarzt Dr. Dr. Peter Schlüter (vorne von links). Hinten die Steuerberater Frank Gäckler und Nils Strauß (v.l.n.r.).

© Michaela Illian

Ich bin Anästhesistin und arbeite gelegentlich auch bei Schönheitsoperationen mit. Sind meine Leistungen in diesem Fall als medizinische Auftragsleistung umsatzsteuerfrei?

Ralf Niewald: Ihre Leistungen sind grundsätzlich nur dann umsatzsteuerfrei, wenn die zugrunde liegenden Operationen medizinisch indiziert sind. Bei Schönheitsoperationen ist das in der Regel nicht der Fall, Sie müssten dafür also ebenfalls Umsatzsteuer abführen.

Die Röntgenabteilung unserer Klinik führt für arbeitsmedizinische Einrichtungen Röntgenleistungen durch. Die Untersuchung der Personen erfolgt als arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung, die Rechnungslegung erfolgt nach GOÄ Nr. 5135. Nach meinen Recherchen wird für diese Leistung nach Paragraf 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz keine Umsatzsteuer fällig. Wie sehen Sie die Sache?

Ralf Niewald: Zunächst ist entscheidend: Unterliegen die Umsätze der arbeitsmedizinischen Einrichtung der Umsatzsteuer? Wenn nein, dann unterliegen die dazu gekauften Leistungen der Klinik (Röntgen) auch nicht der Umsatzsteuer. Die Argumentation ist dabei ähnlich wie bei Anästhesisten. Die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind in der Regel umsatzsteuerfrei, da es sich hierbei um Untersuchungen handelt, die der Gesunderhaltung der Mitarbeiter bei besonders gefährdeten Berufen dient.

Ich empfehle Ihnen, sich bei der Beauftragung der Untersuchungen von dem gesundheitsmedizinischen Dienst bestätigen zu lassen, dass dessen arbeitsmedizinische Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit ist. Achten Sie dabei aber auf die Ausnahmen: Wenn Personen geschickt werden, über deren Einstellung mittels der Untersuchungen entschieden werden soll, wird das Ganze umsatzsteuerpflichtig. Daher klären Sie am Besten grundsätzlich, ob solche Patienten auch geschickt werden, und, wenn ja, bitten Sie den arbeitsmedizinischen Dienst, ihnen bei jedem Patienten die entsprechende Information mitzugeben.

Ich bin seit einigen Monaten als selbstständige Arbeitsmedizinerin tätig. Welche Tipps können Sie mir zur korrekten Rechnungsstellung geben? Streng genommen betreibt ein Arbeitsmediziner ja keine therapeutischen Leistungen am Mitarbeiter/Kunden, sondern fast ausschließlich diagnostische und präventive, dazu die Beratungen / Begehungen etc. im Betrieb.

Marco Kranz: Der Bundesfinanzhof hat entschieden (Urteil vom 13.07.2006, Az.: V R 7/05), dass betriebsärztliche Leistungen, die ein Unternehmer gegenüber einem Arbeitgeber erbringt und die darin bestehen, die Arbeitnehmer zu untersuchen, arbeitsmedizinisch zu beurteilen und zu beraten sowie die Untersuchungsergebnisse zu erfassen und auszuwerten, umsatzsteuerfrei sind (gemäß Paragraf 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz). Das gilt jedenfalls, so weit die Leistungen nicht auf Einstellungsuntersuchungen entfallen.

Die Umsatzsteuerfreiheit dieser Leistungen scheitert nach Auffassung des BFH nicht daran, dass die arbeitsmedizinischen Leistungen unstreitig keinen therapeutischen Zwecken dienen. Somit sind lediglich die Einstellungsuntersuchungen als umsatzsteuerpflichtige Leistung einzustufen.

Ich bin Angiologin in München und habe eine Frage zur Verödung von Besenreiservarizen. Besenreiser gehören ja nach der Klassifizierung zu den Erkrankungen. Ihre Verödung bzw. Behandlung ist aus diesem Grunde nicht als rein kosmetische Aktion zu sehen. Damit dürfte diese Leistung nicht der Umsatzsteuer unterliegen?

Dr. Peter Schlüter: Durch die Einschätzung bzw. Klassifizierung der Besenreiservaricosis ist die Behandlung derselben als Leistung mit einer medizinisch-therapeutischen Zielsetzung zu sehen. Das bedeutet: keine Umsatzsteuerpflicht. Da es hier aber durchaus eine Grauzone gibt hin zu rein kosmetisch störenden winzigen Besenreisern, ist die entsprechende kurze Dokumentation in der Patientenakte zu empfehlen (z.B.: krankhaft veränderte Besenreiservarizen; Besenreiser mit medizinischer Indikation zur Entfernung).

Sind Operationen, die nur aus kosmetischen Gründen nachgefragt werden, zum Beispiel Mammaaugmentationsplastik, operative Gesichtsstraffung usw. umsatzsteuerpflichtig?

Dr. Peter Schlüter:Letztlich ist es bei der Umsatzsteuerpflicht von Operationen immer wieder dieselbe Frage: die nach der medizinischen Indikation. Rein kosmetische Operationen haben keine medizinische Indikation, sind also steuerpflichtig.

Ich bin ein umsatzsteuerpflichtiger Hausarzt. Immer wieder tritt bei mir das Problem auf, dass das Versorgungsamt meine Rechnungen für Befundberichte zum Grad der Behinderung eines Patienten willkürlich kürzt.

Nils Strauss: Die Versorgungsämter zahlen in der Regel einheitlich nach den Vorgaben des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG). Ärzte, die umsatzsteuerpflichtig sind, weil sie nicht unter die Kleinunternehmerregelung fallen, sind dann benachteiligt, weil sie die Steuer nicht weitergeben können. Sie werden damit willkürlich gekürzt. Dass dies aber rechtens ist, hat vor einiger Zeit das Bundessozialgericht entschieden. Finanzämter wiederum dürfen von Ihnen für Befundberichte Umsatzsteuer einziehen, wobei nicht alle Finanzämter so vorgehen. Sie tun also letztlich gut daran, wenn Sie für die Zahlung der Umsatzsteuer Rückstellungen bilden.

Wenn ich im Rahmen eine Berufsausübungsgemeinschaft für Einkünfte umsatzsteuerpfichtig bin (gemeinsamer Briefkopf auf dem Gutachten – Rechnung auf Gemeinschaftspraxiskonto): Bin ich es dann auch als Einzelperson, zum Beispiel bei Vorträgen mit Honorar auf mein privates Konto?

Marco Kranz: Nein, Sie führen nicht automatisch als Einzelperson umsatzsteuerpflichtige Leistungen aus, nur weil die BAG umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausführt. Umsatzsteuerlich betrachtet handelt es sich hierbei um zwei unterschiedliche Unternehmer, die BAG auf der einen Seite und Sie als Einzelperson auf der anderen.

Tätowierungen sind heute Top, später Flop. Die Entfernung der Tattoos ist am besten mit gepulstem Farbstofflaser vorzunehmen, was recht kostspielig ist. Ist auf diese Leistung Umsatzsteuer fällig?

Dr. Peter Schlüter: Hier ist es ganz eindeutig eine kosmetische, keine medizinische Indikation, also auf diese Leistung fällt Umsatzsteuer an, egal, welches Verfahren zur Entfernung der Tätowierung Sie wählen.

Sind Seminare zu Reanimationsmaßnahmen für Ärzte und ärztliches Personal umsatzsteuerpflichtig? Und wie sieht es bei Gutachten aufgrund von Anfragen von Versicherungen zu den Folgen von Autounfällen aus? Meine Einnahmen in diesen Bereichen belaufen sich auf rund 2000 Euro jährlich?

Nils Strauss: Beide Leistungen sind dem Grunde nach umsatzsteuerpflichtig. Wenn Sie aber noch als Kleinunternehmer gelten – bei 2000 Euro ist das in der Regel so –, müssen Sie aber keine Umsatzsteuer abführen. Beachten Sie jedoch, dass Sie auch privat erzielte Einnahmen, die umsatzsteuerpflichtig sind, mit berücksichtigen. Sonst reißen Sie unwissend die Kleinunternehmergrenze und müssen nach einer Betriebsprüfung plötzlich für mehrere Jahre Steuern nachzahlen.

Gibt es Fälle, in denen umsatzsteuerpflichtige Leistungen die umsatzsteuerfreien infizieren?

Nils Strauss: Nein. Eine solche „Infektion“ der Einnahmen gibt es nur bei der Gewerbesteuer.

Ich gründe in Berlin gerade einen zweiten Praxisstandort als reine kardiologische Privatpraxis. Dort will ich auch Ernährungsberatung anbieten. Was ist dabei in Sachen Umsatzsteuerpflicht zu beachten?

Nils Strauss: Wann Umsatzsteuer bei Ernährungsberatung fällig wird, sehen Sie am besten anhand eines Beispiel: Eine individuelle Ernährungsberatung eines Ökotrophologen in der Praxis ist umsatzsteuerfrei. Ein Seminar für einen vorher individuell Behandelten ist ebenfalls umsatzsteuerfrei.

Umsatzsteuerpflichtig ist dieselbe Beratung allerdings für einen nicht vorher individuell behandelten Patienten, das heißt, wenn vorher keine medizinische Indikation gestellt werden konnte. Fallen Sie noch unter die Kleinunternehmerregel (weniger als 17 500 Euro mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz im vergangenen Jahr, unter 50 000 Euro Umsatz im laufenden Jahr), müssen Sie auch bei grundsätzlich steuerpflichtigen Leistungen keine Umsatzsteuer abführen.

Beachten Sie aber: Wenn Sie als Privatperson umsatzsteuerpflichtiges Einkommen erzielen, etwa durch Vermietungen oder durch eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, dann müssen diese Einnahmen zu denen aus der Praxis hinzuaddiert werden. Das kann dazu führen, dass Sie über die Grenze der Kleinunternehmerregel kommen.

Wie gehe ich eigentlich in der Dokumentation vor, damit ein Betriebsprüfer die Entscheidungen, eine Leistung umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei anzubieten, nachvollziehen kann?

Dr. Peter Schlüter: Die Entscheidung, ob es sich um eine Leistung mit entsprechender medizinischer Zielsetzung handelt, liegt bei Ihnen: Folgen Sie einer medizinisch-therapeutischen beziehungsweise einer medizinisch-diagnostischen Zielsetzung oder nicht? Diese Entscheidung müssen Sie dann auch dokumentieren. Die Dokumentation beziehungsweise die Entscheidung als solche hat jedoch nicht auf der Rechnung stattzufinden, sondern in der Krankenakte. Jede medizinische Leistung eines Arztes ist, sofern kein anderer Kostenträger verantwortlich ist, nach GOÄ zu berechnen.

Die Angaben auf einer ordnungsgemäß nach GOÄ erstellten Rechnung ergeben sich aus Paragraf 12 der GOÄ. Die Befreiung von der Umsatzsteuer muss nicht gesondert auf der Rechnung vermerkt werden. Auf jeden Fall ist auf einer Rechnung mit umsatzsteuerpflichtigen Leistungen die Umsatzsteuer auszuweisen. In diesem Falle wäre der Patient auch vorab darüber zu informieren. Auch die Umsatzsteueridentifikationsnummer muss auf der Rechnung, am besten oben im Kopf oder am Fuß der Rechnung notiert sein.

Welche Regelung gilt bei präventiven Untersuchungen auf Wunsch des Patienten, die außerhalb der Leistungspflicht der GKV und ohne Verdacht auf das Vorliegen einer Erkrankung erbracht werden; Beispiele: sonografische Abklärungen, Gefäßcheck, präventive Tonometrie der Augen, PSA-Bestimmungen usw.?

Dr. Peter Schlüter: Präventive diagnostische Leistungen zielen im Grunde immer darauf, eine mögliche Erkrankung frühzeitig zu erkennen, bzw. deren auslösende Faktoren gegebenenfalls frühzeitig zu erkennen, ohne dass wirklich schon die entsprechende Erkrankung vorliegt. Damit sind präventive diagnostische Leistungen immer als medizinisch indizierte Leistungen anzusehen und damit umsatzsteuerfrei.

Beispiel PSA-Bestimmung: Die zielt auf eine mögliche Früherkennung eines Prostata-Karzinoms oder aber auch auf ein Rezidiv. Die sonografische Untersuchung mag vielleicht im Einzelfall übertrieben und auch zu oft gewünscht sein. Sie zielt aber auf die (Früh-)Erkennung einer Krankheit oder krankhaften Veränderung – auch wenn eine solche Untersuchung lediglich der psychischen Beruhigung des Betroffenen dient. Für die Tonometrie gilt dasselbe, wie auch für den Gefäßcheck.

Generell gilt, dass Paragraf 12 SGB V (Leistungen müssen ausreichend, notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich sein) nicht die Grundlage ist, auf der die Entscheidung „Umsatzsteuerpflicht ja oder nein?“ zu treffen ist. Grundlage ist vielmehr die medizinische Zielrichtung. Es muss sich um eine Leistung handeln, die einen diagnostischen und/oder einen therapeutischen Zweck verfolgt.

Wenn das zutrifft, dann ist eine ärztliche Leistung umsatzsteuerfrei. Es ist Ärzten bei Leistungen, die an der Grenze zur Steuerpflicht stehen, zu empfehlen, die medizinische Zielsetzung kurz in der Krankenakte zu dokumentieren.

Für den MDK Berlin erledige ich auf Honorarbasis Stellungnahmen zur Beurteilung der Rehabilitationsfähigkeit von Patienten, die aktuell stationär im Krankenhaus wegen einer akuten Erkrankung behandelt werden. Die Frage der Umsatzsteuerpflicht ist mir unklar – leider auch meinem Steuerberater.

Marco Kranz: Umsätze im Zusammenhang mit der Erstellung von Gutachten sind umsatzsteuerfrei, wenn das Hauptziel in dem Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit zu sehen ist. Entscheidend für die Umsatzsteuerbefreiung ist hier die therapeutische Zielsetzung. Umsatzsteuerpflichtige Leistungen liegen dagegen vor, wenn das Gutachten der Entscheidungsfindung eines Dritten dient, die gegenüber dem Betroffenen oder anderen Personen Rechtswirkung erzeugt. Daher ist die Erstellung eines ärztlichen Gutachtens zum voraussichtlichen Erfolg von Rehamaßnahmen im Rahmen eines Renten- oder Invaliditätsverfahrens eine umsatzsteuerpflichtige Leistung.

Die Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung der persönlichen Voraussetzungen für eine medizinische Rehamaßnahme, auch wenn der Patient im Ergebnis nicht rehabilitierbar ist, ist umsatzsteuerfrei.

Sind Stellungnahmen für das Versorgungsamt umsatzsteuerpflichtig?

Marco Kranz: Es gilt das gleiche wie bei der Erstellung von Gutachten zur Rehabilitationsfähigkeit: Leistungen eines Arztes für die Erstellung eines Gutachtens sind umsatzsteuerbefreit, sofern der Gegenstand des Gutachtens in unmittelbarem Zusammenhang mit einer heilberuflichen Behandlung steht.

Wir sind eine Dreier-BAG und haben uns auf Reisemedizin spezialisiert. Eine Kollegin ist auf Gelbfieber-Impfungen spezialisiert. Für diese Impfung muss der Impfstoff durch die Praxis bestellt und bezogen werden. Offensichtlich gibt es bei diesem Impfstoff aber häufig Lieferengpässe. Deshalb bestellt die Praxis das Serum in größtmöglichen Mengen. Schnell kommen da auch einmal 50-60 Impfdosen zusammen. Werden wir damit umsatzsteuerpflichtig – und möglicherweise sogar gewerbesteuerpflichtig? Unsere Steuerberaterin äußerte diesbezüglich Bedenken.

Ralf Niewald: Der geschilderte Sachverhalt ist unter zwei Blickwinkeln zu betrachten: dem berufsrechtlichen und dem steuerrechtlichen; in letzterem ist noch einmal zwischen Umsatzsteuer und Gewerbesteuer zu differenzieren. Doch von vorne.

Ärzte sollen nach Vorstellung des Gesetzgebers am Arzneimitteleinkauf nicht verdienen. Sie verdienen an der ärztlichen Dienstleistung. Das heißt, Ärzte geben für berechnungsfähige Materialien und Arzneimittel nur die ihnen entstandenen Kosten – nach § 10 GOÄ – an ihre Patienten weiter. Gewährte Rabatte – in welcher Form auch immer sie dem Arzt eingeräumt wurden, – müssen berücksichtigt werden und mindern den Einkaufspreis.

Naturalrabatte sind davon nicht ausgenommen, sodass unter deren Einbeziehung der Durchschnittspreis beispielsweise der einzelnen Impfdosis gebildet werden muss. Der empfohlene Herstellerpreis darf also nur dann weiterberechnet werden, wenn die Arzneimittel auch zu diesem Preis eingekauft wurden. Nach Meinung der Rechtsexperten haben Ärzte berufsrechtlich nun zwei Möglichkeiten:

1) Die preisgünstigen und die teuren Arzneimittel können in der Lagerhaltung getrennt werden. Nach der GOÄ werden dann die Kosten berechnet, die dem jeweiligen unterschiedlichen Einkaufspreis der einzelnen Arzneimittel entsprechen.

2) Nach Sinn und Zweck der GOÄ und dem sich aus dem Behandlungsvertrag ergebenden Grundsatz, die Kosten der Patienten so niedrig wie möglich zu halten, ist es auch gerechtfertigt, wenn der Arzt preisgünstige und teure gleiche Arzneien zusammen lagert und den Patienten den Durchschnittspreis berechnet.

Beide Möglichkeiten sollten dazu führen, dass der Arzt nur die ihm entstandenen Kosten – siehe § 10 GOÄ – an seine Patienten weiterberechnet und an der Impfdosis nicht mitverdient, ergo berufsrechtlich auf der sicheren Seite ist.

Steuerrechtlich müssen wir jetzt zwischen der umsatzsteuerlichen Betrachtung und der gewerbesteuerlichen Betrachtung unterscheiden.

Umsatzsteuerlich ist nach derzeitigem Diskussionsstand die medizinische Indikation ausschlaggebend. Man kann folglich zwei verschiedene Leistungen betrachten. Einmal die Reiseberatung die mit den GOÄ-Ziffern 3 und 34 abgerechnet werden kann. Die ist in der Regel nicht indikationsbezogen und führt daher zu umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen. Die dann folgende Reiseimpfberatung (Impfung) könnte mit den GOÄ-Ziffern 1 und 6 (oder 7) und 375 abgerechnet werden. Sie ist indikationsbezogen und führt, bei entsprechender Dokumentation, zu umsatzsteuerfreien Einnahmen. Das Impfmaterial wird unmittelbar im Zusammenhang mit dieser medizinisch indizierten Heilbehandlung stehen und gilt dann, weil Nebenleistung der eigentlichen Heilbehandlung, ebenfalls als umsatzsteuerfrei.

Gewerbesteuerlich ist folgendes zu beachten: Bei Ärzten zählt die Ausübung der Heilkunde zum freien Beruf. Andere Tätigkeiten können dagegen eine Gewerbesteuerpflicht auslösen. Etwa durch den Verkauf von Arzneimitteln, zumindest dann, wenn diese in unverhältnismäßig großen Mengen eingekauft werden mit der Absicht, Gewinne aus diesem Verkauf zu erzielen. Das ist möglicherweise dann der Fall, wenn Sie zu Großhandelspreisen einkaufen, aber ihren Patienten Apothekenpreise weiterberechnen. Wir gehen davon aus, dass dies bei Ihnen nicht nicht der Fall ist. Daher sehe ich in der von Ihnen geschilderten Vorgehensweise auch kein gewerbesteuerliches Risiko.

Muss ein Arzt, der eine klinische Prüfung von Arzneimitteln durchführt, für das Honorar, das er dem Sponsor (pharmazeutischer Unternehmer) in Rechnung stellt, Umsatzsteuer zahlen?

Nils Strauss: Honorare für klinische Prüfungen sind in jedem Fall umsatzsteuerpflichtig. Generell sind also 19 Prozent Umsatzsteuer auf den Nettobetrag der Leistung zu berechnen und in der Rechnung auszuweisen. Das ist insofern auch kein Thema für das Pharmaunternehmen, weil dieses die ausgewiesenen 19 Prozent Umsatzsteuer wieder als Vorsteuer vom Staat erstattet bekommt.

Die Umsatzsteuer ist anzumelden und von Ihnen an das Finanzamt abzuführen. Wie Sie die Steuer anmelden müssen, dazu fragen Sie am besten Ihren Steuerberater. Wenn Sie keine Umsatzsteuer ausweisen, macht das für den Auftraggeber, also das Pharmaunternehmen von den Kosten her keinen Unterschied.

Solange Sie mit allen (!) Ihren jährlichen umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen unter der Grenze von 17.500 Euro bleiben, müssen Sie die 19 Prozent Umsatzsteuer nicht in Rechnung stellen und das lästige Prozedere, eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben, kann entfallen.

Die Grenze von 17.500 Euro nimmt jeweils Bezug auf das vergangene Jahr. Liegen Sie also im aktuellen Jahr über 17.500 Euro, sind Sie erst im kommenden Jahr umsatzsteuerpflichtig. Sollten Sie dagegen im laufenden Jahr mit steuerpflichtigen Leistungen sogar über die Grenze von 50.000 Euro kommen, dann müssten Sie auch noch für dieses Jahr Mehrwertsteuer abführen.

Die Betonung liegt auf "allen" umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen, denn da beginnen die Tücken der sogenannten Kleinunternehmerregel. Ich meine nicht die viel zitierten Schönheitsoperationen etc., sondern die aus nichtärztlichen Tätigkeiten stammenden Umsätze.

Würden Sie beispielsweise noch eine Fotovoltaikanlage betreiben oder als gewerblicher Vermieter mit der Option zur Umsatzsteuer auftreten, dann würden auch diese Umsätze in die Prüfung der 17.500-Euro-Grenze einbezogen werden. Auch alle Ihre ärztlichen Leistungen wären unter dem Aspekt der Umsatzsteuerpflicht zu scannen.

Ich bin Allgemeinarzt und biete Osteopathie, Taping der Muskulatur bei Kontraktur sowie Vitaminaufbaukuren (Vitamin B 12, Vitamin B 1) als Spritzenkur an. Inwieweit unterliegt das der Umsatzsteuer?

Dr. Peter Schlüter: Bei der Osteopathie handelt es sich eindeutig um eine medizinische Therapie, die nicht umsatzsteuerpflichtig ist. Ähnlich sieht es beim Taping der Muskulatur aus: Auch sie ist mit einer medizinischen Indikation und damit mit einer therapeutischen Zielsetzung (Schmerzreduktion, Verbesserung der Beweglichkeit, Lösung von Kontrakturen etc.) verbunden.

Bei den Vitaminaufbaukuren ist zu unterscheiden, ob es sich wirklich um Aufbaukuren mit einer medizinisch-therapeutischen Zielrichtung (zum Beispiel bei Leberstoffwechselstörung, reduzierter Allgemeinabwehr, körperlicher Gebrechlichkeit, cerebraler Minderdurchblutung, Konzentrationsschwäche etc.) handelt. In dem Falle ist keine Umsatzsteuer anzusetzen.

Dienen die Aufbaukuren dagegen lediglich einer "Lifestyle"-Maßnahme - zum Beispiel mit dem Ziel besseres Aussehen, straffere Haut oder ähnliches -, dann wäre die Umsatzsteuerpflicht gegeben.

Fallen Akupunkturleistungen, die auf Wunsch der Patienten über die zehn nach EBM abgerechneten Sitzungen pro Jahr hinaus bei chronischen LWS Schmerzen erbracht werden, unter die Umsatzsteuer?

Frank Gäckler: Nein, sie fallen nicht unter die Umsatzsteuerpflicht, sofern die Leistung insgesamt der Behandlung einer konkreten Gesundheitsstörung dient. Und das ist in diesem Fall ja eindeutig.

Ich bin umsatzsteuerpflichtig. Ist die ärztliche Leichenschau im Bereitschaftsdienst eine umsatzsteuerpflichtige Leistung?

Frank Gäckler: Die ärztliche Leichenschau ist als letzte Maßnahme einer Heilbehandlung umsatzsteuerfrei. Gutachten über die Todesursache und diesbezügliche weitere Untersuchungen sind allerdings umsatzsteuerpflichtig.

Eine Umsatzsteuer-Checkliste können Sie bei ETL Advision per Mail anfordern: etl-advision@etl.de, Tel.: 0 30 /22 64 12 15,

Haben Sie noch Fragen zum Thema? Per E-Mail können Sie die Experten weiterhin erreichen: wi@springer.com

Eine Umsatzsteuer-Checkliste können Sie bei ETL Advision per Mail anfordern: etl-advision@etl.de, Tel.: 030/22641215

Die Experten:

Ralf Niewald, Steuerberater und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ETL Advisa, Bottrop

Marco Kranz, Steuerberater und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ETL Advimed, Koblenz

Nils Strauß, Steuerberater und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ETL Antax, Heidelberg

Frank Gäckler, Steuerberater und Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft ETL Advimed, Mainz

Dr. Dr. Peter Schlüter, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Hemsbach und Abrechnungsexperte

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