BGH

Bei Falschberatung muss die Bank entschädigen

Die Pleite der US Bank Lehman Brothers 2008 hat unzählige Anleger Geld gekostet. Viele Schadenersatzprozesse scheiterten - bis jetzt.

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KARLSRUHE. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwei Anlegern Schadenersatz für inzwischen wertlose Papiere der US-Pleitebank Lehman Brothers zugesprochen. Beide hatten sogenannte Garantie-Zertifikate gekauft, die im Zuge der Lehman-Pleite im September 2008 weitgehend wertlos geworden waren.

Der BGH gab ihnen nun recht: Die Bethmann Bank, die den Kauf abgewickelt und die Kunden beraten hatte, habe diese Kunden nicht ordentlich über ein Sonderkündigungsrecht aufgeklärt, hieß es am Dienstag. Die Kunden hätten daher Anspruch auf Schadenersatz. Die Urteile sind rechtskräftig.

In einem Fall hatte ein Anleger 2007 und 2008 Lehman-Zertifikate für fast 140.000 Euro bei der Bethmann Bank gekauft. Im zweiten Fall hatte eine Mutter für ihren Sohn dort im Mai 2008 Zertifikate für rund 33.000 Euro erworben. Den beiden Anlegern war in den Zertifikaten garantiert worden, zumindest das eingezahlte Kapital zurück zu erhalten.

Die Lehman Bank sicherte sich jedoch zugleich ein Sonderkündigungsrecht zu. Danach durften die Zertifikate unter bestimmten Umständen vorzeitig zurückgezahlt werden. Doch das konnte für die Anleger bedeuten, dass sie weniger oder sogar gar nichts mehr ausbezahlt bekommen.

Nach Angaben ihres Anwalts wurden diese Informationen aber in dem Bank-Flyer über die Anlage nicht erwähnt. Auch die über 100-Seiten umfassenden Bedingungen haben die Kunden demnach nicht bekommen.

"Die Fälle mit den Lehman-Zertifikaten zeigen, wie kompliziert immer wieder Finanzprodukte gestaltet wurden, bei denen auf den ersten Blick die Verlustgefahren für den Normalanleger nicht oder nur sehr schwer erkennbar waren", sagt Rechtsanwalt Dietmar Kälberer von der auf Bank- und Kapitalanlagerecht spezialisierten Berliner Kanzlei Kälberer & Tittel.

Die Vorinstanzen hatten den Anlegern recht gegeben und die Bethmann Bank zu Schadenersatz verurteilt. Diese Urteile bestätigte der BGH jetzt: Der Bankberater hätte die Kunden ungefragt über das Sonderkündigungsrecht und das Risiko eines Totalverlustes aufklären müssen, sagte der Vorsitzende BGH-Richter Hans-Ulrich Joeres am Dienstag in Karlsruhe.

Denn das mit dem Sonderkündigungsrecht verbundene Risiko eines Totalverlustes stehe dieser angeblich risikofreien Anlage "diametral entgegen". "Ein klassisches Beispiel dafür, wie teilweise hochriskanten Anlageprodukten ein falsches, Sicherheit signalisierendes Etikett aufgeklebt wird - wie hier die Bezeichnung ‚Garantiezertifikat‘", kommentiert Anlegeranwalt Kälberer.

Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 hatte die Finanzwelt erschüttert. Zwei Monate später wurde über den deutschen Ableger des Instituts das Insolvenzverfahren eröffnet.

Unzählige Anleger versuchten daraufhin, vor den Gerichten Schadenersatz zu erstreiten. Der BGH hat in den letzten Jahren mehrere solcher Klagen in unterschiedlich gelagerten Fällen zurück gewiesen. (dpa/mh)

Urteile des Bundesgerichtshofes: Az.: XI ZR 169/13 und XI ZR 480/13

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