Zeitenwende an der Börse

Sorge um Zinswende wächst

Steigende Anleiherenditen bringen Dividendenaktien unter Druck. Über die weitere Entwicklung sind sich Experten uneinig.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Sorge um Zinswende wächst

© Bildagentur-online/Schoening / picture alliance / dpa

NEU-ISENBURG. Die Renditen von Staatsanleihen sind in den vergangenen Jahren immer weiter geschrumpft. Anleger investierten daher vermehrt in Aktien gestandener Konzerne mit hohen Dividendenrenditen. Doch nun lasten Sorgen vor einer Zinswende auf den Werten.

Die Anleger des DWS Top Dividende bekamen gerade einen Geldregen: Mit einer Ausschüttung von rund 460 Millionen Euro – 3,10 Euro pro Anteilsschein – hat der auf dividendenstarke Aktien von großen Konzernen wie Energieversorgern, Nahrungsmittel- und Konsumgüterproduzenten fokussierte Fonds der Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset Management einen neuen Rekordbetrag ausgekehrt.

Durchschnittlich 3,5 Prozent beträgt die jährliche Ausschüttungsrendite. Hinzu kommt allein seit 2011 ein Kursgewinn von 78,3 Prozent. Das hat so viele Anleger in den Fonds gelockt, dass der inzwischen 22 Milliarden Euro Kapital verwaltet. "Dividendenstrategien werden im derzeitigen Kapitalmarktumfeld stark nachgefragt", so Fondsmanager Thomas Schüßler.

Investoren schichten um

Doch das könnte sich nun ändern. Die US-Notenbank will demnächst die Leitzins-Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent auf 0,5 bis 0,75 Prozent anheben. Zudem will der künftige US-Präsident Donald Trump massiv die Straßen, Autobahnen, Schienenwege und Stromleitungen im Land erneuern.

Das soll die Infrastruktur stärken und Arbeitsplätze schaffen. Doch dazu müssten die USA kräftig Schulden machen. Diese Gemengelage hat die Renditen von US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit seit der Wahl von 1,8 Prozent auf 2,25 Prozent in die Höhe getrieben. Auch in Europa sind die Anleiherenditen leicht gestiegen.

Gleichzeitig sind die Börsennotierungen zahlreicher Konzerne mit hohen Dividendenausschüttungen gesunken. Profiinvestoren haben deren Aktien verkauft und in Regierungsschuldscheine umgeschichtet. Betroffen davon sind nicht nur US-Werte, auch das Papier des Schweizer Nahrungsmittelkonzerns Nestlé hat seit Trumps Wahl rund zehn Prozent verloren.

Experten sind geteilter Meinung, ob nun die Ära der dividendenstarken Aktien vorüber ist. Die Aktienmärkte in Europa und den USA würden zwar insgesamt stabil bleiben, sagt Scott Berg, Portfolio Manager bei der US-Investmentgesellschaft T. Rowe Price. Allerdings dürften Investoren von dividendenstarken Papieren in Aktien "von Herstellern zyklischer Konsumgüter" wie Automobilkonzerne umschichten. Denn deren Gewinne würden deutlich stärker zulegen, sollte die Weltkonjunktur kräftig anziehen.

Chancen bei Dividendenaktien

Hingegen sieht Thomas Heidel, Chefresearcher des Frankfurter Finanzdienstleisters Fidal, weiter Chancen bei Dividendenaktien. "Eine Zinserhöhung in den USA wird seit Längerem erwartet und ist in den Kursen von Aktien und Anleihen inzwischen eingepreist." Zudem werde der Zins dort nur geringfügig steigen und in den übrigen Weltregionen weiterhin niedrig bleiben. Dies werde die Kurse der Aktien dividendenstarker Konzerne weiter stärken. "Dividenden sind und bleiben der neue Zins", sagt Heidel.

Investmentverhalten ändert sich nicht

Ähnlich sieht das Andreas Görler, Stratege bei der Berliner Vermögensverwaltung Wellinvest. "Durch leicht steigende Zinsen am Anleihemarkt entsteht kein fundamental anderes Investmentverhalten." Mit Dividenden von zum Teil mehr als vier Prozent bescherten Aktien großer Konzerne Anlegern deutlich höhere Erträge als Staatsanleihen.

Neben aktiv gemanagten Fonds wie dem DWS Top Dividende können Anleger auch über passive Indexfonds auf Dividendenaktien setzen. Passende Produkte für europäische, amerikanische und Schwellenländerwerte hat der US-Indexfondsanbieter Wisdom Tree aufgelegt. Im Gegensatz zu aktiv gemanagten Fonds fallen dabei keine Ausgabeaufschläge und nur geringe Verwaltungsgebühren an.

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