Aktien-Analysten

Überwiegend gilt "America first"

US-Aktien haben seit vergangenen Oktober deutlich besser abgeschnitten als europäische Werte. Börsenbeobachter erwarten, dass sich der Trend fortsetzt.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Gegen wen geht es heute? US-Präsident Donald Trump ist mit vielen Dingen in der Welt unzufrieden – sie schaden seiner Ansicht nach der Prosperität in den USA. Trump hat viele politische Gegner, Börsianer lieben ihn größtenteils.

Gegen wen geht es heute? US-Präsident Donald Trump ist mit vielen Dingen in der Welt unzufrieden – sie schaden seiner Ansicht nach der Prosperität in den USA. Trump hat viele politische Gegner, Börsianer lieben ihn größtenteils.

© dpa

NEU-ISENBURG. Von den Handelskonflikten mit Europa und China bis hin zur Wirtschaftskrise in der Türkei: US-Präsident Donald Trump hat mit seiner Politik in den vergangenen Monaten der globalen Konjunktur immer neue Lasten aufgebürdet.

"Amerikas Präsident treibt ein gefährliches Spiel mit der Wirtschaft", sagt Tine Choi, Chefstrategin beim dänischen Vermögensverwalter Danske Invest.

Das hat Spuren an den Börsen in Europa und Fernost hinterlassen. Der deutsche Leitindex Dax hat in den vergangenen zwölf Monaten knapp 1,5 Prozent verloren, der EuroStoxx 50, das Kursbarometer der 50 größten europäischen Konzerne, hat in dieser Zeit drei Prozent eingebüßt und der chinesische Shanghai Composite ist sogar um 16 Prozent gefallen.

Ganz anders sieht es an der Wall Street aus: Der US-Leitindex Dow Jones ist seit Anfang Oktober vergangenen Jahres um knapp 20 Prozent gestiegen, der S&P 500, der Pulsmesser der 500 größten US-Unternehmen, hat um 17 Prozent zugelegt und der Technologieindex Nasdaq ist sogar um 27 Prozent in die Höhe geschnellt.

US-Banken wieder gesund

Etliche Experten meinen, dass US-Aktien auch künftig die Nase vorn haben werden. "Der Aufschwung an den US-Börsen wird in den nächsten Jahren, wenn nicht sogar über das gesamte nächste Jahrzehnt hinweg, weiter anhalten", sagt Aditya Khowala, Portfoliomanager bei der US-Investmentgesellschaft Fidelity International. "Stabile Konjunkturdaten, ein robustes Gewinnwachstum und steigende Investitionen sind wichtige Indikatoren dafür."

Ähnlicher Ansicht ist auch Carsten Klude, Chefvolkswirt der Hamburger Privatbank MM Warburg. "Die fundamentalen Rahmenbedingungen sprechen dafür, dass sich die US-Börsen auch in der kommenden Zeit besser entwickeln werden als viele andere Aktienmärkte."

Das liegt vor allem daran, dass die USA nach Ausbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren in der damals massiv angeschlagenen Bankenlandschaft Tabula rasa gemacht haben. Nicht mehr existenzfähige unbedeutende Geldinstitute wurden in die Insolvenz geschickt.

Für die Realwirtschaft wichtige Häuser wurden verstaatlicht, rekapitalisiert und anschließend von der Regierung mit Gewinn wieder an die Börse geführt. In Europa hingegen verzichteten die Regierungen auf solche radikalen Schnitte.

Hier werden stattdessen an sich nicht mehr lebensfähige Banken mittels Staatsbeteiligung und der Null-Prozent-Zinspolitik der Europäischen Zentralbank am Leben gehalten. Als Folge der konsequenteren Reaktion auf die Krise können US-Banken seit Jahren wieder die Realwirtschaft stützen. Während in der EU die Arbeitslosenrate 8,2 Prozent beträgt, sind es in den USA nur 3,9 Prozent.

Auch kritische Stimmen

Bereits seit Ende 2015 hebt die US-Notenbank schrittweise den Leitzins immer weiter an. Hingegen sei "die Gewinnsituation der europäischen Banken nach wie vor weit entfernt vom Vorkrisenniveau und immer noch nicht zufriedenstellend", weiß Dirk Müller-Tronnier, Partner und Finanzexperte bei der Wirtschaftsberatungsgesellschaft EY.

"Seit 2012 sind die Gewinne der amerikanischen Banken zum Ende eines ersten Kalenderhalbjahres jeweils mindestens doppelt so hoch wie die ihrer europäischen Konkurrenten." Dies macht Aktien amerikanischer Banken für Investoren deutlich attraktiver als Papiere europäischer Geldhäuser.

Zur Vorsicht rät hingegen Michael Schorpp, Portfoliomanager bei der Pullacher Vermögensverwaltung DJE Kapital. "Die Zinsstrukturkurve in den USA verflacht."

Die Renditen von Staatsanleihen kurzer und langer Laufzeiten würden sich immer weiter nähern, weil Investoren verstärkt Schuldpapiere mit zehnjähriger Laufzeit erwerben würden, um sich deren Zinserträge für die nächste Dekade zu sichern. "In der Vergangenheit war so eine Entwicklung meist ein Anzeichen für eine Rezession", begründet Schorpp.

Allerdings prognostizieren bislang sämtliche Ökonomen großer Institutionen wie der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, dass die Wirtschaft in den USA und in anderen Teilen der Welt in den kommenden Jahren noch weiter wachsen werde.

Danske-Invest-Strategin Choi rät deshalb trotz aller Ungewissheit dazu, in Aktien zu investieren – und zwar sowohl in europäische, wie amerikanische und asiatische Werte: "Der globale Konjunkturaufschwung dürfte intakt bleiben."

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