Anlagen-Kolumne

Verschnaufpause für die griechische Wirtschaft?

Aus Angst vor einer griechischen Staatspleite werden die meisten Gläubiger alte Anleihen umtauschen. Damit könnte Hellas Wirtschaft Zeit zur Erholung gewinnen.

Von Gottfried Urban Veröffentlicht:

Es sind die Wochen der Entscheidung. Wird Griechenland die Auszahlung der nächsten Hilfstranche erhalten? Werden Privatgläubiger das Umtauschangebot für griechische Anleihen in ausreichendem Umfang annehmen? Wird Hellas in der Eurozone bleiben?

Anleger können sich auf zwei Szenarien vorbereiten - und dürfen vorsichtig optimistisch in die Zukunft blicken.

Falls die Eurostaaten die Hilfe verweigern und die Gläubiger das Umtauschangebot nicht akzeptieren, scheint ein Zahlungsausfall unausweichlich. Ein Schuldenschnitt wäre die letzte Option. Griechenlands Wirtschaft würde kurzfristig kollabieren, ihr Bankensektor würde zusammenbrechen.

Aus Angst vor einer Ansteckung würde es zudem zu einer Flucht aus portugiesischen, spanischen und italienischen Anleihen kommen - und damit de facto wahrscheinlich das Aus für den Euro. Die Aktienmärkte würden deutlich einbrechen und deutsche Staatsanleihen nochmal massiv nachgefragt.

Verbindliche Zusagen bis Mitte Oktober

In Anbetracht derartiger Horror-Szenarien dürften die Gläubigerstaaten alles daran setzen, Griechenland in der Eurozone zu halten. Weil kein Plan B existiert, wird die Mehrheit der institutionellen Griechenland-Gläubiger freiwillig beim Umtausch der alten Anleihen in neue, langlaufende und von der Eurogemeinschaft teilbesicherte Anleihen mitmachen.

Bis Mitte Oktober müssen die verbindlichen Zusagen zur Teilnahme gemacht sein. Die Drohung Griechenlands, das gesamte Vorhaben scheitern zu lassen, sofern nicht mindestens 90 Prozent der Bonds getauscht werden, erscheint angesichts fehlender Alternativen wenig glaubhaft - ein Zahlungsausfall wäre weder im Interesse der Gläubiger, noch in jenem der Schuldner.

Doch selbst eine geringere freiwillige Umtauschquote wäre ein Erfolg. Investoren, die das Verlängerungsangebot nicht annehmen, werden bei Fälligkeit wohl indirekt durch den europäischen Rettungsschirm EFSF zu 100 Prozent beglichen werden. Ein Zahlungsausfall wäre damit offiziell abgewendet.

Bonds-Tausch auch im Interesse Deutschlands

Sollte der Umtausch gelingen, könnten Investoren vorsichtig Hoffnung schöpfen - zumindest auf Sicht der nächsten zwei bis drei Jahre. So würden allein 80 Milliarden Euro an Fälligkeiten bis 2014 auf einen Zeitraum jenseits des Jahres 2025 verschoben.

Das Damokles-Schwert des Ausfalls würde nicht länger über der griechischen Wirtschaft hängen. Die Hellenen hätten damit Zeit und die Chance, sich allmählich zu erholen. Europas Aktienmärkte würden aufatmen und deutlich nach oben tendieren.

Der Bonds-Tausch sollte auch im Interesse der Deutschen liegen. Denn im Falle einer griechischen Staatsinsolvenz wäre die private Altersvorsorge vieler Bundesbürger betroffen, die ihr Geld auf Empfehlung des Staates in Lebensversicherungen investiert haben.

Letztere haben auch Staatspapiere der Südländer Europas im Portfolio. Die Rettung klammer Krisenstaaten bedeutet für zahlreiche Deutsche also auch die Rettung der eigenen Altervorsorge.

Lesen Sie dazu auch: Finanzkrise: Arznei-Stopp für Griechenland

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