Anlagenkolumne
Nicht immer mit den Wölfen heulen
Zweifellos war der US-Markt einer der besten Aktienmärkte der vergangen Jahren. Das liegt an innovativen Firmen, enorm gestiegenen Unternehmensgewinnen, einer vorbildlichen Aktienkultur.
Wenn man jedoch eine etwas längere Perspektive anlegt, könnte der Wind bald drehen: Da ist zunächst die effektive Steuerquote, die von 40 Prozent in den 1990ern auf 12 Prozent in 2018 gefallen ist. Im Durchschnitt lag sie 2010-2017 bei 21,7 Prozent. Nach der jüngsten US-Steuerreform dürfte der Spielraum nach unten ausgereizt sein.
Gleichzeitig ist die Verschuldung der US-Firmen gestiegen. Das wird dann überdeutlich, wenn man den Median verwendet. Dann fallen die großen Techkonzerne mit ihren Milliarden-Cashbeständen nicht mehr so stark ins Gewicht. Die Verschuldungskennzahl (Nettoverschuldung zu Gewinn) steigt normalerweise erst in Krisensituationen deutlich an, wenn der Gewinn sinkt.
Die Lohn-Zurückhaltung der Arbeitnehmer hat der Gewinnentwicklung in den letzten Jahren massiv geholfen, weil Produktivitätsfortschritte von den Firmen vereinnahmt werden konnten. Jüngste Lohnsteigerungen und der extrem ausgelastete Arbeitsmarkt deuten aber in eine andere Richtung.
Insgesamt hatten sinkende Steuern, stagnierende Löhne und zinsgünstige Refinanzierung einen positiven Effekt auf die Margen, die inzwischen auf Extremniveau stehen. Trotzdem lautet der Analystenkonsens auf Gewinnsteigerungen um 16 Prozent in den nächsten Jahren – dem Doppelten des langfristigen Durchschnitts.
Fazit: Den Großteil der Zeit ist es an der Börse sinnvoll, der Meinung der Masse zu folgen. Gelegentlich sollte man aber seinen Standpunkt hinterfragen, idealerweise an den Wendepunkten. Es ist durchaus plausibel anzunehmen, dass die enorme Outperformance der US-Börsen gegenüber anderen Regionen wie Europa oder Emerging Markets nachlassen könnte.