Börsenweisheiten

Geflügelte Worte mit wahrem Kern im Anlagealltag

Studien zeigen: Börsenweisheiten haben einen realen Hintergrund – allerdings sollten sich Anleger nicht blind auf sie verlassen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Börsenweisheiten können für Anleger Leitplanken im alltäglichen Börsenverkehr sein.

Börsenweisheiten können für Anleger Leitplanken im alltäglichen Börsenverkehr sein.

© Jamrooferpix / Fotolia.com

NEU-ISENBURG. "Sell in May and go away", verkaufe im Mai – Anleger, die dieses Jahr die alte Börsenweisheit befolgten, haben damit Gewinn verschenkt. Denn die Aktienkurse sind im Wonnemonat nicht gesunken, sondern gestiegen. Der deutsche Leitindex Dax gewann im Mai 2,2 Prozent.

"Der Trend ist Dein Freund. Greife niemals in ein fallendes Messer. US-Wahljahre sind Börsenjahre." – Investoren haben viele Sprüchen, die sie als Leitplanken nutzen, um an der Börse erfolgreich zu sein. Und Studien zeigen, dass "Börsenweisheiten grundsätzlich einen realen Hintergrund haben", sagt Rolf Ehlhardt, Vermögensverwalter bei I.C.M. Independent Capital Management in Mannheim.

"Die meisten stimmen mit einer hohen Quote", sagt auch Uwe Zimmer, Vorstand der Meridio Vermögensverwaltung in Köln.

Zurückkommen im September: Weisheiten genau befolgen

So lassen sich tatsächlich überdurchschnittliche Erträge erzielen, wenn Aktien im Mai verkauft werden – vorausgesetzt, die Regel wird genau befolgt. Denn der gesamte Spruch lautet: "Sell in May and go away – but remember, to return in September." Anleger sollten unbedingt im September wieder in den Markt einsteigen.

Dass Anleger so ihre Rendite deutlich steigern können, belegt eine Studie der Landesbank Baden-Württemberg. Sie hat die Kursentwicklung der 30 Dax-Aktien über die vergangenen 42 Jahre hinweg ausgewertet. Das Resultat: Von Mai bis September notiert die Börse tatsächlich häufig im Minus, während im Rest des Jahres die Aktienkurse meist steigen.

Dies gilt auch für den US-Leitindex Dow Jones und den breiten US-Börsenindex S&P 500, wie zahlreiche Untersuchungen amerikanischer Investmentgesellschaften zeigen. Eine mögliche Erklärung: "Viele Marktteilnehmer verkaufen ihre Investments vor dem Sommer, da sie sich im Urlaub nicht ordentlich um ihre Aktien kümmern können", sagt Uwe Eilers, Vorstand der Königssteiner Vermögensverwaltung Geneon.

Dem Trend folgen

Auch am Hinweis, Trends zu folgen, ist etwas dran. Tatsächlich klettern Aktien, deren Kurse zu steigen beginnen, meist längere Zeit weiter in die Höhe. Häufig handelt es sich dabei um Papiere von Unternehmen, die wirtschaftliche Schwierigkeiten überwunden haben und nun wieder Gewinn einfahren.

Mehr und mehr Investoren setzen dann auf diese Aktien und treiben deren Notierungen weiter nach oben. "Die Börsenweisheiten selbst können solche Marktbewegungen noch verstärken, da sich Anleger diese Sprüche zu eigen machen", sagt Eilers.

Das gilt allerdings nicht für die Warnung, keineswegs in ein fallendes Messer zu greifen. Sie basiert vielmehr auf der realen Erkenntnis, dass Aktien, deren Notierungen eingebrochen sind, durchaus noch tiefer in den Keller rutschen können.

Warnsignal Kursrutsch?

Der Grund dafür: Aktienkurse fallen stark ein, wenn Unternehmen schlechte Zahlen vermelden oder in Skandale geraten. Häufig machen die Vorstände jedoch nicht sofort reinen Tisch und präsentieren alle negativen Nachrichten, sondern offenbaren diese nur nach und nach. Dadurch geraten die Papiere immer wieder erneut unter Druck.

Allerdings sollten sich Anleger nicht stur an Börsenweisheiten halten, rät Claus Walter, Geschäftsführer der Freiburger Vermögensmanagement GmbH. "Regeln sind auch dazu da, um gebrochen zu werden."

Zumal es zu Weisheiten immer Ausnahmen gibt: So sollten Anleger US-Aktien dieses Jahr durchgängig halten. Denn in Jahren einer US-Präsidentschaftswahl steigen die Aktienkurse an der Wall Street vom Frühjahr bis Dezember meist stetig unter leichten Schwankungen, wie eine Studie des US-Analysehauses Ned Davis Research zeigt.

Danach legten die US-Börsen seit 1900 pro Jahr im Schnitt um 5,4 Prozent zu – in Wahljahren jedoch im Mittel um 9,5 Prozent. Da die Entwicklung an den US-Börsen auch das Handelsgeschehen hierzulande bestimmt, legt auch der Dax seit mehr als 30 Jahren regelmäßig überdurchschnittlich in US-Präsidentschaftswahljahren dazu – das Plus beim Dax diesen Mai könnte ein Hinweis sein, dass die Regel 2016 wieder greift.

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