Facebook und Co.

Ärztinnen entdecken das Social Web für sich

Während sich ihre männlichen Kollegen eher zurückhalten, sehen Ärztinnen in Sozialen Netzwerken viel mehr die Chancen. Und sie wissen sie - gepaart mit einer gesunden Skepsis - für ihre Praxen zu nutzen. Erfolgreich ist das aber nur, wenn auch die passende Strategie dahinter liegt.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:

FRANKFURT/MAIN. Beim Thema Social Media scheinen Ärzte immer noch sehr zurückhaltend zu sein und Bedenken zu haben. Richtet man den Fokus auf die Gruppe der niedergelassenen Ärztinnen, erkennt man allerdings, dass diese einen ganz eigenen Blickwinkel auf die sozialen Medien haben: Sie besitzen eine gesunde Skepsis gegenüber Facebook und Co., sehen aber auch die Chancen.

"Dazu gehört vor allem, dass Ärztinnen über soziale Medien den Kontakt zu ihren Patienten halten können", sagt Sylvie Bouge, die sich seit einigen Jahren mit Gesundheitskommunikation und dem Thema Social Media - mit dem Fokus auf Ärztinnen - beschäftigt und dazu Vorträge hält.

"Besonders zu den Patienten, die selten in die Praxis kommen, aber gerne über Neuigkeiten auf dem Laufenden gehalten werden wollen und auch zu denen, die ohnehin eine gewisse Zeit am Tag auf Facebook verbringen und die Informationen so schnell und leicht bekommen. Patienten können so etwa Änderungen der Sprechzeiten via Postings erhalten und müssen nicht aktiv nachfragen oder auf der Website nachschauen - was ein Serviceaspekt ist, den Patienten schätzen", weiß Bouge.

Generell gilt bei Sozialen Netzwerken das Prinzip: Patienten müssen sich nicht aktiv um Informationen bemühen, wenn sie Fan der Praxisseite sind, erhalten sie diese Informationen sozusagen frei Haus.

Zwei- bis dreimal pro Woche sollte gepostet werden

Bei den Bedenken der Ärztinnen gegenüber sozialen Medien geht es meist ganz pragmatisch um den Faktor Zeit. "Für viele war der Weg zur eigenen Website schon lang und kompliziert, doch diese haben den Vorteil, dass sie im Nachgang nicht mehr viel Aktualisierungsbedarf haben", weiß Bouge.

Anders verhält es sich mit sozialen Netzwerken: Die Ärztinnen wissen, dass sie Zeit investieren müssen. "Allerdings wird der Zeitaufwand trotz allem immer wieder unterschätzt, denn wenn sie hören, dass sie zwei- bis dreimal pro Woche etwas posten müssten, bricht in der Regel allgemeines Kopfschütteln aus."

Bouge nimmt an, dass der Zeitfaktor bei Ärztinnen sogar noch etwas schwerer wiegt als bei männlichen Kollegen, denn für etliche ist die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben ein großes Thema. Dann noch etwas mehr Zeit für das Praxismarketing draufzuschlagen, sei für Frauen vermutlich eine größere Herausforderung, so die Social-Media-Expertin.

Die meisten Ärzte befürchten zudem, dass Informationen über ihre Patienten nicht ausreichend geschützt sind. Oder dass Patienten via Facebook und Twitter Fragen stellen und so unwissend Daten über ihren Gesundheitszustand preisgeben, und sie als Inhaber der Fanseite dafür verantwortlich gemacht werden können. Oder dass sie durch einen Fehler unwissentlich Patientendaten an Facebook weitergeben.

Die nicht immer transparenten Prozesse bei Facebook und Co. bedeuten für Ärzte Unsicherheiten und deshalb fühlen sich Ärzte nicht immer sicher bei diesem Thema. Aus diesem Grund kann es Sinn machen, sich im Vorfeld rechtlich von einem Experten beraten zu lassen, so Bouge.

Interessant ist vor allem der Blick hinter die Kulissen

Die Ärztinnen, die Facebook und andere Netze nutzen, informieren in erster Linie Patienten über ihre Praxis, etwa über Behandlungsschwerpunkte oder Leistungen, über Neuigkeiten zu Sprechzeiten, dem Team und noch selten, um einen Blick hinter die Kulissen zu gewähren, so Bouge. "Bislang konnte ich vor allem bei Zahnmedizinerinnen und Gynäkologinnen feststellen, dass diese viele Hintergrundinformationen bereitstellen."

Beide Gruppen nutzen ihre Auftritte in sozialen Medien, um den Patienten und potenziellen Patienten ihre Praxis und das Team vorzustellen, Hemmschwellen abzubauen oder zusätzliche Informationen zum Fachgebiet zu geben.

"Bei Gynäkologinnen habe ich zudem eine recht hohe Interaktionsbereitschaft seitens der Patientinnen festgestellt. Doch diese Beobachtungen würde ich nicht als allgemeingültig betrachten. Dazu ist die Gruppe der aktiven Ärztinnen noch zu klein."

"Bei Patienten kommen vor allem persönliche und nicht nur rein berufliche Postings aus dem Praxisalltag gut an. Wenn etwa das Praxisteam berichtet, dass es sich an einem besonders heißen Tag in der Pause ein Eis gegönnt hat und ein Bild davon postet, gibt es meist regen Zuspruch: Schaut lecker aus! Lasst es Euch schmecken!"

Dafür brauchen Ärztinnen natürlich Unterstützung: Für die Betreuung der Seite sollten sie sich im Team jemanden heraussuchen, der internetaffin und verlässlich ist, mit dem zusammen sie sich um die Social-Media-Auftritte der Praxis kümmern können.

Alles eine Frage der Strategie

Diese Mitarbeiterin kann zum Beispiel das Monitoring übernehmen und in einem festgelegten Rahmen auch selbstständig agieren. Ideen für Postings kann das ganze Team liefern, so fühlen sich alle involviert.

Am Anfang müssen Ärztinnen das Netzwerk allerdings kennen- und verstehen lernen. Da Social Media schnell und direkt sind, sollte man mit einer Strategie vorgehen - Zielgruppe und Kommunikationsziel sollten klar sein und mit der allgemeinen Marketingstrategie der Praxis zusammenpassen.

Schließlich postet eine Praxis nicht zum Selbstzweck oder weil Social Media gerade angesagt sind, sondern weil es in den Netzwerken Patienten und andere gesundheitsinteressierte Nutzer unterwegs sind, die sich für die Inhalte des Netzeintrags interessieren.

Daher ist es wichtig, die Zielgruppe kennenzulernen, ihre Reaktionen zu beobachten und die Aktivitäten entsprechend weiterzuentwickeln, damit diese nicht ins Leere laufen. Im Vorfeld sollte abgewogen werden, ob der Aufwand Sinn macht und die Patientenstruktur für diese Form der Kommunikation offen ist.

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