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Digitale Arztsuche fordert Praxisteams heraus

Die Online-Arztsuche fordert Praxischefs indirekt zu großer Transparenz auf. Doch: Wie viel soll er preisgeben? Ärzte diskutierten in München Chancen und Risiken der digital ausgespielten Offenheit gegenüber Patienten.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Welche Arztpraxis soll es sein? Viele Patienten machen sich vor dem Arztbesuch im Internet schlau.

Welche Arztpraxis soll es sein? Viele Patienten machen sich vor dem Arztbesuch im Internet schlau.

© Somenski / stock.adobe.com

MÜNCHEN. Was bedeutet die digitale Arztsuche für niedergelassene Mediziner? Es lohne sich, die eigene Arbeit verständlich darzustellen, so der in Altötting niedergelassene Gastroenterologe Dr. Albert Beyer als Beitrag zu einem Schlagabtausch, zu dem der Anbieter jameda, nach eigenen Angaben Deutschlands größte Arztempfehlung, nach München geladen hatte. Für die Transparenzoffensive eignet sich laut Beyer insbesondere die Zertifizierung nach einem QM-System, aber auch nach fachspezifischen Leitlinien.

Zudem sollten Ärzte darstellen, welche speziellen Schwerpunkte sie anbieten. Sie müssten Information und Aufklärung als essenziellen Teil ihrer Arbeit verstehen, lautet sein Plädoyer. Jeder Patient wolle wissen, was bei einer Behandlung alles auf ihn zukomme, und welche Risiken es gebe, etwa bei einer Operation.

Vorab-Info schafft Vertrauen

Das zu beachten, schaffe Vertrauen. "Patienten gehen weniger kritisch auf uns zu", berichtete Beyer aus eigener Erfahrung. Was vorab klar sei, müsse nicht nachher mühsam ausgeräumt werden. Vielen Patienten sei in der Behandlung neben Fachlichem auch die persönliche Kommunikation wichtig, und das Gefühl, gut versorgt zu sein. Ein hilfreicher Beitrag zu besserer Kommunikation könnten eigene Videos sein, so Dr. Johannes Wimmer, der im Competenzzentrum Versorgungsforschung in der Dermatologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) den Bereich Digital Patient Communication leitet. Würde Patienten in Praxis oder Klinik Grundlegendes zu Diagnose und Behandlung vorab per Video erklärt, schaffe auch das Vertrauen. Für die Ärzte spare es Zeit, da sie in der Behandlung an das Vorwissen anknüpfen könnten. Laut einer Studie der Universitätsklinik Essen hätten Patienten in fast allen Indikatoren ein größeres Wohlbefinden berichtet, wenn Erklär-Videos in ihre Behandlung eingebaut waren.

Schon weithin üblich sei heute, dass Ärzte Informationen und Feedback auf Websites oder in Online-Portalen hinterlegen, konstatierte Beyer. Viel seltener allerdings machten sich Mediziner die Mühe, ganze QM-Systeme zu durchlaufen. "Es steckt immer ein gewisser Aufwand dahinter", so Beyer. Finanziell ausgeglichen werde dieser zudem nicht, die Ärzte müssten alles selbst zahlen.

Zertifizierungen gibt es inzwischen viele. Unter anderem bietet die KBV entsprechende Möglichkeiten, so Ulrike Schmitt, Leiterin der KBV-Abteilung Qualitätsmanagement. Es gebe für Niedergelassene die Systeme "Qualitätsentwicklung in Praxen" (QEP) und "PraxisCheck". Mit der BundesArztsucheApp wolle die KBV zudem den Patienten die Arztsuche direkt erleichtern.

Allerdings setze die KV-Zulassung an sich schon hohe Standards, betonte Schmitt. Diese würden zwar intern regelmäßig überprüft und nachgewiesen, aber kaum öffentlich wahrnehmbar kommuniziert. Zusätzliche QM-Systeme eigneten sich als Führungsinstrumente in der Praxis, und dazu, Qualität besser darzustellen. Sie seien aber ein Extra.

"Wir brauchen nicht den besten Arzt, wir brauchen ganz viele gute Ärzte, die gut versorgen", stellte Schmitt fest. Nur so sei der Versorgungsauftrag gegenüber der Bevölkerung zu erfüllen. Eine "valide Plattform auf dem Niveau des Durchschnittsbürgers" formulierte Uwe Hauck als Wunsch für die Versorgung. Er selbst habe als Patient mit Depressionen viel Zeit für den Weg zur passenden Behandlung benötigt, besonders dafür, einen geeigneten Psychotherapeuten zu finden.

Patientenvoten in der Diskussion

Online-Portale mit Bewertungen sahen die Experten zugleich als Chance und Risiko. Oftmals sei unklar, wie zutreffend abgegebene Bewertungen die Behandlungsrealität abbilden. "Bewertungen sind eine Annäherung", gestand auch jameda-Geschäftsführer Dr. Florian Weiß zu. Sie sollten Patienten eine zusätzliche Orientierungsmöglichkeit bieten. Dabei verstehe sich jameda aber nicht als Bewertungsportal, bei dem Bestnoten zählten. "Es geht darum, Patienten zu helfen, den passenden Arzt zu finden, nicht den ,besten‘", so Weiß.

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