"AniTa"

Fachhochschule startet Tauschbörse für Angehörige

Wenn der greise Vater vorwurfsvoll "komm mich doch mal besuchen" in den Hörer mault, rührt sich bei der 400 Kilometer entfernt wohnenden Tochter zuverlässig das schlechte Gewissen. Eine neue Angehörigen-Tauschbörse könnte Abhilfe schaffen.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:

HAMBURG. "Frauentausch" nannte sich ein Soap-Format des Trash-Kanals RTL II, dem immerhin soviel Erfolg beschieden war, dass von 2003 bis 2017 regelmäßig Folgen ausgestrahlt wurden. Ob sich die Initiatoren der Angehörigen-Tauschbörse "AniTa" (für "Angehörige im Tausch") davon haben inspirieren lassen?

Unter Leitung der Gesundheitsökonomin Professor Susanne Busch und des Informatikers Professor Boris Tolg von der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften soll der Angehörigentausch jetzt in Betrieb gehen. Finanziert werde das Projekt für die Dauer einer Erprobungsphase vom GKV-Spitzenverband.

Tätigkeit wird frei vereinbart

Weitere Projektpartner sind die Deutsche Alzheimer Gesellschaft, der MDK Bayern und die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Konkret soll die Sache so aussehen, dass sich ein Teilnehmer um den in seiner Nähe wohnenden, betagten Angehörigen eines anderen, weiter entfernt lebenden Teilnehmers kümmert – und umgekehrt. Dabei sei es "egal, ob diese Entfernung 80 oder 800 Kilometer beträgt", heißt es. Idealerweise erfolge der Tausch direkt zwischen zwei Familien. Möglich sei aber auch ein Ringtausch. Was die Angehörigen-Stellvertreter bei ihren Besuchen jeweils zu tun haben, sei Sache freier Vereinbarung. Denkbar wären etwa gemeinsame Museumsbesuche, Spaziergänge im Park, Konzertbesuche oder einfach nur, aus der Tageszeitung vorzulesen. Auch eine Begleitung zum Arzt oder Begleitung anlässlich einer Pflegegrad-Begutachtung durch den Medizinischen Dienst könnten von den Stellvertretern vor Ort übernommen werden.

Ausgeschlossen seien jedoch pflegerische Aufgaben, Geldgeschäfte oder Tätigkeiten zur Haushaltsführung. Dreh- und Angelpunkt der Angehörigen-Tauschbörse ist eine Onlineplattform (http://www.ls.haw-hamburg.de/~AniTa/index.php/startseite.html), auf der sich Interessenten anmelden müssen. Anschließend erhalten sie ein Anmeldeformular, in das sie Informationen über ihren individuellen Unterstützungsbedarf für einen Angehörigen eingetragen können sowie Wünsche zu Art und Umfang der Tauschpatenschaft. "Wir bemühen uns, so schnell wie möglich jemanden zu finden, der in der Nähe Ihres Familienmitgliedes lebt und bereit ist, ihn oder sie zu besuchen. Gleichzeitig suchen wir auch für Sie jemanden in Ihrer Nähe, den Sie besuchen, begleiten und unterstützen können", versprechen die Projektträger.

Rede und Antwort stehen

Die Teilnehmer seien frei, eine Tauschbeziehung jederzeit zu beenden. Zur Lösung eventuell auftretender zwischenmenschlicher Probleme bieten sich die Projektträger als Vermittler an. Da beabsichtigt sei, die Tauschbörse wissenschaftlich zu evaluieren, würden die Teilnehmer in Abständen zu "kurzen Befragungen" gebeten. Auch wenn ein Teilnehmer einen Tausch beendet, werde er nach den Gründen dafür gefragt.

Dem Publikum soll die Angehörigen-Tauschbörse unter anderem am 24. März bei einer Informationsveranstaltung im Einkaufszentrum "Hamburger Meile" im Stadtteil Barmbek-Süd vorgestellt werden.

Website mit Kontaktdaten und Informationen:

http://bit.ly/2GB4JSk

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