Digital Health

Wenn Start-ups und Kassen gemeinsame Sache machen

Das Netzwerk Healthy Hub bringt junge Unternehmen und Kassen zusammen. Das Vehikel unterstützt Start-ups im stark regulierten Gesundheitsmarkt und bringt die GKV auf neue Ideen.

Kerstin MitternachtVon Kerstin Mitternacht Veröffentlicht:
Start-ups setzen auf kreative Lösungen, die vor allem jüngere Patienten effektiv in die Versorgung einbinden können.

Start-ups setzen auf kreative Lösungen, die vor allem jüngere Patienten effektiv in die Versorgung einbinden können.

© Antonioguillem / stock.adobe.com

FRANKFURT/MAIN. Dass Start-ups aus dem Gesundheitswesen einen Zugang zum ersten Gesundheitsmarkt bekommen, ist für Gründer oft schwierig. "Aber nicht nur Start-ups haben Probleme mit der gesetzlichen Krankenversicherung ins Geschäft zu kommen, sondern auch für die Kassen ist es mitunter schwierig gute Ideen der Start-up-Szene in der Praxis umzusetzen", sagt Healthy Hub-Geschäftsführer Dr. Elmar Waldschmitt.

Er hat mit vier Gesetzlichen Krankenversicherern das Healthy Hub gegründet, in dem sich Kassen und Jungunternehmer kennenlernen und gemeinsam Produkte ausprobieren können.

Einjähriger Testpilot

Denn zunehmend schauen auch Krankenkassen, wo es Sinn machen könnte, ihren Mitgliedern digitale Technologien anzubieten, um den Service zu verbessern und auch um für mehr Wirtschaftlichkeit zu sorgen. Die Initiative zum Healthy Hub ging von der Kasse BIG direkt gesund aus.

"Da wir bereits gute Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit anderen Kassen gemacht haben, war es kein Problem, weitere Krankenkassen für das Projekt zu gewinnen", berichtet Waldschmitt, der auch die Unternehmensentwicklung der BIG leitet. "Wir haben eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, um Start-ups in die GKV zu bringen."

Die weiteren Krankenkassen sind die HEK Hanseatische Krankenkasse, mhplus Betriebskrankenkasse, IKK Südwest und SBK Siemens Betriebskrankenkasse.

Die Idee: Nach einer Ausschreibung werden fünf Start-ups ausgesucht, die in einem Piloten ein Jahr lang mit der Versicherung ihr Angebot testen können. Dann wird gemeinsam evaluiert, wie der Pilot gelaufen ist, und es gibt die Möglichkeit eines Anschlussvertrages für weitere zwei Jahre.

Ziel des Projektes war es, den Markt einmal zu sichten, so Waldschmitt. Aus diesem Grund wurde ein Wettbewerb organisiert. Die Vorgaben waren, dass es sich um eine digitale Lösung handeln musste, die die Versorgung verbessert, wirtschaftlich und innovativ ist.

Selektivvertrag angestrebt

80 Bewerbungen hat das Healthy Hub erhalten. 15 Start-ups wurden zum Pitch eingeladen und mit fünf von ihnen arbeiten die Kassen jetzt zusammen. "Für uns war es dabei natürlich wichtig, eine Erstattungsgrundlage bei den Bewerbern zu finden, sodass wir einen Selektivvertrag schließen können."

Die fünf Jungunternehmen, die einen Vertrag erhalten haben, bekommen über ein Expertennetzwerk Einblicke in Prozesse der gesetzlichen Krankenversicherungen: Wie tickt eine Kasse? Wie funktioniert die Abrechnung? Welche IT-Schnittstellen gibt es?

Die ersten Start-ups sind die Temedica GmbH mit ihrer App pelvina zum Thema Beckenbodentraining, Kinderheldin GmbH, Beratung rund um Schwangerschaft, Geburt und Kinder, Magnum Est Digital Health GmbH und die App Yas, die gesundheitsbewusstes Verhalten fördert, die Preventicus GmbH, zum Thema Schlaganfallprävention und Selfapy GmbH eine psychologische Beratung.

"Die Zusammenarbeit mit dem Healthy Hub und der Krankenkasse läuft sehr gut und es entstehen dadurch kürzere Wege und schnellere Abstimmungen", berichtet Gloria Seibert, Geschäftsführerin der Temedica GmbH. Auf Basis ihrer Erfahrungen mit weiteren Temedica-Produkten gestalten sich Abstimmungen mit Krankenkassen in der Regel etwas langwieriger.

Kassen folgen eigenen Regeln

Es sei für Start-ups erst einmal eine Herausforderung zu verstehen, wie das System der Erstattung durch Krankenkassen funktioniert. "Kassen haben eigene Regeln und Prioritäten, auf die sich ein Start-up mit seinen Produkten erst einmal einstellen muss", weiß Seibert.

Das Healthy Hub helfe, Abläufe besser zu verstehen. So müsse ein Produkt, wie die App pelvina, erst einmal einen krankenkassenübergreifenden Zulassungsprozess durchlaufen, auf Basis dessen entschieden wird, ob das Produkt erstattet wird oder nicht. Auch gebe es viele zentrale Vorgaben, die die App erfüllen müsse, auch wenn diese nicht immer unmittelbaren Mehrwert für den Nutzer stiftet. "Hier ist es gut, dass wir uns mit den Kassen austauschen können."

"Grundsätzlich prallen Welten aufeinander, ein Sozialversicherungsfachangestellter und ein Unternehmer arbeiten nun einmal sehr unterschiedlich", sagt auch Waldschmitt. "Man muss sich heute am Markt etwas einfallen lassen, damit man wahrgenommen wird. Wir versuchen mit dem Projekt, als mittelständische Kassen, einen neuen Ansatz", erklärt Waldschmitt weiter.

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