Hausärzte in Rheinland-Pfalz

Versorgungsstruktur überrascht

Es gibt heute mehr Hausärzte in Rheinland-Pfalz als noch vor zehn Jahren. Vor allem ein Blick auf die Versorgungsstruktur im größtenteils ländlich geprägten Bundesland überrascht.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
Untersuchung beim Hausarzt: In Rheinland-Pfalz zeigt der aktuelle Versorgungsatlas neue Trends.

Untersuchung beim Hausarzt: In Rheinland-Pfalz zeigt der aktuelle Versorgungsatlas neue Trends.

© Helmut Fohringer / APA / picture

MAINZ. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung ist die Zahl der Hausärzte in Rheinland-Pfalz von 2005 bis 2015 nicht gesunken, sondern leicht gestiegen. Das geht aus dem Versorgungsatlas Rheinland-Pfalz 2016 hervor, den die KV am Dienstag vorgestellt hat.

Während im Jahr 2005 noch 2704 Hausärzte im Land praktizieren, waren es 2015 elf mehr, also 2715. Da viele Ärzte jedoch nur in Teilzeit arbeiten, ist die Zahl der Versorgungsumfänge um 1,7 Prozent gesunken – von 2608 auf 2564. Als voller Versorgungsumfang gilt eine Arbeitszeit von mehr als 30 Stunden pro Woche.

Aus dem Versorgungsatlas geht ein Trend deutlich hervor: die Medizin ist stärker noch als vor zehn Jahren von Frauen geprägt. Im Vergleich zu 2005 ist der Anteil der Vertragsärztinnen und Psychotherapeutinnen im Land um acht Prozentpunkte gestiegen. Vor zehn Jahren waren 1944 von 6073 Ärzten weiblich (32 Prozent) – heute sind es mit 2885 Ärztinnen von 7226 40 Prozent.

Ein Blick an die Unis

Blickt man an die Universitäten auch jenseits von Mainz, ist davon auszugehen, dass dieser Trend sich weiter fortsetzen wird: zwei Drittel der Studienanfänger in der Humanmedizin sind aktuell weiblich.

Die "Verweiblichung" hängt mit der hohen Zahl der in Teilzeit arbeitenden Ärzte unmittelbar zusammen, so auch in Rheinland-Pfalz: Von der Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, machen Frauen mit 25,7 Prozent fast doppelt so häufig Gebrauch wie Männer.

Mit verschiedenen Kampagnen und Förderoptionen versucht die Landes-KV schon seit Jahren, junge Mediziner für eine Niederlassung zu gewinnen. Doch die Zahlen geben Aufschluss darüber, dass die Attraktivität einer Anstellung in den vergangenen zehn Jahren gestiegen ist.

Teilzeit spielt bei Hausärzten nur untergeordnete Rolle

15 Prozent der Hausärzte sind inzwischen angestellt. Interessant auch: Während bei den angestellten weiblichen und männlichen Ärzten 59 Prozent in Teilzeit arbeiten, sind es bei den freiberuflich Niedergelassenen nur acht Prozent.

Den höchsten Anteil an Teilzeitarbeit weisen mit 30 Prozent die niedergelassenen Psychotherapeuten auf. Bei niedergelassenen Hausärzten spielt die Teilzeit mit weniger als 2,5 Prozent dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

Den Grund dafür sieht die KV in den Praxisstrukturen: So sei es "schwieriger, in einer hausärztlichen Einzelpraxis auf dem Land Teilzeitmodelle umzusetzen als etwa in einer psychotherapeutischen Einzelpraxis in der Stadt oder in einem MVZ", heißt es im Bericht.

Wenig Lust auf Einzelpraxis

Auch einen Trend zur "Teamisierung" erkennt die KV mit Blick auf die vergangenen zehn Jahre. Die Einzelpraxis werde in der haus- und fachärztlichen Versorgung zunehmend durch andere kooperative Praxisformen ersetzt werden, prognostizieren die Autoren des Berichts.

Aber: "Trotz eines deutlichen Rückgangs zwischen 2005 und 2015 um 650 Einzelpraxen ist die Einzelpraxis bislang mit 3534 Betriebsstätten (71 Prozent aller Praxen) aktuell noch immer die dominierende Praxisform."

Betrachtet man allein die Hausärzte, haben diese mit 51 Prozent offenbar deutlich weniger Lust auf eine Einzelpraxis als der Durchschnitt: Nur 51 Prozent der niedergelassenen Hausärzte arbeiten allein. Den höchsten Anteil der in Einzelpraxis Niedergelassenen weisen die Psychotherapeuten auf (92 Prozent), den geringsten Anteil der fachärztliche Versorgungsbereich mit 40 Prozent.

Trotz der ungleichen Bevölkerungsverteilung in Rheinland-Pfalz sei das Versorgungsniveau hoch, schreiben die Studienautoren. Die hausärztlichen Versorgungsumfänge seien zu 29 Prozent in ländlichen Räumen beheimatet.

"Keine Verlagerung in die Ballungsgebiete"

In den dicht besiedelten Bereichen der fünf Oberzentren Koblenz, Mainz, Ludwigshafen, Kaiserslautern und Trier sowie im Umland wohnen etwa 29 Prozent der rheinland-pfälzischen Bevölkerung; dort liegt der Versorgungsumfang der Vertragsärzte und -psychotherapeuten sogar bei 39 Prozent (28 Prozent der Hausärzte, 45 Prozent der Fachärzte und Psychotherapeuten).

Von einer Zentralisierung will die KV aber noch nicht sprechen: "Aus den Zahlen ist keine Verlagerung von Praxisstandorten aus ländlichen Räumen in die Ballungsgebiete ablesbar."

Momentan sind bereits 30 Prozent der in Rheinland-Pfalz tätigen Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten 60 Jahre und älter. 2005 betrug dieser Anteil erst 13 Prozent.

Zu erwarten ist nach dem "Zulassungsboom" Anfang der 90er Jahre eine Abgangswelle: Allein in Rheinland-Pfalz werden einer KV-Studie zufolge bis 2022 1645 Hausärzte fehlen – 61 Prozent beziehungsweise 62 Prozent des Versorgungsumfangs.

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