Junge Ärzte

Medizinstudenten reizt das Hausarzt-Sein durchaus

Eine Umfrage von Hartmannbund und TK zeigt: Jeder zweite Studierende kann sich die Allgemeinmedizin mittlerweile für seine spätere Tätigkeit vorstellen. Aber: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss stimmen.

Von Michael Sudahl Veröffentlicht:
Ein früher Praxisbezug im Studium kann das Interesse für die Allgemeinmedizin wecken.

Ein früher Praxisbezug im Studium kann das Interesse für die Allgemeinmedizin wecken.

© Bojan - stock.adobe.com

STUTTGART. Geringe Reputation in der Fachwelt und schlechte Bezahlung – die Vorurteile gegenüber dem Job als Hausarzt sind unter Medizinstudenten in Baden-Württemberg tief verwurzelt.

Gleichzeitig steht die Tätigkeit als Hausarzt höher im Kurs als früher: Immerhin jeder zweite Medizinstudent kann sich vorstellen, als Hausarzt zu arbeiten. Rund 20 Prozent sind noch unentschlossen und jeder Dritte strebt eine Karriere als Facharzt an.

Dieses Bild zeigt eine Umfrage unter 3000 Studierenden durch Hartmannbund (HB) und Techniker Krankenkasse (TK). 300 Nachwuchsmediziner haben an der am Donnerstag veröffentlichten Studie teilgenommen.

Tragen die Bemühungen Früchte?

Hausärzte im Gespräch

» An diesem Montag startet die TK-Hausarzt-Tour in Baden-Württemberg.

» Zwölf Medizinstudenten aus ganz Deutschland touren durch das Bundesland. Das Motto: "Raus aufs Land, rein ins Leben."

» Der Erfahrungsaustausch steht im Mittelpunkt der Tour: Die Studenten reden mit Hausärzten, diskutieren eine Praxisgründung und kommen mit Bürgermeistern ins Gespräch.

 

Andreas Vogt freut sich über diese Zahlen. Sie zeigen, dass die Bemühungen, den Hausarzt-Beruf attraktiver zu machen, Früchte tragen. Dessen ist sich der Leiter der Landesvertretung der TK in Baden-Württemberg sicher.

Er nennt das Landärzteprogramm als eine Ursache. Die Landesregierung zahlt seit fünf Jahren Hausärzten in unterversorgten Gebieten einmalig bis zu 30.000 Euro. Zudem stärke das Land die Allgemeinmedizin an den Hochschulen. So wurde ein Kompetenzzentrum am Uniklinikum Heidelberg gegründet.

Auch spiegeln sich die Mühen der Unis in den Umfrage-Ergebnissen wider. So bestätigen acht von zehn Studierenden, dass es an ihrer Hochschule genügend Lehr- und Infoangebote für angehende Hausärzte gebe. Und 90 Prozent sind der Meinung, dass es einfach sei, einen Praktikumsplatz bei einem Hausarzt zu bekommen.

Zentrale Pluspunkte seien außerdem, Patienten über einen längeren Zeitraum zu begleiten und das breite medizinische Spektrum, das Hausärzte abdecken. "Die positiven Seiten des Berufes werden wieder stärker wahrgenommen", sagte Klaus Rinkel.

Dagegen spiele das hohe Ansehen, das Hausärzte in der Bevölkerung genießen, eine untergeordnete Rolle. Für den Vorsitzenden des Hartmannbundes im Land sind das die richtigen Prioritäten: Geschätzt werde, wer eine gute medizinische Versorgung biete.

Keine einsamen Wölfe

Die Umfrage zeigt aber auch, dass der Hausarzt alter Prägung als Einzelkämpfer zum Auslaufmodell mutiert. "Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht an erster Stelle bei der Entscheidung, ob auch eine Tätigkeit als Landarzt in Frage kommt", sagt Rinkel. Für mehr als drei Viertel der Studierenden ist dies bedeutend.

Auch muss Zeit für kulturelle Angebote bleiben. Für immerhin rund 60 Prozent ist das wichtig. Hartnäckig halten sich allerdings Vorurteile: So hält jeder Zweite die Vergütung für zu schlecht, jeder Dritte sieht den Hausarzt von der medizinischen Entwicklung abgekoppelt und jeder Vierte ist der Ansicht, der Hausarzt genieße zu wenig Ansehen in der Fachwelt.

Für völlig falsch hält die TK die Vorstellung, dass neue Entwicklungen in der Medizin beim Hausarzt erst ganz am Schluss ankommen. Vor allem vom Hausarzt werde es künftig abhängen, ob Trends wie Digitalisierung oder Aufgaben einer alternden Gesellschaft von der ambulanten Medizin gemeistert werden. In ländlichen Regionen könnten telemedizinische Leistungen wie die Videosprechstunde die Versorgung gar verbessern.

Bei HB und TK ist man sich überdies sicher: "Die Zukunft gehört der Hausärztin 2.0." Denn der Anteil weiblicher Hausärzte steigt kontinuierlich. Waren noch vor fünf Jahren 48 Prozent der Hausärzte in Baden-Württemberg im Alter bis 49 Jahre Frauen, so sind es heute 54 Prozent.

Dass alleine damit Forderungen nach flexiblen Arbeitszeiten einhergeht, halten Rinkel und Vogt für Unsinn. "Junge männliche Ärzte wollen genauso in Elternzeit gehen wie die Frauen." Und andersherum treiben die Wiedereinsteigerinnen unten den Ärztinnen die Nachfrage nach Teilzeit-Modellen voran.

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