Neu Fakultät in Augsburg

"So möchte ich ausgebildet werden"

Professorin Martina Kadmon ist Gründungsdekanin der Medizinischen Fakultät an der Universität Augsburg. Mit der "Ärzte Zeitung" sprach sie über die komplexe Aufgabe, eine Fakultät aufzubauen.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Der Studiengang Medizininformatik soll als erster an der neuen Medizinischen Fakultät starten.

Der Studiengang Medizininformatik soll als erster an der neuen Medizinischen Fakultät starten.

© vege/stock.adobe.com

Ärzte Zeitung: Die Uni Augsburg kam im vergangenen November auf Sie zu. War das für Sie ein überraschendes Angebot oder absehbar?

Prof. Martina Kadmon: Die Anfrage kam für mich überraschend. Ich habe die Aufbauphase in Oldenburg mitgestaltet und war in Heidelberg schon zentral in die Umstellung auf den Reformstudiengang HeiCuMed eingebunden. Als Klinikerin war ich viele Jahre an der Chirurgischen Uniklinik in Heidelberg tätig, im Rahmen von Rotationen auch an nicht-universitären Krankenhäusern. Ich nehme an, wegen dieser Erfahrungen wurde ich gefragt.

Was hat sie an der in Aussicht gestellten Aufgabe gereizt?

Als ich gebeten wurde, mich der Findungskommission vorzustellen, habe ich das sehr gern getan. Mich hat vor allem gereizt, die sehr frühe Aufbauphase einer neuen medizinischen Fakultät mitzugestalten, mit dem ersten Modellstudiengang in Bayern, aber auch mit dem Übergang eines großen Krankenhauses der Maximalversorgung in eine Universitätsklinik.

Seit Anfang Mai sind Sie nun vor Ort. Was tut sich gerade?

Ich bin dabei, die Dekanatsstrukturen aufzubauen, allmählich beginnt der Personalzuwachs. In den nächsten Wochen werden die ersten klinischen Professuren von Kollegen, die altersbedingt ausscheiden, ausgeschrieben. Im Lauf des Jahres kommen die Berufungsverfahren dazu, die wir für die frühen Studienabschnitte benötigen, Anatomie, Physiologie, Biochemie und Medizinische Psychologie. Dazu werden die ersten Baumaßnahmen für neue Forschungs- und ein Lehrgebäude auf den Weg gebracht.

Der Studiengang Medizininformatik soll nächstes Jahr als erstes starten. Warum hat man sich genau dafür entschieden?

Eine zentrale Frage war, wie wir vorhandene Stärken an der Universität nutzen und in den Aufbau der Medizin integrieren können, sodass beide Disziplinen gestützt werden. Das traf angesichts der Digitalisierung der Medizin besonders auf die Fakultät für Angewandte Informatik zu. Deshalb wollen wir diesen Schwerpunkt in Forschung, Lehre und Ausbildung voranbringen.

Wie ist es bei der Umweltmedizin?

Im Grunde ähnlich, diese hat in Augsburg eine Stärke. Sie ergänzt zudem die Schwerpunkte der anderen bayerischen Fakultäten. Und sie lässt sich mit den klinischen Profilbereichen Tumorforschung, Allergologie und Gefäßmedizin verknüpfen. Die Frage nach der Relevanz von Umwelt- und anderen Einflüssen auf Gesundheit und Krankheit ist dort sehr relevant.

Bauen Sie auch parallel schon den Austausch mit anderen Universitäten auf?

Wir stehen noch am Anfang, aber wir sind schon in Kontakt mit den anderen Medizinischen Fakultäten in Bayern. Ich wünsche mir sehr, dass wir hier gute Kooperationen aufbauen können, und die Bereitschaft ist auch sehr hoch.

Bei Ihnen ist schon in der Aufbauphase der Fakultät ein Lehrstuhl für Allgemeinmedizin mit eingeplant. An manchen Hochschulen wird dieser erst im Nachhinein ergänzt. Wie ist da der Stand der Dinge?

Ja, dieser Lehrstuhl ist bereits in der Aufbauphase geplant. Er ist wichtig für die Lehre im Fach Allgemeinmedizin und für die Sicherung des Ärztenachwuchses in der Primärversorgung. Ich bin mit Kollegen aus der Allgemeinmedizin in Diskussion, die sich sehr freuen, dass der Bereich hier von vornherein eine Bedeutung haben wird. Wir wollen die Niedergelassenen in der Region in die Ausbildung der Studierenden integrieren.

Gibt es erste Überlegungen oder Kontakte zu Lehrpraxen?

Die ersten Studierenden der Humanmedizin beginnen im Wintersemester 2019, es wird also noch etwas dauern, bis sie Praxisrotationen absolvieren. Wir werden aber früh genug mit den Lehrpraxen sprechen, sodass sie sich aktiv in die Curriculumsentwicklung einbringen können. Studiendekan und Studiendekanat werden das wesentlich voranbringen. Ein unterstützendes Lehrpraxisnetzwerk ist heute ein wichtiges Element in der medizinischen Ausbildung, sowohl entlang des Studiums als auch im Praktischen Jahr.

Sind schon weitere Personalien bekannt?

Der Gründungsstudiendekan ist Professor Reinhard Hoffmann, der am Klinikum Augsburg das Institut für Labormedizin und Mikrobiologie leitet. Er hat in der bisherigen Entwicklung des Studiengangs gemeinsam mit weiteren Engagierten viel Vorarbeit geleistet.

Was sind Gründe, sich für ein Studium in Augsburg zu entscheiden?

Ein wesentlicher Grund wäre, dass wir hier den ersten Modellstudiengang in Bayern haben mit einer integrierten Ausbildung in grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Inhalten. Ein weiterer ist die Möglichkeit des Austauschs mit Studierenden der Medizininformatik, die dort, wo es sinnvoll ist, mit Studierenden der Humanmedizin gemeinsam ausgebildet werden.

Wo sehen Sie die Vorteile zu anderen Studiengängen?

Das ist nicht leicht zu beantworten. Studierende aus einem Modellstudiengang werden keine besseren Ärzte. Es ist einfach eine andere Herangehensweise, die Studierenden früh ermöglicht, zu erkennen, warum sie bestimmte wissenschaftliche Inhalte lernen und wofür sie das in der Praxis brauchen. Ich glaube, es wird Studierende geben, die sagen: "So möchte ich in der Medizin ausgebildet werden." Darüber hinaus greifen wir in dem Studiengang viele Aspekte auf, die uns der Masterplan 2020 aufgibt und der Wissenschaftsrat empfiehlt.

Professor Martina Kadmon

- Fachärztin für Chirurgie

- Habilitiert an der Universität Heidelberg 2010

- Zuletzt an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg Professorin für Medizinische Ausbildung und Ausbildungsforschung sowie kommissarische Dekanin der Fakultät für Medizin und Gesundheitswissenschaften

- Ihr Ziel für die neue Medizinische Fakultät der Universität Augsburg bis 2022: 100 Professoren, 1500 Studierende, Schwerpunkte in Medizininformatik und Umweltmedizin

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