Universität Leipzig

Nicht immer nur Büffeln – hier dürfen Studenten mit anpacken

In Leipzig sollen Medizinstudierende vom ersten Tag an für die Allgemeinmedizin begeistert werden. Dafür bekommen sie einen ärztlichen Mentor an die Seite gestellt.

Sven EichstädtVon Sven Eichstädt Veröffentlicht:
Gutes Team (von links): Arzthelferin Antje, Leika-Patenärztin Angelika Raschpichler, Arzthelferin Manuela und Studentin Lisa Birke.

Gutes Team (von links): Arzthelferin Antje, Leika-Patenärztin Angelika Raschpichler, Arzthelferin Manuela und Studentin Lisa Birke.

© Eichstädt

Lisa Birke ist auf dem Heimweg, mit der S-Bahn von der Kleinstadt Delitzsch ins 20 Minuten entfernte Leipzig. Die Medizinstudentin ist gut gelaunt – sie hat einen von zwei Praxistagen bei Allgemeinärztin Angelika Raschpichler hinter sich. "Wenn ich abends aus der Praxis rausgehe und zurück nach Leipzig fahre, weiß ich, wofür ich studiere, und bekomme einen großen Motivationsschub", sagt die 28-Jährige, die im Herbst ihr drittes Semester begonnen hat.

Dabei ist der Praxistag mehr als eine Abwechslung für sie. "Das Studium ist sehr theorielastig, durch die Arbeit mit den Patienten und der Ärztin erhalte ich einen guten Eindruck, wie die Arbeit später aussehen wird."

Birke ist eine von 26 Teilnehmern eines neuen Projekts der Universität Leipzig, das den Namen "Leipziger Kompetenzpfad Allgemeinmedizin" und die Abkürzung Leika erhalten hat und vom Wissenschaftsministerium des Freistaats unterstützt wird. "Wir wollen mit Leika der Überalterung der Hausärzte und dem in der Zukunft drohenden Ärztemangel entgegenwirken", sagt Christiane Saur, Koordinatorin des Projekts, das an der Selbstständigen Abteilung für Allgemeinmedizin der Universität Leipzig angesiedelt ist. "Studenten sollen an die Allgemeinmedizin schon von Beginn ihres Studiums an herangeführt werden, indem sie vom ersten Semester an persönlichen Patientenkontakt erhalten und praktische Fähigkeiten erlernen."

Rollenvorbilder sind wesentlich

Studenten, die an der praktischen Arbeit eines Hausarztes interessiert sind, erhalten so für die gesamte Zeit ihres Studiums einen festen Patenarzt als Mentor. Dessen Arztpraxis wird als akademische Lehrpraxis der Universität zertifiziert. Derzeit sind 50 Patenärzte bei dem Projekt dabei, für die neuen Jahrgänge von Medizinstudenten, die jeweils im ersten Semester bei Leika beginnen, werden weitere Patenärzte gesucht.

"Ich hatte in der ersten Woche meines Studiums von dem Projekt gehört und fand es spannend, einen Mentor zu haben und die Idee dahinter, später Allgemeinmedizin praktizieren zu können", erinnert sich Studentin Lisa Birke, die vor ihrem Studienbeginn als Krankenschwester in einer Klinik in Jena arbeitete. Neben den beiden Praxistagen pro Semester werden für die Studenten außerdem zusätzliche Seminare und Workshops organisiert, an denen über den normalen Studieninhalt hinaus allgemeinmedizinische Themen vermittelt werden.

"Wir wollen mit unserem Programm Studenten erreichen, die nicht ohnehin schon Hausarzt werden wollen", sagt Tobias Deutsch, ebenfalls Teil des Leika-Organisatorenteams. "Die wenigsten Studenten beginnen ihr Medizinstudium und sagen, sie wollen später unbedingt Hausarzt werden." Koordinatorin Saur ergänzt, dass dabei "Rollenvorbilder schon im Studium wichtig sind".

Eine ganze Lebensspanne

Vorbild für Lisa Birke ist ihre Mentorin Angelika Raschpichler, die eine Hausarztpraxis im Zentrum von Delitzsch hat und dort auch Akupunktur und Chirotherapie anbietet. "Dass meine Mentorin auch Akupunktur und ein ganzheitliches Behandlungsprogramm praktiziert, fand ich sehr interessant", berichtet die Studentin.

Zum Programm gehören außer Patenärzten auch feste Patenpatienten, die von den jungen Leuten den gesamten Studienverlauf hinweg begleitet werden. "Unsere jüngsten Patienten behandeln wir schon vor ihrer Geburt, unser ältester Patient ist 97 Jahre alt", sagt Raschpichler, deren Niederlassung auch schon vor dem Start von Leika viele Jahre lang akademische Lehrpraxis der Universität war.

"Natürlich verursacht es am Anfang etwas Aufwand, wenn wir Studenten in unseren Praxisalltag integrieren", sagt Raschpichler, "aber unsere Patienten lieben es". Die älteren Männer unter ihren Patienten seien gleich gar nicht mehr so krank, wenn sie von den jungen Kolleginnen und Kollegen untersucht würden. "Auch wir als Mediziner profitieren von den neuen Sichtweisen unserer Studenten", findet die langjährige Allgemeinmedizinerin und spricht von einer "Bereicherung für unsere Arbeit".

Bei einem Stammtisch von Medizinern in Delitzsch habe sie neulich wieder neue Kollegen dafür geworben, ihre Niederlassung ebenfalls als Lehrpraxis zertifizieren zu lassen. "Wir stehen in Delitzsch vor einem Generationswechsel und brauchen neue junge Kollegen", fügt sie hinzu.

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