Sachsen-Anhalt

Erste Stipendiatin ist in der Niederlassung angekommen

Während die Landarztquote in vielen Bundesländern noch diskutiert wird, machte Sachsen-Anhalt bereits 2010 mit einem Stipendium einen Vorstoß in eine ähnliche Richtung. Nun ist die erste Stipendiatin in der Niederlassung angekommen. Allgemeinärztin Ingrid Grüßner berichtet, wie sie heute über den "Deal" denkt.

Von Petra Zieler Veröffentlicht:
Ingrid Grüßner, erste Stipendiatin in der Niederlassung, an ihrem Schreibtisch in der Berufsausübungsgemeinschaft Oschersleben Gartenstraße.

Ingrid Grüßner, erste Stipendiatin in der Niederlassung, an ihrem Schreibtisch in der Berufsausübungsgemeinschaft Oschersleben Gartenstraße.

© Petra Zieler

OSCHERSLEBEN. "Einen netten Zusatz" nennt Ingrid Grüßner ihr Stipendium rückblickend. Sie ist als erste Stipendiatin des Programms für Standorttreue in Sachsen-Anhalt in der Niederlassung angekommen. Seit Anfang Oktober ist die Allgemeinmedizinerin angestellte Ärztin in der Berufsausübungsgemeinschaft Oschersleben Gartenstraße – und längst fest in den Versorgungsalltag integriert.

Das Stipendium hatten Landesregierung, KV und Landes-AOK 2010 gemeinsam auf den Weg gebracht, um der drohenden ärztlichen Unterversorgung in Sachsen-Anhalt entgegenzuwirken. Die ersten sieben Studierenden hatten Ende November 2010 die Zusage für das Stipendium erhalten, das je nach Studienjahr zwischen 300 und 700 Euro pro Monat lag.

Umzugspläne zerschlagen

Auch Ingrid Grüßner hatte sich damals beworben. 2010 war sie bereits im fünften Studienjahr, hatte noch fast zwei Semester sowie das Praktische Jahr vor sich und zu Hause schon eine zweijährige Tochter. "Wir konnten die 700 Euro monatlich also gut gebrauchen", sagt sie. Ihre Entscheidung, Allgemeinmedizinerin zu werden, war zu diesem Zeitpunkt allerdings schon längst gefallen. "Das stand für mich schon lange fest. Aber mein Mann und ich hatten überlegt, später eventuell nach Thüringen zu gehen." Diese Option hatte sich mit dem Stipendium erledigt.

Bei der Vergabe waren Studierende aller deutschen Hochschulen berücksichtigt worden, vorrangig aber künftige Hausärzte, Augenärzte und Dermatologen, die sich im Gegenzug verpflichten mussten, nach ihrer Facharztweiterbildung mindestens zwei Jahre in einer unterversorgten Region Sachsen-Anhalts zu praktizieren.

Das zweite Kind kam nur wenige Tage nach erfolgreichem Staatsexamen zur Welt. Mit zwei kleinen Kindern ging es durch die Weiterbildungszeit. "Ich hatte nie Probleme eine Stelle zu bekommen. Eins schloss sich nahtlos ans andere", sagt die Ärztin: Klinik, Innere Medizin, Chirurgie, Kinder, Diabetologie und Hausarztpraxis.

Die Unterstützung der Koordinierungsstelle für Allgemeinmedizin (KOSTA ) bei der Ärztekammer Sachsen-Anhalt, die sehr vielen Absolventen hilft, brauchte sie nicht. "Die Kinderarztpraxis kannte ich, weil ich dort mit meinen Kindern in Behandlung war, und in der Berufsausübungsgemeinschaft Oschersleben war ich schon als Praktikantin. Auch das hat sich gut gefügt und mir vielleicht den Zugang erleichtert."

Einzelpraxis ausgeschlossen

Die drei Chefs – die Gesellschafter der Praxis sind drei Ärzte – fanden, dass die junge Mutter gut ins Team passe. Wieder ein Glückstreffer. Ein freier Vertragsarztsitz am Heimatort Oschersleben, noch dazu ganz in der Nähe beider Großeltern, Arbeit in einer gut funktionierenden Praxis – Ingrid Grüßner sagte zu. "Eine Einzelpraxis habe ich ohnehin aus verschiedenen Gründen für mich ausgeschlossen."

Zum einen fühle sie sich auch nach fünf Jahren Weiterbildung noch nicht sicher genug, um in allen Situationen allein entscheiden zu können – "hier gehe ich ins nächste Zimmer und bitte einen Kollegen um Rat." Außerdem kann sie so langsam in die bürokratischen Dinge reinwachsen. Wichtig ist der Hausärztin zudem, dass Patienten in "ihrer" Praxis immer einen Ansprechpartner haben. Selbst in Urlaubs- oder Krankheitszeiten werde niemand fortgeschickt. Alles gute Gründe für die 33-Jährige, um bereits drei Monate nach der Entbindung ihres dritten Kindes einzusteigen. Ihr Mann bleibt den Großteil der Zeit bei den Kindern zu Hause.

Vor Kurzem haben die Grüßners ein Haus in der Nähe von Oschersleben gekauft. Und weil sich die junge Hausärztin wohlfühlt in der Berufsausübungsgemeinschaft, ihr die Arbeit Freude macht und dort noch eine Diabetologin gebraucht wird, ist die Weiterbildung für diese Zusatzbezeichnung auch bereits fest eingeplant.

Die beiden Stipendien der KV Sachsen-Anhalt

- Stipendienprogramm für Medizinstudierende jeder deutschen Universität: Die Höhe des monatlichen Stipendiums richtet sich nach dem Studienjahr.

- Stipendienprogramm für Medizinstudierende der Klassen Allgemeinmedizin: 800 Euro monatlich für die Dauer der Regelstudienzeit.

- Die Stipendiaten beider Programme verpflichten sich zu einer vertragsärztlichen Tätigkeit nach Abschluss der Weiterbildung in strukturschwachen Gebieten Sachsen-Anhalts – die Dauer ist abhängig vom Förderzeitraum.

Weitere Informationen:

www.kvsa.de/studium/stipendienprogramm

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