Junge Ärzte

Praxischef nach nur einer Woche Bedenkzeit

Eine Institution ist Dr. Helmut Scholz, der seit fast 30 Jahren Hausarzt in Rendsburg ist. Nun hat er einen Nachfolger gefunden: Mike Thomsen begleitete eine Kollegin zufällig bei einer Praxisbesichtigung und entschied sich für die Praxis.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Dr. Helmut Scholz (rechts) gibt nach langer Suche nach einem Nachfolger seine allgemeinmedizinische Praxis an Mike Thomsen ab.

Dr. Helmut Scholz (rechts) gibt nach langer Suche nach einem Nachfolger seine allgemeinmedizinische Praxis an Mike Thomsen ab.

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RENDSBURG. 90 Patienten am ersten Arbeitstag. Jeden Tag in der Woche Hausbesuche, Freitagnachmittag sogar von 13 bis 18 Uhr. Nach den Patienten dann Einführung in die Abrechnung und organisatorische Dinge regeln: So sah die erste Arbeitswoche für Mike Thomsen als frisch niedergelassener Hausarzt in Rendsburg aus.

Der bis vor Kurzem in der Rendsburger Imland-Klinik tätige Internist hatte in den ersten Tagen seiner Niederlassung in Einzelpraxis wenig Zeit zum Entspannen. "Im Krankenhaus habe ich mehr Kaffee getrunken", sagt Thomsen – ohne sich dort die Arbeit suchen zu müssen.

 Doch der Start in die eigene Niederlassung war extrem arbeitsreich für den 39-Jährigen, der eher zufällig den Weg in die ambulante Medizin gefunden hat. Seit 1. Januar ist er Nachfolger von Dr. Helmut Scholz in Rendsburg. Scholz ist lokal eine Institution.

Seit fast 30 Jahren ist Scholz Hausarzt in Rendsburg, er gründete Mitte der 1990er Jahre das bundesweit erste Praxisnetz (MQR) und engagiert sich seitdem in der Standespolitik. Vor allem aber ist Scholz Hausarzt mit Leib und Seele – und seit ersten Januar Thomsens Angestellter für einen Übergangszeitraum von rund sechs Monaten.

Über diese Zeit ist Thomsen froh, weil er sich bis vor wenigen Monaten gar nicht mit dem Gedanken an eine Niederlassung getragen hatte.

Alles so schön "bodenständig"

Als Facharzt im örtlichen Krankenhaus fühlte er sich wohl. Nur weil eine Kollegin ihn im Sommer um Begleitung beim Besuch der ausgeschriebenen Praxis bat, lernte Thomsen Scholz kennen und beschäftigte sich überhaupt mit dem Thema Niederlassung.

Die Kollegin entschied sich anders, aber Thomsen hatte von Beginn an in der Praxis ein "gutes Gefühl": "Alles hier wirkt sehr bodenständig, das hat mir von Anfang an gefallen."

Herausforderung gefunden

Nach einer Woche Bedenkzeit entschied er, seinem beruflichen Leben eine völlig neue Richtung zu geben und die Praxis zu übernehmen. Mit Scholz war er sich schnell einig. "Ich bin froh, dass meine Patienten und meine Mitarbeiter eine Perspektive haben", sagt Scholz, der sich vor sechs Jahren erstmals mit dem Thema Nachfolge beschäftigt hatte.

Er ließ sich bei der KV registrieren, schaltete Inserate, hat über das Krankenhaus Kontakte zu Kollegen aufgenommen – eine lange Zeit ohne Ergebnis.

Thomsen beschreibt sich selbst eher als Einzelkämpfer. Er ist zwar froh über die Einarbeitung durch Scholz, ist aber auch gerne sein eigener Chef. Zugleich hat er Respekt vor der Arbeit als Hausarzt. "Das ist etwas anderes als in der Klinik, wo man immer Kollegen und Geräte zur Verfügung hat. Aber das ist die Herausforderung, die ich gesucht habe", sagt Thomsen.

Nach Beobachtung seines erfahrenen Kollegen meistert er diese Herausforderung bislang, auch die Resonanz der Patienten ist gut.

Neu einführen wird Thomsen kurzfristig eine Terminsprechstunde, langfristig die papierlose Praxis. Mittelfristig hofft er, dass seine finanzielle Kalkulation aufgeht. Die ersten Monate ist er auf Abschlagszahlungen von der KV angewiesen und die Abrechnung ist für einen frisch niedergelassenen Arzt ohnehin schwer zu durchschauen. Die Begleitung durch die KV Schleswig-Holstein empfindet er als positiv.

Endlich Zeit für Tanzen, Golf & Auto

Während der 69-jährige Scholz im Laufe des Jahres endgültig aufhören und seinen Hobbies Tanzen, Golf und Auto mehr Zeit widmen will, wird Thomsen auch nach Praxisschluss noch viel Zeit für seine Praxis aufwenden. Ein Problem ist das für den gebürtigen Nordfriesen nicht: "Ich habe zwar weniger Freizeit als früher, aber das fühlt sich besser an als Überstunden in der Klinik."

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