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NRW treibt Start der Landarztquote voran

In Nordrhein-Westfalen fällt der Startschuss für die Landarztquote. Schon im Wintersemester soll es losgehen.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Medizin-Studentin in einer Vorlesungspause auf dem Campus der Ruhr Universität Bochum: Nordrhein-Westfalen führt ab dem Wintersemester 2018/2019 eine Landarztquote bei der Studienplatzvergabe ein.

Medizin-Studentin in einer Vorlesungspause auf dem Campus der Ruhr Universität Bochum: Nordrhein-Westfalen führt ab dem Wintersemester 2018/2019 eine Landarztquote bei der Studienplatzvergabe ein.

© Martina Hengesbach/dpa

DÜSSELDORF. Nordrhein-Westfalen wird eine zentrale Stelle für die Umsetzung der Landarztquote beim Medizinstudium schaffen. Bereits zum Wintersemester 2018/2019 soll diese Stelle dafür sorgen, dass an allen medizinischen Fakultäten zehn Prozent der Studienplätze an Interessenten gehen, die sich verpflichten, nach dem Studium bis zu zehn Jahre in unterversorgten Regionen tätig zu werden.

Das kündigte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNo) in Düsseldorf an.

"Wir werden das Thema aus der Verantwortung der Fakultäten nehmen", sagte Laumann. In dieser Frage gebe es eine klare Übereinstimmung zwischen dem Gesundheits- und dem Wissenschaftsministerium. Er wolle niemanden zwingen, aufs Land zu gehen, aber die, die es machen wollen, sollten es auch können.

"Die Frage der ärztlichen Versorgung wird ein Politikum", betonte der Minister. Mit dem Beitrag der Universitäten ist er offensichtlich nicht zufrieden. So geht es Laumann bei der von ihm gewünschten Schaffung von W3-Professuren für Allgemeinmedizin an allen Fakultäten nicht schnell genug.

Bislang gebe es noch keine einzige Besetzung, kritisierte er. "Ein so stark bezahltes System wie die Universität muss auch das liefern, was wir für die Bevölkerung brauchen."

Aus dem Ausland nach Bielefeld

Um den Versorgungsproblemen zu begegnen, hält Laumann eine Erhöhung der Zahl der Studienplätze für dringend notwendig. Nordrhein-Westfalen bilde ebenso wie viele andere Bundesländer schlicht und ergreifend zu wenige Ärzte aus.

Die Schaffung einer neuen medizinischen Fakultät an der Universität Bielefeld ist dabei für ihn sinnvoller als eine gleichmäßige Erhöhung der Kapazitäten an allen medizinischen Fakultäten. Die Hoffnung des Ministers: Westfalen wird von einem gewissen Klebeeffekt profitieren.

Die Bielefelder Fakultät, die einen Schwerpunkt auf der Allgemeinmedizin haben soll, werde spätestens im Wintersemester 2020/2021 die ersten Studierenden aufnehmen, sagte er. Dabei soll es sich nicht nur um Erstsemester handeln. Junge Leute, die zurzeit im Ausland Medizin studieren, werden das Angebot erhalten, das Studium in Bielefeld fortzusetzen. "Dann haben wir früher welche, die wir dringend für die Versorgung brauchen."

Das auch in der Kammerversammlung angemahnte Ende der Budgetierung lehnt Laumann als generelle Maßnahme ab. In überversorgten Regionen gebe es dafür keinen Grund. Anders verhalte es sich in unterversorgten Gebieten. Auch die Krankenkassen seien inzwischen bereit, in dieser Frage umzudenken, berichtete er. "In der Budgetierungsfrage werden wir letzten Endes weiterkommen."

ÄKNo-Präsident Rudolf Henke begrüßte den vorgesehenen Ausbau der Studienplatzzahlen. "Ich glaube, dass das langfristig viel zielführender sein wird als die Ausweitung der telefonischen Erreichbarkeit von Terminservicestellen."

 Auch die im Koalitionspapier der neuen Bundesregierung formulierte Absicht, die ärztliche Versorgung in strukturschwachen Gebieten durch regionale Zuschläge zu fördern und die sprechende Medizin besser zu vergüten, werde nachhaltiger wirken, erwartet er.

Placebo für gefühltes Problem

Henke bezeichnete die politisch motivierte Ausweitung der Erreichbarkeit der Terminservicestellen als "Placebo für das gefühlte Problem der langen Wartezeiten". 190.000 vermittelte Termine seien angesichts der mehr als eine Milliarde Arzt-Patienten-Kontakte in der ambulanten ärztlichen Versorgung verschwindend gering.

"Es gibt gute Gründe, das System bleiben zu lassen", betonte der CDU-Bundestagsabgeordnete. Aber die Pläne seien halt eine Art Bonbon für die SPD als Ersatz für den Verzicht auf die Bürgerversicherung.

Direkte Kontinuität wünscht Henke sich vom neuen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der "Primärmotivation": "Es geht darum, denen den Rücken zu stärken, die in der Versorgung arbeiten."

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