Klinikübernahme

Fresenius schmiedet größten Klinikbetreiber Europas

Ein Jahr nach der geplatzten Fusion zwischen Helios und der Rhön AG kommen beide Klinikbetreiber nun doch zusammen. Die Fresenius-Tochter legt für 43 Rhön-Kliniken drei Milliarden Euro auf den Tisch.

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Fresenius hat seine Konzernzentrale im hessischen Bad Homburg.

Fresenius hat seine Konzernzentrale im hessischen Bad Homburg.

© dpa

Von Christoph Winnat

BAD HOMBURG / BAD NEUSTADT. Die Börse reagierte erfreut: Um zeitweise fast zwölf Prozent schossen am Freitagvormittag die Inhaberpapiere der Rhön AG in die Höhe.

Mitten in der Nacht zuvor hatte Fresenius gemeldet, über seine Sparte Helios 43 Häuser des Rhön-Verbunds zu erwerben. Knapp 3,1 Milliarden Euro lässt sich Fresenius die Akquise kosten. Rhön gibt damit 1,9 Milliarden Euro Jahresumsatz (2012) ab.

Helios avanciert nach eigenen Angaben zum größten privaten Klinikkonzern Europas, dessen dann 117 Häuser dieses Jahr rund 5,5 Milliarden Euro Gesamtumsatz erzielen.

Das Kartellamt muss dem Verkauf noch zustimmen. Nicht jedoch die Rhön-Hauptversammlung, an deren zehnprozentiger Sperrminorität der Zusammenschluss von Helios und Rhön im vorigen Jahr scheiterte.

Laut Fresenius-Sprecher Joachim Weith betrifft der jetzige Deal weniger als 80 Prozent der Rhön AG. Damit liege er unter dem Schwellenwert, den der Bundesgerichthof für das Einholen von Hauptversammlungsbeschlüssen durch das Management festgelegt hat.

Der Verkauf der 43 Häuser sei eine rein operative Entscheidung, zu der die Rhön-Hauptversammlung nicht mehr gefragt werden müsse.

Transaktion soll Ende des Jahres abgeschlossen sein

Der Deal im Detail

Fresenius erwirbt 43 Kliniken der Rhön-AG mit 11.800 Betten und 15 Medizinischen Versorgungszentren.

Diese Häuser werden 2013 voraussichtlich rund 2 Milliarden Euro umsetzen und einen operativen Gewinn von 250 Millionen Euro erzielen.

Rhön konzentriert sich künftig auf stationäre Vollversorgung. Elf Kliniken bilden die „neue Rhön“, darunter auch das Universitätsklinikum Gießen-Marburg (UKGM).

Für einige Häuser hätten wohl noch deren kommunale Minderheitsgesellschafter dem Übergang zu Helios zuzustimmen.

Bei der früheren Privatisierung durch Rhön sei in manche Verträge ein Zustimmungsvorbehalt für den Fall aufgenommen worden, dass eine Weiterveräußerung erfolgt.

Fresenius erwartet deswegen aber keine gravierenden Probleme. In der Hauptsache solle die Transaktion Ende dieses Jahres abgeschlossen sein.

Zudem kündigten Helios und Rhön an, in den kommenden fünf Jahren gemeinsam 40 Millionen Euro in den Aufbau eines Kliniknetzwerkes investieren zu wollen.

Die Partnerkliniken sollten eng miteinander kooperieren und „qualitativ hochwertige Zusatzversorgungsangebote erbringen“; Helios zahlt 30 Millionen Euro in das Projekt ein, Rhön zehn Millionen.

Rhön erklärte, sich im Klinikgeschäft künftig auf „spitzenmedizinische Vollversorgung“ konzentrieren zu wollen.

Dazu zählten die Standorte Bad Berka, Bad Neustadt, Frankfurt/Oder sowie das Uniklinikum Gießen-Marburg(UKGM). Rhön komme damit auf einen Jahresumsatz von etwa einer Milliarde Euro.

UKGM-Geschäftsführer Martin Menger begrüßte unterdessen den Verbleib bei Rhön: Das UKGM werde „auf seinem derzeitigen Weg der Konsolidierung einen kräftigen Schub nach vorne bekommen, durch den Mittelzufluss aus der Transaktion weitere Investitionen vornehmen können und gestärkt aus dieser Veränderung hervorgehen“.

Flächendeckend präsent

Durch die Übernahme des Rhön-Portfolios komme Helios in die Lage, „flächendeckend in Deutschland vertreten zu sein“, erklärte Fresenius.

Mit einem Umsatz von voraussichtlich zwei Milliarden Euro in diesem Jahr und einer operativen Marge (EBITDA) von 12,5 Prozent stellen die 43 Rhön-Häuser rund zwei Drittel des bisherigen Gesamtkonzerns dar – und den rentabeleren.

Denn zusammen mit den elf bei Rhön verbleibenden Kliniken und auf Basis der Gewinnprognose für das aktuelle Geschäftsjahr würde Rhön nur 10,7 Prozent EBITDA-Marge erreichen.

Helios werde jetzt „einen besonderen Schwerpunkt auf die Wahrung der Lieferantenvielfalt legen“, kündigte Fresenius an: ein versöhnliches Signal an den Wettbewerb; genauer gesagt, an den nordhessischen Healthcarekonzern B. Braun.

Der hatte voriges Jahr mit seinem Einstieg bei Rhön mit dazu beizutragen versucht, dass Fresenius nicht genug Aktien angedient bekam, um 90 Prozent des Rhön-Kapitals zu übernehmen. So viele Stimmen sind laut Satzung für Hauptversammlungsbeschlüsse nötig.

Vor zwei Wochen erst meldete B. Braun beim Kartellamt die Absicht an, seinen Anteil an Rhön von rund fünf auf 25 Prozent aufzustocken.

Kabi wird „nicht bevorzugt“

Dahinter - ebenso wie hinter der Anfechtungsklage B. Brauns gegen den HV-Beschluss vom Juni, die 10-prozentige Sperrminorität zu kippen - steht die Befürchtung, im Falle einer Fusion zwischen Helios und Rhön als Lieferant etwa generischer Medikamente, Infusionslösungen oder Medizintechnik ausgelistet zu werden.

Fresenius gibt sich nun offenbar alle Mühe, nicht nachzukarten. Die mit den 43 Rhön-Häusern „zum größten privaten Klinikbetreiber Europas“ angewachsene Helios werde das Schwesterunternehmen Fresenius Kabi im Einkauf „nicht bevorzugen“.

Darauf verzichten, durch die neu gewonnene Größe Kostenvorteile zu erzielen, will man freilich auch nicht. Fresenius erhofft sich von besseren Einkaufskonditionen eine Steigerung der EBIT-Marge bei Helios um ein bis zwei Prozent.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Genialer Coup

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