"Tarifvertrag Diakonie" in Niedersachsen

Kirchen und Gewerkschaften gehen aufeinander zu

Verdi, Marburger Bund und die evangelischen Kirchen verständigen sich in Niedersachsen auf Tarifverhandlungen - ausgestanden ist der Konflikt um höhere Löhne aber noch lange nicht.

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HANNOVER. Kirchen, Diakonie und Gewerkschaften haben ihren Streit über die Lohnverhandlungen bei ihren rund 30.000 Angestellten in Niedersachsen mit einer "Vereinbarung einer Sozialen Partnerschaft zur Regelung der Arbeitsverhältnisse in der Diakonie in Niedersachsen" zunächst beigelegt.

Zumindest für den Marburger Bund ist die Kuh aber noch nicht vom Eis. Er fordert das Streikrecht, aber der "dritte Weg" der Kirche schließt Streik im Zweifel aus.

Das hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt. Im Kern haben die Partner mit ihrer Vereinbarung den Boden für Verhandlungen nach langem Streik überhaupt erst wieder hergestellt.

Ziel der Verhandlungen soll kurzfristig der Übergang von den Arbeitsvertragsrichtlinien der Konföderation in Niedersachsen in einen "Tarifvertrag Diakonie" für die rund 30.000 Beschäftigte der diakonischen Einrichtungen in Niedersachsen sein.

In der Folge wird darüber hinaus ein landesweiter allgemein verbindlicher Flächentarifvertrag "Soziales" in Niedersachsen für alle Beschäftigten in der Sozialbranche auch mit Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege angestrebt, hieß es.

"Ruinöser Wettbewerb"

Durch den Tarifvertrag soll der "ruinöse und sozialschädliche Wettbewerb in der Sozialwirtschaft" ein Ende finden, so die Tarifparteien. Haustarifverträge sollen dagegen nur im Einzelfall mit Zustimmung der zuständigen Tarifvertragsparteien zugelassen werden. So weit, so gut.

Weiter heißt es in der Vereinbarung aber, dass "Interessengegensätze durch Konsensverfahren zu lösen und offene Konflikte einzudämmen bzw. zu verhindern" seien. Streitigkeiten werden in einem Schlichtungsverfahren einer Lösung zugeführt, hieß es.

Sven De Noni vom Marburger Bund hat mit dieser Vereinbarung Bauchschmerzen. Ihm geht es um das Streikrecht der Ärztinnen und Ärzte.

"Die Vereinbarung sagt im Prinzip, dass es im Zweifel Schlichtungsrunde um Schlichtungsrunde geben soll. Wenn es aber hart auf hart kommt, kann die Kirche immer noch einen Streik verbieten. Aber wir wollen wettbewerbsfähige, arztspezifische Arbeitsbedingungen, und dazu gehört das Streikrecht."

Ein Streikverbot ist weiter möglich

Tatsächlich haben kirchliche Träger weiter das Recht, Streiks zu verbieten. 2011 hatten die Arbeitnehmervertreter die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission (ADK) der konföderierten Kirchen in Niedersachsen verlassen.

Seither herrschte Stillstand. In der ADK werden die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in der Evangelisch-lutherischen Landeskirchen in Braunschweig, Hannover und Oldenburg festgelegt.

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom November 2012 "hat dann das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen bestätigt und zugleich bestimmt, dass die Gewerkschaften zu beachten seien", erklärt Sven Quittkat, Sprecher des Diakonischen Werkes in Niedersachsen. Beachten heißt aber nicht, dass die Gewerkschaften das Streikrecht hätten.

Wie dem auch sei. Die nun im April beginnenden Tarifverhandlungen sollen "von beidseitiger pragmatischer Interessenvertretung und Transparenz geprägt sein", hieß es.

De Noni vom MB setzt nach: "In den Verhandlungen werden die Themen des Streikrechtes nicht vor vorne herein ausgeschlossen sein. Wir werden nicht für einen Tarifvertrag das Streikrecht eintauschen." (cben)

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