Frühchen in der Charité

Keimbefall geht wohl auf eine Mutter zurück

Die Frühchenstation der Berliner Uniklinik Charité ist mit dem Keim Serratia marcescens befallen. Vier Neugeborene sind damit infiziert. Die Gegenmaßnahmen laufen auf Hochtouren.

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BERLIN. Die Uniklinik Charité wird erneut von einem Keim-Ausbruch auf der Frühchen-Station erschüttert (wie bereits kurz berichtet).

Bisher verläuft er glimpflicher als 2012. Auch die Infektionsquelle steht bereits fest. Es war wahrscheinlich eine Mutter.

"Wir sind sehr sicher, dass das erste Kind von der Mutter ausgehend infiziert wurde", sagte die Chef-Hygienikerin der Charité, Professor Petra Gastmeier, der "Ärzte Zeitung". Bei dieser Mutter sei ein Infektionszentrum in der Haut der Fruchtblase festgestellt worden.

Vier von zwölf Frühchen auf der Neugeborenen-Intensivstation der Charité am Campus Virchow Klinikum haben sich mit dem Keim Serratia marcescens infiziert. Ein fünfter Verdachtsfall erwies sich am Freitag als Fehlalarm.

Die Laboruntersuchungen zeigten, dass er nicht zum Ausbruchsgeschehen gehört. Der Bakterienstamm hat einen anderen genetischen Fingerabdruck.

Drei der infizierten Babys litten an einer Atemwegsinfektion, ein weiteres an einer örtlichen Infektion. Sie wurden erfolgreich mit Antibiotika behandelt. Ihr Zustand ist stabil.

Die Infektionen verlaufen deutlich weniger dramatisch als beim Ausbruch 2012. Der Keim gilt daher als weniger aggressiv.

Aufnahmestopp verhängt

Die Charité hat zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um den Ausbruch zu stoppen. Unter anderem hat sie einen Aufnahmestopp für die Station verhängt und die vier infizierten Babys isoliert.

Zudem wurde das Robert Koch-Institut zur Unterstützung eingeschaltet, die Händehygiene-Compliance des Stationspersonals geprüft und eine Umgebungsobservation vorgenommen.

 Diese hat den Keim auch auf einem Milchwärmer zutage befördert. Ob das Gerät in die Übertragung eingebunden war, lässt sich laut Gastmeier jedoch nicht bestimmen.

Die Charité-Hygienikerin betrachtet die Keim-Ausbrüche auf Frühchenstationen als teilweise schicksalhaft.

"Jede Kontaktinfektion ist nicht schön. Aber man wird sie nicht gänzlich vermeiden können", sagte sie der "Ärzte Zeitung". Das hänge damit zusammen, dass die Frühgeborenen immer kleiner und immer unreifer werden.

Personal aus dem Urlaub gerufen

Auf der Station liegen ihren Angaben zufolge derzeit drei Babys mit deutlich unter 800 Gramm Geburtsgewicht. "Mit jeder 100-Gramm-Charge weniger steigt das Infektionsrisiko deutlich an", sagte Gastmeier.

Zudem sei das Kangarooing - also der Hautkontakt der Frühchen mit der Mutter - ausdrücklich erwünscht und in der Gesellschaft sehr beliebt. Es berge aber eben auch ein Infektionsrisiko, so Gastmeier.

Auf der betroffenen Station werden auch die Vierlinge der 65-jährigen Annegret R. versorgt. Sie sind nach Angaben der Klinik jedoch räumlich getrennt von den infizierten Babys.

Mit vier Isolations- und acht weiteren kleinen Patienten in insgesamt 16 Betten stößt die Station derzeit an ihre Kapazitätsgrenzen. Das Personal wurde aus dem Urlaub gerufen, um die Standards zu halten.

Gegen den Vorwurf der Schlamperei nimmt die Hygienikerin das Personal in Schutz: "Das Stationspersonal ist auch betroffen, wenn so etwas passiert. Die Mitarbeiter geben ihr Bestes." (ami)

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