Stellenbesetzung

Kliniken suchen oft unprofessionell

Fachkräftemangel hausgemacht? Ein Personalberater ist der Ansicht, dass Kliniken in Stellenanzeigen und Vorstellungsgesprächen nicht selten vermeidbare Fehler machen.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Kliniken warten oft lange bis sich Bewerber für ärztliche Vakanzen finden.

Kliniken warten oft lange bis sich Bewerber für ärztliche Vakanzen finden.

© Christian Ohde / CHROMORANGE

KIEL. Ärzte werden in vielen Regionen gesucht – sektorenunabhängig, in fast allen Fächern und von vielen Trägern. Wer gezielt einen neuen Arbeitgeber sucht, kann sich derzeit die Stellen fast aussuchen. Dennoch haben Krankenhäuser auf diese Entwicklung bislang kaum reagiert, beobachtet Olaf Richter.

Der in Kiel tätige Personalberater spricht von einer "Jobkrise", in der insbesondere Kliniken gravierende Fehler machen. Einer der beliebtesten: Krankenhausträger malen die Zukunft ihres Hauses in schillernden Farben – die Wirklichkeit sieht häufig anders aus. In der Folge mache sich Enttäuschung bei den neuen Mitarbeitern breit, die schlimmstenfalls zu Motivationsverlust oder Kündigung führt. "Bewerber und Arbeitgeber sollten unbedingt bei der Wahrheit bleiben. Zum Teil werden neue Ärzte mit Versprechungen wie Investitionen in ihre Abteilung gelockt, die nicht einzuhalten sind", so Richter im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".

Richter nennt als Beispiele für solche falschen Versprechungen etwa die Ankündigung des Arbeitgebers, bestimmte Geräte anschaffen zu wollen, die bauliche Ausstattung einer Station zu verbessern oder die Zusammensetzung des Mitarbeiterteams zu optimieren. Zudem hat der Personalberater mehrfach beobachtet, dass Kliniken die Neubesetzung von Stellen nicht mit dem notwendigen Nachdruck verfolgen, sondern schleifen lassen. "Zum Teil bleiben ärztliche Positionen über ein ganzes Jahr unbesetzt." Damit fehle eine wichtige Arbeitskraft, deren Tätigkeit vom Team zusätzlich erledigt werden muss. Konsequenz: Arbeitsverdichtung, Erschöpfung, Demotivation, erhöhter Krankenstand. Zwar spart die Klinik ein Gehalt. Für Richter ist das aber kein Argument, denn: "Am meisten würde das Krankenhaus sparen, wenn es gar kein Personal beschäftigt."

Dritter entscheidender Fehler: Kliniken warten auf Bewerbungen. Die kommen aber insbesondere von Ärzten immer seltener initiativ ins Haus und auf Stellenausschreibungen melden sich ebenfalls deutlich weniger Ärzte als früher. Richter: "Ärzte sind zu sehr mit ihrem Arbeitsalltag beschäftigt, als dass sie sich derzeit in breiter Masse für Alternativen interessieren und sich aktiv umschauen. Viele Krankenhäuser haben auf diese Entwicklung noch nicht reagiert".

Die Sichtung der noch eingehenden Bewerbungen bleibe Personalabteilungen überlassen, die rein nach schriftlichen Kriterien und anhand des Ausschreibungsprofils der Stellenanzeigen filtern. Richter hält es für vielversprechender, über persönliche Gespräche herauszufinden, welcher Kandidat zu welcher Tätigkeit passt. Er selbst habe damit gute Erfahrungen gesammelt und etwa einen 62-Jährigen auf eine leitende Krankenhausposition vermittelt, die der Arbeitgeber eigentlich mit einem jüngeren besetzen wollte.

Seiner Erfahrung nach spielt bei der ärztlichen Suche nach einer neuen Arbeitsstelle Geld zwar auch eine Rolle – aber oft nicht die entscheidende. Berufliche Ziele zu verwirklichen, sei für viele Ärzten genauso wichtig. Eine deutlich geringere Rolle als von vielen Trägern angenommen spielten für Bewerber dagegen Klinik-Rankings. Stellensuchende Ärzte würden nach den Bedingungen für ihren persönlichen Arbeitsalltag entscheiden, nicht nach entscheiden nicht nach Klinik-Ranglisten.

Mehr zum Thema

Medizinforschungsgesetz

Regierung: Ethikkommission beim Bund bleibt unabhängig

Im Vorfeld des Deutschen Diabetes Kongresses

Fachgesellschaft: Diabetologie muss bei Klinikreform mitgedacht werden

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Umstellung auf Living Guideline

S3-Leitlinie zu Pankreaskrebs aktualisiert

Lesetipps
Gefangen in der Gedankenspirale: Personen mit Depressionen und übertriebenen Ängsten profitieren von Entropie-steigernden Wirkstoffen wie Psychedelika.

© Jacqueline Weber / stock.adobe.com

Jahrestagung Amerikanische Neurologen

Eine Frage der Entropie: Wie Psychedelika bei Depressionen wirken

Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, den Entwurf für die Klinikreform am 8. Mai im Kabinett beraten lassen zu wollen. 

© picture alliance / Geisler-Fotopress

Großes Reformpuzzle

So will Lauterbach den Krankenhaus-Sektor umbauen