Notaufnahmen

KV-Portalpraxis an Uniklinik Mainz eröffnet

Eine Portalpraxis an der Mainzer Uniklinik soll künftig Patienten, die keine Notfälle sind, aus der Notaufnahme heraushalten. Für die KV ist es ein Experiment.

Von Anne Zegelman Veröffentlicht:
In der Notaufnahme angemeldet, in der Portalpraxis behandelt — ein Konzept zur Patientensteuerung.

In der Notaufnahme angemeldet, in der Portalpraxis behandelt — ein Konzept zur Patientensteuerung.

© Hauke-Christian Dittrich / dpa

MAINZ. Die KV Rheinland-Pfalz eröffnet eine allgemeinmedizinische Praxis in Eigenbetrieb am Campus der Uniklinik. In der kommenden Woche soll ein Kooperationsvertrag mit der Johannes Gutenberg-Universität unterzeichnet werden, die Praxis selbst wird voraussichtlich am 1. Februar 2019 in Betrieb gehen.

Ziel ist es, die Notaufnahmen zu entlasten — denn auch in Mainz wäre jeder zweite Patient, der als Notfall dort vorspricht, eigentlich ein Fall für den Hausarzt. "Damit können wir die laufende Versorgung spürbar verbessern", sagte Dr. Andreas Bartels, Stellvertretender KV-Vorsitzender. Bei der Vertreterversammlung am Mittwoch stellte er das Projekt mit dem Titel "Allgemeinmedizinische Praxis am Campus" (APC) vor.

Die Uniklinik sei proaktiv auf die KV zugekommen, um eine Lösung für das Dauerproblem der überfüllten Notaufnahmen zu finden, berichtete Bartels. Gemeinsam habe man ein Konzept erarbeitet und geprüft, mit welcher Methode der Patient am gemeinsamen Tresen am effektivsten eingeordnet werden kann.

Denn die Manchester-Triage, die in Notfallambulanzen angewendet werde und die fürs Krankenhaus konzipiert sei, erweise sich für Zwecke des gemeinsamen Tresens "oftmals als zu grob", so Bartels.

System muss sich beweisen

Die Wahl fiel auf das erst im Juni vorgestellte strukturierte medizinische Ersteinschätzungsverfahren (SmED), das sich noch in der Testphase befindet und mit 3,7 Millionen Euro für drei Jahre vom GBA-Innovationsfonds gefördert wird. "Natürlich wird sich erst beweisen müssen, ob das Verfahren funktional ist", so Bartels. Aber man habe sich zuvor umfassend informiert und SmED mache einen "sehr sinnvollen Eindruck".

Dabei handelt es sich um einen Computeralgorithmus, der anhand von standardisierten Fragen auch einer nicht-medizinischen Fachkraft eine qualifizierte Ersteinschätzung ermöglichen soll. Gestützt auf dieses Erstgespräch wird der Patient entweder direkt in der Notaufnahme behandelt, in der APC — oder zu einer späteren Behandlung an den Haus- und Facharzt weiterverwiesen.

Die KV betritt mit dem Projekt Neuland, denn die Campus-Praxis ist der erste KV-Eigenbetrieb in Rheinland-Pfalz — abgesehen von den Bereitschaftsdienstpraxen. Doch auch die könnten von der APC profitieren. "Wir wollen Erkenntnisse darüber gewinnen, ob wir SmED später auch in unseren Bereitschaftspraxen anwenden können", sagte Bartels.

Generell wolle — und müsse — man mit dem an der Uniklinik angesiedelten sektorenübergreifenden Projekt nun erste Erfahrungen als Praxis-Betreiber sammeln. Vor allem in Hinblick auf das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das bei der Vertreterversammlung ebenfalls en detail vorgestellt wurde. Denn die KVen werden künftig dazu verpflichtet sein, Eigeneinrichtungen in als unterversorgt geltenden Gebieten zu betreiben.

Im ländlich geprägten Rheinland-Pfalz ist dies von großer Bedeutung, gibt es doch aktuell laut Strukturfonds sieben hausärztlich unterversorgte, also voll förderfähige Gebiete; zahlreiche weitere sind von Unterversorgung bedroht.

Chance für die Versorgung?

In der APC will die KV drei Ärzte und Praxispersonal anstellen. Vielleicht eine Option mit Perspektive — denn "wir haben damit auch die Möglichkeit, junge Kollegen aus der Uniklinik für eine ambulante Tätigkeit zu interessieren." Auch Ärzte in Weiterbildung sollen integriert werden.

Nach der Vertragsunterzeichnung werden zunächst die Räumlichkeiten in Gebäude 605 der Uniklinik umgebaut — die künftige Praxis liegt auf dem gleichen Gang wie die Notaufnahme. Sie wird Montag bis Samstag von 8 bis 20 Uhr geöffnet sein und nur ein eingeschränktes Leistungsspektrum anbieten, um den Hausärzten in Mainz keine Konkurrenz zu machen: keine Prävention, keine Behandlung von Chronikern, keine Wiedereinbestellung.

Da die KV davon ausgeht, dass die Praxis nur mit Verlust betrieben werden kann, hat sie die Übernahme der Kosten zuvor mit den Kassen geklärt. Der Verlust wird hälftig durch Kassen und KV abgefangen.

Zeitliche Entwicklung

  • Oktober 2017: Erste Gespräche mit Niedergelassenen
  • November 2017: Letter of Intent mit Universitätsmedizin Mainz unterzeichnet
  • Dezember 2017: Bilaterale Gespräche mit Kassen zur Projektvorstellung
  • Januar 2018: Projektvorstellung beim Landesgesundheitsministerium
  • April 2018: Genehmigung des Landesgesundheitsministeriums liegt vor
  • Juni 2018: Vertrag mit den Krankenkassen zum Modellvorhaben steht
  • Geplant ab September 2018: Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zwischen KV und Unimedizin, Einstellungsverfahren, Umbaumaßnahmen
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